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Gedanken zur neuen SdJ-Kategorie

Das ehemalige spielbox-Spielerforum
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Daniel R.
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Gedanken zur neuen SdJ-Kategorie

Beitragvon Daniel R. » 3. Juli 2011, 15:22

Die zusätzliche Kategorie dieses Jahr erinnert mich an ein Gebaren in der Autoindustrie:
Weil mit jedem Facelift/Update eines Wagentyps dieser immer 3cm länger/höher/breiter und besser ausgestattet wird, wird mit der Zeit dieser immer teurer und somit eine neue Linie unterhalb dieses Typs notwendig.

Beim SDJ haben wir nun die verwandte Entwicklung:
Weil die Einstiegshürde/Anspruch immer mehr nach unten geschraubt wird, werden aus normalen Spielen "Kenner-Spiele", damit unterhalb Platz geschafft wird für noch einfachere Vertreter des Gesellschaftsspiels.

Offensichtlich glaubt die Jury an eine Verdummung des Volkes, wenn sie sich zu so einem Schritt genötigt fühlt. Nicht wirklich schmeichelhaft für das Volk der Dichter und Denker!

Aber wie CaptainGen in einem Thread weiter unten schrieb:"Man sollte wenigstens vermerken dass SdJ keine Auszeichnung ist, sondern eine Empfehlung für Einsteiger."


zynische Grüße
Daniel

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LemuelG
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Re: Gedanken zur neuen SdJ-Kategorie

Beitragvon LemuelG » 3. Juli 2011, 18:54

Was die einen wahrgenommene Verdummung nennen, nennen die anderen realistische Sichtweise.

Und ist das Auszeichnen eines besonders gelungenen Einsteigerspiels eigentlich verboten? Schreibt man groß drauf "Einsteigerspiel des Jahres", so ist das sicher kontraproduktiv, denn davon fühlt sich jemand, der schon mal Mensch ärgere dich nicht gespielt hat, aus psychologischen Gründen ganz sicher nicht mehr angesprochen. ("Ich? Einsteiger? Ich doch nicht!!") Dass es Entwicklungspotenzial nach oben gibt, signalisiert nun das Kennerspiel des Jahres.

Meine ganz ernst gemeinte Frage daher: Worüber meckert Ihr eigentlich die ganze Zeit?

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Attila
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Re: Gedanken zur neuen SdJ-Kategorie

Beitragvon Attila » 3. Juli 2011, 20:20

Hiho,

Leute die einfachere Spiele spielen sind gleich dumm? Interessant.

Dumm ist der, der dummes tut.

Atti

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VolkerN.

Re: Gedanken zur neuen SdJ-Kategorie

Beitragvon VolkerN. » 3. Juli 2011, 20:54


*gähn* , *schnarch*

Müde Grüße

VolkerN.

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citizenofatlantis
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Re: Gedanken zur neuen SdJ-Kategorie

Beitragvon citizenofatlantis » 3. Juli 2011, 21:08

Tja, und in ich-weiß-nicht-wievielen Szenen werden Neulinge abgeschreckt, weil die selbsternannte Elite nur abfällig auf sie hinabschaut - unsere Szene ist leider auf dem besten Wege dahin...
Und nebenbei: Ich bezweifle, dass eines der drei Spiele auf der Kenner-Liste von der Komplexität her für ein "normales" Spiel des Jahres in Frage gekommen wäre - sie liegen gut eingebettet zwischen den einfachen und den sehr komplexen Spielen. Einer Einsteigerrunde könnte ich keines der drei auf den Tisch knallen, damit die Teilnehmer es eigenständig fehlerfrei erlernen - was nichts mit Intelligenz, sondern einfach mit dem Weniger an Erfahrung zu tun hat!
Und diesen abgedroschenen "Dichter- und Denker"-Spruch kann ich echt nicht mehr hören - mal ehrlich, wie viele von uns haben sich jemals außerhalb der Schule irgendetwas von den großen alten Köpfen zu Gemüte geführt?! Und sind alle "Harry-Potter" und "Twilight"-Leser jetzt auch dumm, weil sie nicht ausschließlich gehobene Literatur konsumieren?! Es ist keine Pflicht, sich auch als erfahrener Spieler eine gewisse Abwärtskompabilität ( das Wort war ja eigentlich schon zu intelligent für jemanden, der alle "normalen" SdJ-Nominierten im Schrank stehen hat... ) zu bewahren, das muss jeder für sich selbst entscheiden - aber dieses snobistische Getue von vielen, die dies nicht tun, nervt irgendwann nur noch!

