Beitragvon Guido » 4. Juli 2011, 15:13
LemuelG schrieb:
>
> Wird die Einstiegsschranke nicht an der Hauptzielgruppe
> orientiert, so wird das Spiel vermutlich zwar gekauft, aber
> bestimmt nicht gespielt. Und ja, bei der Förderung des
> Kulturguts Spiel macht es die Masse: Wenn viele Leute so
> einen Zugang zu Spielen jenseits von Monopoly oder Scrabble
> finden, dann werden auch einige darunter sein, für die das
> der Einstieg zum Spielen anspruchsvollerer Sachen ist (und
> für die es dann das Kennerspiel als nächsten Schritt gibt).
Zustimmung! Menschen sind nun mal Herden- und Gewohnheitstiere. Und ist ja auch verständlich. Bevor ich 30 Euro und mehr in den Sand setze, kauf ich lieber Altbekanntes, also Monopoly & Co. Da sollten wir doch einfach mal froh und zufrieden sein, dass es ein paar Spielbegeisterte geschafft haben, einen international so wichtigen Preis zu etablieren, der blind in die Einkaufstüte gesteckt wird und Dimensionen jenseits der 399. Monopoly-Variante eröffnet. Und wie es in dem BGG-Blog aufgezeigt wurde, sind es gerade die einfachen Spiele, die hier auf breiter Basis begeistern können, nicht die "tollen" Spiele à la Agricola und Puerto Rico. Keltis war da für mich ein Schlüssel(bei)spiel. Mich selbst hat die erste Partie beileibe nicht vom Hocker gerissen. Die "Szene" sieht es genauso: langweiliges Spiel (Unkenrufe: Was für eine hirnverbrannte Entscheidung der Jury...). Dann meine ersten Runden mit Nicht-Spielern aus dem Bekanntenkreis. Was war das?: akribisches Abwägen/Nachdenken(!), (Schaden)Freude, Lacher. Mh, komisch. Das Spiel ist doch gähnend langweilig... Weitere Partien, andere Leute. Gleiches Ergebnis. Na sowas. Inzwischen habe ich das Spiel einigen Nicht-Spielern vorgesetzt. In 9 von 10 Fällen das gleiche Ergebnis und der Wunsch zu Folgepartien! Heute betrachte ich Keltis und das gerade das minimal komplexere Keltis-Kartenspiel als ideale Einsteigerspiele, wobei allerdings das schnörkellosere Keltis-Brettspiel bei Kindern und älteren Senioren besser ankommt, da ein Tick übersichtlicher (da nur eine Kartenart). Andererseits aber auch: ein paar der Versuchskaninchen (meine WG) mögen das Brettspiel nun nur noch mit der taktischeren Erweiterung spielen oder wünchen die noch deutlich taktischere Orakel-Variante, da sonst nicht genug gefordert. Mh, war das nicht der Wunsch, der hinter dem SDJ steckt? Anfixen und weiter mitnehmen? An dieser Stelle hat sich auch bei mir die Einstellung zu Produkfamilien und ihrer Erweiterungsflut geändert. Erweiterungen und Varianten können Spielinhalte in mundgerechten Dosen stetig erhöhen und Einsteiger auf vertrauter Basis (Grundspiel) neugierig machen, was es sonst noch so alles zu entdecken gibt in der Welt der Spiele jenseits von Monopoly, Uno und Kniffel. Also doch nicht nur Cashflow melken.
Ich denke daher und seitdem, das die Jury sehr gut entscheidet. Abrazzo hat hier sicherlich recht, wenn er einwirft, dass die Jury bei all der pädagogischen Überlegung nach einfachem Einstieg, etc. schlichtweg auch einfach dem Zeigeist Tribut zollt. Andererseits: würde sie das nicht machen, wäre der SDJ-Pöppel nicht so erfolgreich. Die Jury weiss also, was sie tut. Und sie tut es gut. Mit Qwirkle beweißt sie imho wiederum eine gute Nase für den Balanceakt aus Einstieg und Spieltiefe. Meine bisherigen Experimente mit "Einsteigern" waren sehr positiv ;-) Obwohl, oder sogar gerade weil das Spiel abstrakt und ohne (verspieltes) Thema einherkommt. Qwirkle hat das Zeug zum Klassiker!
Gruß
Guido