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Spielend lernen - nur wie?

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Catweazle
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Spielend lernen - nur wie?

Beitragvon Catweazle » 22. Mai 2009, 13:36

Hallo,

in seinem Fanbuch über Bohnanza zitiert Uwe Rosenberg John Locke, der sagte: "Die größte Kunst ist, den Kindern alles, wa sie tun oder lernen sollen, zum Spiel zu machen."

hmmm....

wie sieht das in der Praxis aus? Hat da jemand Erfahrung?

Ich geb manchmal bei der DAA Kurse über Computer, Internet, Excel und habe da meist auch Leute drin, die sagen: brauch ich nicht, interessiert mich nicht, wir chatten lieber usw... typische Schüler halt.

Jetzt mach ich schon manchmal zwischen rein die "Black Stories" vom Moses-Verlag (Heidelberger), was sich nebenbei bemerkt sehr gut im / für den Unterricht eignet um ihn etwas aufzulockern.


Aber wie kann ich obiges Zitat in den Unterricht übertragen?
Gibts da Erfahrungswerte, Tipps? Wär natürlich genial wenn die Kids den Unterricht als Spiel betrachten würden und dann auch interessierter dabei wären.

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Schmagauke
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Re: Spielend lernen - nur wie?

Beitragvon Schmagauke » 22. Mai 2009, 15:49

Mir fallen da viele Möglichkeiten aus meiner Jugend ein.

"Internet lernen":
Ich habe vor einigen Jahren mit wachsender Begeisterung Planetarion gespielt, dabei viele Leute kennengelernt, wir haben eine Allianz aus über 300 Spielern gegründet usw usf.
Gelernt habe ich dabei: Basteln einer Homepage für Allianzzwecke, Einrichten und verwalten eigener Chatsysteme (sollten ja schließlich "abhörsicher" sein) und schlichtweg das menschliche miteinander mit dutzenden anderer Menschen.

Excel lernen:
Wenn man komplexe Strategiespiele oder Pen&Paper Rollenspiele spielt, kommt man über kurz oder lang nicht drumrum, für Übersichtstabellen (weil einem die mitgelieferten nicht reichen), für Hausregeln und allerlei andere Dinge zu lernen, wie Word und Excel funktionieren.
Nebenbei habe ich dadurch sehr gut Englisch gelernt (stand in der Schule meist ausreichend, weil ich ebenfalls der Meinung war:"Brauch ich nicht.") Wenn man allerdings sein neues Lieblingsspiel nur auf Englisch bekommt, muss man zwangsweise Englisch lernen - und plötzlich macht das Spaß.


Wie überträgt man das jetzt in den Unterricht?
Ich bin kein Lehrer, ich kann Dir nur sagen, was meine Lehrer früher aus meiner Sicht IMMER falsch gemacht haben:
Sie sind in die Klasse gekommen, haben "ihr Ding durchgezogen", sind nach 90 Minuten wieder gegangen und haben mich in dem Gedanken zurückgelassen:"Und wofür is der Scheiss jetzt gut???"
.
Ich würde versuchen, herauszufinden, was die Schüler interessiert. Dann würde ich versuchen, einen Bezug vom Unterichtsstoff zu ihren Interessen herzustellen.
Oder zumindest einige Beispiele zu bringen, wofür das Thema im späteren Leben mal nützlich sein könnte.

Ist auf dem Wege erstmal die Aufmerksamkeit der Leute geweckt, werden sie spielend lernen ohne zu spielen.

Den paar hoffnungslosen Fällen, die man leider immer dabei hat, kannst Du ja als Lektüre schonmal die Broschüre "Wie beantrage ich ALG II" vom Arbeitsamt in die Hand drücken ;)

MfG
Schmagauke

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Dietrich
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Re: Spielend lernen - nur wie?

Beitragvon Dietrich » 24. Mai 2009, 14:21

Moin,
ich bin nicht ganz Deiner Meinung, die Du geäußert hast:
"Ich bin kein Lehrer, ich kann Dir nur sagen, was meine Lehrer früher aus meiner Sicht IMMER falsch gemacht haben:
Sie sind in die Klasse gekommen, haben "ihr Ding durchgezogen", sind nach 90 Minuten wieder gegangen und haben mich in dem Gedanken zurückgelassen:"Und wofür is der Scheiss jetzt gut???"

Wenn der Lehrer die Folg(erung)en jedes Mal auch aufgezeigt hätte - IMMER wird wohl nicht so stimmen - hätte er für jedes noch so kleine Thema mindestens die doppelte Zeit einplanen müssen. Oft versteht ein Schüler die Trag-(Reichweite) und Bedeutung (noch) gar nicht.
Als Beispiel die wichtige Bruchrechnung in Klasse 5/6: Sie hat Auswirkungen auf die Dezimalbruchrechnung, auf die Prozentrechnung, auf die Strahlensätze, Potenzregeln usw. Das kann ein Sechstklässler gar nicht erfassen. Das mag sogar vom Lehrer geäußert worden sein, wenn er nach der Bedeutung gefragt wurde, nur wurde es vom Schüler gar nicht als Erklärung wahrgenommen.
Vieles wird mosaikartig und an die jeweilige Klassenstufe angepasst unterrichtet, die Bausteine ergeben dann später erst in der Zusammenschau das fertige Bild.
Mir gieht es so, dass zum Beispiel die Inhalte der Geographie und der Geschichte erst weit nach meiner Schulzeit sich zu einem Ganzen geformt haben, eine derartige Lehrererklärung wäre bei mir nicht angekommen.