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Duchamp

Schöner Blog-Eintrag auf BGG

Beitragvon Duchamp » 3. Juli 2011, 22:49

Laszlo Molnar hat in seinem Blog auf BGG dazu einige sehr treffende Gedanken geäußert:

http://www.boardgamegeek.com/blogpost/3252/gamers-kenners-and-beginners

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Dicemon
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Re: Gedanken zur neuen SdJ-Kategorie

Beitragvon Dicemon » 4. Juli 2011, 08:02

Super erklärt!
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2.-einfach genialster Spieler 2012

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fohlenwolle
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Re: Gedanken zur neuen SdJ-Kategorie

Beitragvon fohlenwolle » 4. Juli 2011, 12:04

Daniel R. schrieb:

> Weil die Einstiegshürde/Anspruch immer mehr nach unten
> geschraubt wird, werden aus normalen Spielen "Kenner-Spiele",
> damit unterhalb Platz geschafft wird für noch einfachere
> Vertreter des Gesellschaftsspiels.

!!! kann ich nur unterstreichen!!!

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Michael Kroeger
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Was kostet das SdJ-Logo?

Beitragvon Michael Kroeger » 4. Juli 2011, 12:35

Hallöchen,

mich würde einmal interessieren, was denn eigentlich das Logo des SdJ den Verlag kostet, damit er es auf die Verpackung drucken darf.

Ich werde einfach das Gefühl nicht los, dass hier zuviel finanzielle Interessen hinter dem ganzen Projekt SdJ stecken. Aber ich lasse mich da gerne aufklären, von jemand, der sich auskennt (und nicht nur mutmaßt), sollte ich da falsch liegen.

Nüchtern betrachtet mündet der SdJ-Hype für den prämierten Verlag in einem deutlichen Verkaufsplus. Wenn ich alleine die Stapelberge von SdJ-Spiele in den Kaufhäusern und größeren Spielwarenläden sehe, kann ich mir vorstellen, was da für Umsatzplus dahinter steckt.

Problematisch wird für mich die Sache dann, wenn der "dumme" Volksgenosse, der mal eben ein Spiel verschenken will dann gerne zum SdJ-Spiel greift, weil er da wohl nix falsch machen kann ("dumm" sei hier ausdrücklich verwendet, denn genau dieser Käufer will sich nicht informieren, was denn ein gutes Spiel für seine Zielgruppe ist. Man hat oder nimmt sich nicht die Zeit dafür. Ist halt zu aufwändig). Auf der Strecke bleiben logischerweise die Spiele (und die Verlage), die eben nicht das SdJ-Logo auf der Packung haben. Hier tritt die SdJ-Jury die Spur vor und lenkt den "dummen" Zeitgenossen.

Für die Menschen, die sich mit Spielen auseinandersetzen (spielen oder sammeln), ist das SdJ sowieso nicht maßgebend (es sei denn sie machen beim SdJ-Toto mit). Ich glaube allerdings, dass diese Leute nur einen kleinen Teil der Käuferschar des SdJ ausmachen. Ins Netz sollen die "Normalkäufer" gehen, also jene Menschen, die Spiele verschenken (weil sie halt was kaufen müssen) oder jene Käufer, die nur ab und an (1x im Jahr?) ein Spiel kaufen. Hier macht's die Masse, wodurch auch die hohen Umsatzzahlen erreicht werden.

So gesehen hat der TE in seinem Beitrag schon Recht.

Aus kaufmännischer Sicht wäre zu verstehen, dass es so ist wie es ist. Wenn man das Kulturgut Spiel seinem "Volk" jedoch näherbringen will, ist es nicht nachvollziehbar, warum die Einstiegsschranke am "Dummheitslevel" der Hauptzielgruppe orientiert wird. Hauptsache es finden sich viele Käufer und der Umsatz stimmt, oder was?

Gruß
Mike

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LemuelG
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Beiträge: 347

Re: Was kostet das SdJ-Logo?

Beitragvon LemuelG » 4. Juli 2011, 13:06

Michael Kroeger schrieb:
> Aus kaufmännischer Sicht wäre zu verstehen, dass es so ist
> wie es ist. Wenn man das Kulturgut Spiel seinem "Volk" jedoch
> näherbringen will, ist es nicht nachvollziehbar, warum die
> Einstiegsschranke am "Dummheitslevel" der Hauptzielgruppe
> orientiert wird. Hauptsache es finden sich viele Käufer und
> der Umsatz stimmt, oder was?

Man kann sich seine Fragen auch gleich selbst beantworten. Wird die Einstiegsschranke nicht an der Hauptzielgruppe orientiert, so wird das Spiel vermutlich zwar gekauft, aber bestimmt nicht gespielt. Und ja, bei der Förderung des Kulturguts Spiel macht es die Masse: Wenn viele Leute so einen Zugang zu Spielen jenseits von Monopoly oder Scrabble finden, dann werden auch einige darunter sein, für die das der Einstieg zum Spielen anspruchsvollerer Sachen ist (und für die es dann das Kennerspiel als nächsten Schritt gibt).

Der Jury ohne jede Fundierung spielschädigende Abzocke vorzuwerfen, halte ich übrigens für eine bodenlose Frechheit, milde gesagt.

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Abrazzo
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Beiträge: 13

Re: Gedanken zur neuen SdJ-Kategorie

Beitragvon Abrazzo » 4. Juli 2011, 13:08

Ist ja richtig: schaut man auf die Details, sinkt das Niveau in vielen Bereichen, von der Schule bis zur Spielregel. Auf der anderen Seiten steigt es aber im Ganzen wieder, weil viel mehr und Anderes gefordert wird.
So wohl auch hier. Es ist weniger Verdummung als ein anderes Medienverhalten. Das Zeitbudget muss unter viel mehr Konkurrenz aufgeteilt werden, vom Internet, Computerspiele, Facebook, Bücher, Fernsehen, Kino - die Möglichkeiten medialer Freizeit steigen. Da kann ich es gut nachvollziehen, das jemand, der es mal alle 3 Monate oder so zum Spielen kommt, nicht noch länger als 10 Minuten mit den Regel verbringen will. Gleich losspielen, Tutorials während des Spiels sind ja auch beim Computerspiel üblich.
Und ich kenne auch so manchen Hobbyspieler, der nach 5 Minuten Regelerklärung aussteigt. Die Herausforderung liegt also heute eher darin, in vielen Bereichen zu Hause zu sein. Und diesem veränderten Verhalten trägt die Jury halt Rechnung - und gibt dem Brettspielunerfahrenen halt eine Orientierung.
Und wenn sie dann mit dem Kennerspiel noch darauf hinweisen, dass es noch andere schöne Spiele gibt, die aber ein bisschen mehr Zeitinvestition erfordern, dann ist das doch völlig in Ordnung.
Für mich als Hobbyspieler ist das Spiel des Jahres doch ohnehin völlig irrelevant.

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waljonas
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Re: Gedanken zur neuen SdJ-Kategorie

Beitragvon waljonas » 4. Juli 2011, 13:42

Ich gebe Abrazzo absolut recht. Das Bildungsniveau sinkt zunehmend, die Konsumenten lesen kaum noch, geschweige denn Zeitungen, schauen RTL, geschweige denn Arte, etc.und wollen ein Spiel, wenn sie überhaupt spielen in 5 Minuten erklärt haben. Ich versuche schon länger auch Wirtschaftsspiele im Unterricht zu implentieren, jedoch scheitert es daran, dass lieber am Handy "you tube" geschaut oder einfache Tetris Spiele gespielt werden. Das Spiel des Jahres ist daher nur ein Spiegelbild der Gesellschaft wie sie tatsächlich ist. Leider!