Dieses letzte Beispiel zeigt aber auch, dass (Brett-) Spiele mit den entsprechenden Themen (Geographie und Geschichte) mithelfen, Zusammenhänge zu zeigen und zu verstehen.

Schönen Sonntag,

Dietrich

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peer

Re: Spielend lernen - nur wie?

Beitragvon peer » 24. Mai 2009, 15:28

Hi,
Danke! Das mit den "Wozu brauch ich das?" ist so ne beliebte Frage - und man kann nur verlieren. Ich hab manchmal schon diskutiert, aber
a) brauch man bestimmte Sachen tatsächlich nur wenn man bestimmte Berufe ergreifen will (welche die Schüler natürlich niemals ergreifen werden. Man weiß als 13jähriger ja schon was man mit 33 macht...) - Insbesondere das Abitur, aber auch der mittlere Schulabschluß ist ja gerade entworfen, um möglichst ein breites Spektrum abzudecken. Und Schüler wollen eben nur das Spektrum abdecken, was ihnen Spaß macht (Ich frag immer gerne nach den Lieblingsfächern und frag dann nach, wozu man die braucht. Geschichte z.B. braucht man um bei Wer wird Millionärt zu gewinnen, während man Mathe nie braucht - sie 2)
b) selbst wenn man bestimmte Sachen garantiert braucht, finden die Schüler einen Weg, das zu verneinen. z.B. : Wenn ich das brauche, frage ich meine Mutter! (Ja, auch in 30 Jahren) oder : Ich werde sowieso Harz-IV-Empfänger, da brauch ich gar nix! Ich will einen reichen Mann heiraten, da brauch ich nur gut im Bett zu sein.

Fazit: Es spricht viel dafür regelmäßig Alltagsbezüge aufzuzeigen. Man sollte aber nicht erwarten, dass die Schüler deswegen viel motivierter sind. Wenn sie den Unterricht mögen, dann nicht, weil sie den Stoff gebrauchen können, sondern weil der ihnen Spaß bringt oder sie das interessant finden.
Geht mir übrigens nicht anders: Ich lerne nicht gerne eine neue Sprache, auch wenn ich die gut gebrauchen könnte...

ciao
peer

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Schmagauke
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Re: Spielend lernen - nur wie?

Beitragvon Schmagauke » 24. Mai 2009, 16:22

Dietrich schrieb:

> Wenn der Lehrer die Folg(erung)en jedes Mal auch aufgezeigt
> hätte - IMMER wird wohl nicht so stimmen - hätte er für jedes
> noch so kleine Thema mindestens die doppelte Zeit einplanen
> müssen. Oft versteht ein Schüler die Trag-(Reichweite) und
> Bedeutung (noch) gar nicht.
> Als Beispiel die wichtige Bruchrechnung in Klasse 5/6: Sie
> hat Auswirkungen auf die Dezimalbruchrechnung, auf die
> Prozentrechnung, auf die Strahlensätze, Potenzregeln usw. Das
> kann ein Sechstklässler gar nicht erfassen.
> Schönen Sonntag,
>
> Dietrich

Da hast Du mich falsch verstanden :)
Der Lehrer sollte um Himmels Willen nicht versuchen, die Schüler zu motivieren, indem er sagt:
"Bruchrechnung ist voll super wenn man Strahlensätze lernen will!" :)
Das ist ARG kontraproduktiv. ;)

Und um peer gleich mit einzubeziehen:
Es ist richtig, daß man niemals alles für einen einzelnen Beruf benötigt, was man in der Schule lernen soll.
Aber ALLES, was man lernen kann, hilft einem im späteren Leben größere Zusammenhänge zu verstehen.

Um beim Beispiel Mathe zu bleiben:
Kalle ist "nur" ein einfacher Schlosser.
Nu regt er sich tierisch über die Anweisung eines Ingenieurs auf, oder über den Maschinenbauplan des selbigen.
Hätte Kalles Mathelehrer damals nur kurz erwähnt, daß die Mathematik das Werkzeug der Physik ist, die Chemie sowieso "mit drin hängt" und daß heutzutage selbst die Biologie eine immer größere Rolle in den Ingenieurswissenschaften spielt und viel mehr ist als nur Photosynthese und Bienchen und Blümchen, dann würde Kalle die Arbeit des Ingenieurs VIELLEICHT ganz anders sehen.
Umgekehrt:
Hätte der Lehrer in der Technik AG dem angehenden Ingenieur mal gezeigt und erklärt, daß Kalle die Kraft, mit der er eine Schraube anzieht, ohne technische Hilfsmittel nicht berechnen und einschätzen kann, dann würde der Ingenieur sich VIELLEICHT nicht über den "doofen Arbeiter" aufregen, der "wieder alles falsch" gemacht hat.


Ich hoffe hiermit verdeutlicht zu haben, was ich meinte, wenn ich von Dingen wie "einen Bezug herstellen" und "Zusammenhänge" sprach :)

MfG
Schmagauke


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