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Michael S.
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Einkünfte des "Spiel des Jahres"

Beitragvon Michael S. » 4. Juli 2011, 14:27

Hi,

hier ein Auszug aus der Homepage des Vereins "Spiel des Jahres e.V.":

Woher bezieht die Jury Einnahmen?
Die Jury erzielt Einnahmen nur durch Lizenzgebühren, die für den werblichen Einsatz des vereinseigenen Logos erhoben wird. Wenn ein ausgezeichneter Verlag mit dem Titel „Spiel des Jahres“ werben will, darf er das gratis tun. Will er aber den „Spiel-des-Jahres“-Pöppel auf die Schachtel drucken, kostet das einen gewissen (sehr kleinen) Anteil des Hersteller-Abgabepreises. Für die Hauptpreise, die nominierten Spiele sowie Sonderpreise sind Nutzungsdauer und Höhe der Lizenzgebühren natürlich unterschiedlich geregelt.
Lizenzen

Wofür verwendet die Jury ihre Einnahmen?
Die Einnahmen dienen ausschließlich zur Finanzierung der Jury-Arbeit beziehungsweise der übergeordneten Aufgabe, das Spiel in Familie und Gesellschaft zu fördern. Sie werden für die Pressearbeit verwendet, für die Organisation von Messeauftritten und Preisverleihungen, für die Veröffentlichung von Büchern und Broschüren, für die Förderung von Nachwuchsautoren und für die Unterstützung von Projekten.

Bekommen die Jury-Mitglieder Geld?
Nein. Sie bekommen lediglich ihre Auslagen ersetzt - Fahrtkosten, Übernachtungen, Spesen -, wenn sie im Auftrag und zu Gunsten der Jury zu Messen, Klausurtagungen oder sonstigen Veranstaltungen reisen.


tschüss

Michael

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Dietrich
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Re: Gedanken zur neuen SdJ-Kategorie

Beitragvon Dietrich » 4. Juli 2011, 14:40

Moin, moin,

dass das jemand zu schreiben wagt?!
Aber warum sollte die 'ver'öffentlichte Meinung nicht auch dem bundesweiten Bildungs-Trend folgen ... vor allem wenn man den Umbau unserer Schullandschaft (als Bildungsvorbereitung) sieht. Man schafft die Hauptschule als Restschule ab, ersetzt sie und die Realschule durch eine Gemeinschaftsschule (früher hieß das einmal Volksschule), übersieht dabei aber, dass dadurch die neue Schulform zur zukünftigen [b]Restschule [/b] wird ...

Ich denke gern noch an die ersten [i]Spiele des Jahres [/i] zurück: Hase & Igel, Sherlock Holmes Criminal Cabinett, Elfenland, Dampfross, Adel verpflichtet usw.

Gruss Dietrich

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Abrazzo
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Re: Gedanken zur neuen SdJ-Kategorie

Beitragvon Abrazzo » 4. Juli 2011, 14:43

Na ja, zumindest lesen viele Jugendlich anders, kleinere Häppchen, dafür mehr verschiedenes.
Auf der anderen Seite werden Bücher immer umfangreicher, ich habe manchmal das Gefühl, es gibt bald kein Buch mehr unter 600 Seiten. Das liegt überwiegend daran, das Autoren verlernt haben, eine Geschichte auf das Wesentliche zu reduzieren, jede Seitenhandlung muss noch ausgedappt werden - und damit dem Leser abgenommen, sie selbst auszumalen.
Wieweit das aber mit Spiel zu tun hat, und mit Regellängen - oder Regelkomplexität, kann ich nicht beurteilen. Es hängt meiner Meinung nach stärker mit der Konsummentalität zusammen, möglichst viel mit wenig Aufwand mitzunehmen, statt mit Leidenschaft weniger intensiver zu erleben.
Aber wie dem auch sei: ein Spiel des Jahres - auch ein Kennerspiel - muss zwangsläufig den Zeitgeist wiederspiegeln - dazu ist es da. Es ist ja nicht das beste, schönste, komplexeste, bildungsfördernste, sondern einfach nur das "Spiel" des Jahres einer Gruppe von Journalisten. Und das ist doch auch ok.

Thygra
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Beiträge: 3159

Re: Gedanken zur neuen SdJ-Kategorie

Beitragvon Thygra » 4. Juli 2011, 14:52

Dietrich schrieb:
> Ich denke gern noch an die ersten [i]Spiele des Jahres [/i]
> zurück: Hase & Igel, Sherlock Holmes Criminal Cabinett,
> Elfenland, Dampfross, Adel verpflichtet usw.

Sherlock Holmes hat durch den SdJ-Titel aus meiner Sicht mehr Menschen das Spielen auf Jahre hinaus verleidet als alle anderen SdJ. Qwirkle dagegen wird vielen Käufern jede Menge Spaß bereiten.
André Zottmann (geb. Bronswijk)
Thygra Spiele
(u. a. für Pegasus Spiele tätig)

Thygra
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Sommerloch

Beitragvon Thygra » 4. Juli 2011, 14:56

Offenbar ist das Sommerloch schon da ...
André Zottmann (geb. Bronswijk)
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(u. a. für Pegasus Spiele tätig)

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Guido
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Re: Was kostet das SdJ-Logo?

Beitragvon Guido » 4. Juli 2011, 15:13

LemuelG schrieb:
>

> Wird die Einstiegsschranke nicht an der Hauptzielgruppe
> orientiert, so wird das Spiel vermutlich zwar gekauft, aber
> bestimmt nicht gespielt. Und ja, bei der Förderung des
> Kulturguts Spiel macht es die Masse: Wenn viele Leute so
> einen Zugang zu Spielen jenseits von Monopoly oder Scrabble
> finden, dann werden auch einige darunter sein, für die das
> der Einstieg zum Spielen anspruchsvollerer Sachen ist (und
> für die es dann das Kennerspiel als nächsten Schritt gibt).


Zustimmung! Menschen sind nun mal Herden- und Gewohnheitstiere. Und ist ja auch verständlich. Bevor ich 30 Euro und mehr in den Sand setze, kauf ich lieber Altbekanntes, also Monopoly & Co. Da sollten wir doch einfach mal froh und zufrieden sein, dass es ein paar Spielbegeisterte geschafft haben, einen international so wichtigen Preis zu etablieren, der blind in die Einkaufstüte gesteckt wird und Dimensionen jenseits der 399. Monopoly-Variante eröffnet. Und wie es in dem BGG-Blog aufgezeigt wurde, sind es gerade die einfachen Spiele, die hier auf breiter Basis begeistern können, nicht die "tollen" Spiele à la Agricola und Puerto Rico. Keltis war da für mich ein Schlüssel(bei)spiel. Mich selbst hat die erste Partie beileibe nicht vom Hocker gerissen. Die "Szene" sieht es genauso: langweiliges Spiel (Unkenrufe: Was für eine hirnverbrannte Entscheidung der Jury...). Dann meine ersten Runden mit Nicht-Spielern aus dem Bekanntenkreis. Was war das?: akribisches Abwägen/Nachdenken(!), (Schaden)Freude, Lacher. Mh, komisch. Das Spiel ist doch gähnend langweilig... Weitere Partien, andere Leute. Gleiches Ergebnis. Na sowas. Inzwischen habe ich das Spiel einigen Nicht-Spielern vorgesetzt. In 9 von 10 Fällen das gleiche Ergebnis und der Wunsch zu Folgepartien! Heute betrachte ich Keltis und das gerade das minimal komplexere Keltis-Kartenspiel als ideale Einsteigerspiele, wobei allerdings das schnörkellosere Keltis-Brettspiel bei Kindern und älteren Senioren besser ankommt, da ein Tick übersichtlicher (da nur eine Kartenart). Andererseits aber auch: ein paar der Versuchskaninchen (meine WG) mögen das Brettspiel nun nur noch mit der taktischeren Erweiterung spielen oder wünchen die noch deutlich taktischere Orakel-Variante, da sonst nicht genug gefordert. Mh, war das nicht der Wunsch, der hinter dem SDJ steckt? Anfixen und weiter mitnehmen? An dieser Stelle hat sich auch bei mir die Einstellung zu Produkfamilien und ihrer Erweiterungsflut geändert. Erweiterungen und Varianten können Spielinhalte in mundgerechten Dosen stetig erhöhen und Einsteiger auf vertrauter Basis (Grundspiel) neugierig machen, was es sonst noch so alles zu entdecken gibt in der Welt der Spiele jenseits von Monopoly, Uno und Kniffel. Also doch nicht nur Cashflow melken.

Ich denke daher und seitdem, das die Jury sehr gut entscheidet. Abrazzo hat hier sicherlich recht, wenn er einwirft, dass die Jury bei all der pädagogischen Überlegung nach einfachem Einstieg, etc. schlichtweg auch einfach dem Zeigeist Tribut zollt. Andererseits: würde sie das nicht machen, wäre der SDJ-Pöppel nicht so erfolgreich. Die Jury weiss also, was sie tut. Und sie tut es gut. Mit Qwirkle beweißt sie imho wiederum eine gute Nase für den Balanceakt aus Einstieg und Spieltiefe. Meine bisherigen Experimente mit "Einsteigern" waren sehr positiv ;-) Obwohl, oder sogar gerade weil das Spiel abstrakt und ohne (verspieltes) Thema einherkommt. Qwirkle hat das Zeug zum Klassiker!

Gruß
Guido

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Guido
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Re: Schöner Blog-Eintrag auf BGG

Beitragvon Guido » 4. Juli 2011, 15:28

Schöner Blogeintrag auf BGG. Vielen Nicht-Spielern fehlt tatsächlich die Erfahrung, Spielmechanismen und auch Spielregeln zu durchschauen. Ein einfacher und sofortiger Zugang ist Voraussetzung, um überhaupt das Spiel auf den Tisch bringen zu können. Viele Leute haben keinen Erklärbären, der mal eben die Regel interaktiv in 3D und in Stereo aus dem Ärmel schüttelt. Denn abgesehen von "guten" und "schlechten" Regeln, muss man das Regellesen auch ein bisschen erlernen. Wie Texte anderer Gattungen auch, hat eine Regel ihre eigenen spezifischen Vokabeln, Wendungen, Sprachgebräuche, Gliederung, etc. (wie z.B. Zeitungstexte, Protokolle, etc.) Da muss man erst etwas hineinfinden, um die Informationen ummittelbar zu erfassen. Denn jeder wird hier bestätigen, dass es mit der Zeit viel leichter fällt, Regeltexte zu verstehen, je mehr man davon vor die Augen bekommt. Irgendwann weiß man einfach, worauf man achten muss. Ich finde daher, dass die Jury des SDJ mit „leichten“ Spielen prinzipiell den richtigen Weg geht.
Wenn man schon an der Jury kritteln will, dann imho eher, dass sie für den Kennerpreis keine eigene Empfehlungsliste mitgeliefert haben und bei der Abgrenzung zum normalen SDJ doch ziemlich schwammig bleiben. Das mag Politik gewesen sein, mit der Absicht das normale SDJ in seinem Glanze nicht zu trüben, ist aber letztlich inkonsequent und eher verwirrend. Wenn der neue Kennerpreis erfolgreich sein soll, muss er gleichberechtigt (für seine Kategorie) neben den beiden anderen stehen und nicht im Schatten des roten Pöppels. Hier kommt auf die Jury die schwierige Aufgabe zu, eine klare(re) Definition von Spielaufwand und -zugang zu formulieren und welcher Preis dann wo gelten soll. Denn sonst gerät sie zwangsläufig in einen „Zweifrontenkrieg“ um das Hoheitsgebiet des SDJ. Und dann wäre niemandem geholfen.

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Micha A.
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RE: Schöner Blog-Eintrag auf BGG

Beitragvon Micha A. » 4. Juli 2011, 16:44

"Guido" hat am 04.07.2011 geschrieben:

> muss man das Regellesen auch ein bisschen erlernen

Man muss es vor allem auch >wollen<. Daran hapert es meiner Meinung nach viel eher als am Können.
Das kann man sicher nicht verallgemeinern, aber ich weigere mich zu glauben, dass beispielsweise studiert habende Menschen an einer vierseitigen Regel scheitern*. Sie haben ja während des Studiums sicherlich auch mehr als vier Seiten Fachliteratur gemeistert.
Und ja - es mag sein, dass man nach einem anstrengenden Arbeitstag vielleicht nicht mehr aufnahmefähig ist oder keinen Bock mehr hat. Aber es gibt ja auch ruhigere Stunden, da muss man sich halt dann die Zeit einfach nehmen - wenn man möchte...

Micha

*hier meine ich: komplett keinen Plan haben. Dass man ein Spiel in Details falsch spielt zähle ich hier explizit nicht dazu.


*****************************************************************************************
Es lief alles nach Plan. Nur der Plan war beschissen.

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Ralf Arnemann
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Re: Einkünfte des "Spiel des Jahres"

Beitragvon Ralf Arnemann » 4. Juli 2011, 17:50

"Will er aber den „Spiel-des-Jahres“-Pöppel auf die Schachtel drucken, kostet das einen gewissen (sehr kleinen) Anteil des Hersteller-Abgabepreises. Für die Hauptpreise, die nominierten Spiele sowie Sonderpreise sind Nutzungsdauer und Höhe der Lizenzgebühren natürlich unterschiedlich geregelt."

Eigentlich spräche nichts dagegen, hier konkrete Angaben zu machen - die Höhe des "sehr kleinen" Anteils ist doch überhaupt nicht geheimhaltungsbedürftig.

Das würde dann vielleicht auch Spekulationen (die ich nicht teile) entkräften, der Außenseiter "Qwirkle" hätte gewonnen, weil vom Ladenpreis 25 ¤ mehr Lizenzgebühren hängen bleiben als von den 15 ¤ des von vielen favorisierten "Die verbotene Insel".

Thygra
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Re: Einkünfte des "Spiel des Jahres"

Beitragvon Thygra » 4. Juli 2011, 18:05

Ralf Arnemann schrieb:
> Eigentlich spräche nichts dagegen, hier konkrete Angaben zu
> machen - die Höhe des "sehr kleinen" Anteils ist doch
> überhaupt nicht geheimhaltungsbedürftig.

Wieso sollten interne Vertragsinhalte öffentlich gemacht werden? Ist das in anderen Branchen so üblich?
André Zottmann (geb. Bronswijk)
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(u. a. für Pegasus Spiele tätig)

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xnilf
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Re: Was kostet das SdJ-Logo?

Beitragvon xnilf » 4. Juli 2011, 19:12

Hi Guido,

kann Dir nur zustimmen.
Die Gleichen Erfahrungen habe ich auch gemacht.
Und da ich schon länger ein Qwirkle besitzt auch damit.
Wir waren am Wochenende auf einem Strassenfest.
Man glaubt gar nicht, welche Leute uns alles auf das Qwirkle auf dem Tisch angesprochen haben.
Hätte ich niemals gedacht - alle Alterschichten

Es hat wirklich das Zeug zu Klassiker :-)

Gruß Xnilf

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xnilf
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Re: Sommerloch

Beitragvon xnilf » 4. Juli 2011, 19:15

Hallo,

ach ja, stimmt ja

Übrigens, findet Ihr es nicht auch schrecklich, wenn auf der Spielemesse geraucht wird und erst die vielen Kinderwagen und Karrenschieber. Schrecklich

:-D

Es ist Sommer :-))

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Volker L.

Re: Herbstloch

Beitragvon Volker L. » 4. Juli 2011, 21:59

xnilf schrieb:
>
> Übrigens, findet Ihr es nicht auch schrecklich, wenn
> auf der Spielemesse geraucht wird und erst die vielen
> Kinderwagen und Karrenschieber. Schrecklich

Willst Du damit andeuten, es sei Zeit für einen erneuten
Aufguss des "wieviele Spiele umfasst Eure Sammlung"-,
"wie lagert Ihr Eure Spiele"- oder "welche weiblichen
Spieleautoren gibt es"-Threads? :-D

> Es ist Sommer :-))

Der Blick aus dem Fenster und aufs Thermometer sagt
leider etwas anderes... :-/

Gruß, Volker


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