groenemeyer05 hat geschrieben:Mich macht es schon etwas sauer, wenn hier gesagt wird, im Spiel "Werwölfe" würde ja auch jemand umgebracht oder in Agricola auch Tiere geschlachtet, da sei es ja quasi übertrieben politisch korrekt, bei dem Spiel "Mombasa" sich wegen des Themas zu echauffieren. Irgendwann müsse ja auch mal Schluss sein.
Es geht aber eben nicht darum OB aus einem Thema ein Spiel werden darf, sondern WIE aus einem Thema ein Spiel wird.
Je konkret thematischer und aktueller ein Spiel wird, desto mehr kann man m. E. jedoch erwarten, dass mit einer Thematik sensibel umgegangen wird. Kolonialismus ist nicht das alte Rom, die Auswirkungen des Kolonialsimus sind auch heute noch hochaktuell.
Dass das wichtig ist, hat wohl auch der Verlag (!?)gemerkt, wie der bereits gepostete Text nahelegt ("The cruel colonial exploitations of the African continent and its people are not explicitly referenced within the gameplay itself. However, if you are aware of these implicit historical dimensions, they will resonate as an underlying theme with the game on quite a few levels. This awareness will certainly contribute to your gaming experience of Mombasa and may even prompt you to put human actions and motivations up for debate")
Dann erkläre mir bitte, weshalb Werwölfe für dich in Ordnung ist. Da wird aktiv Lynchjustiz durch Abstimmung durchgeführt. Und das findet nicht satirisch statt, wie zum Beispiel vor einigen Jahren im Spiel Guillotine.
Dies habe ich nicht verstanden. Weshalb sollte es so sein? Weshalb ist die Sklaverei im alten Rom weniger sensibel zu behandeln als die Sklaverei im Kolonialismus?
HDScurox hat geschrieben:Dies habe ich nicht verstanden. Weshalb sollte es so sein? Weshalb ist die Sklaverei im alten Rom weniger sensibel zu behandeln als die Sklaverei im Kolonialismus?
Weil unter den Schrecken des Kolonialismus heute noch Menschen leiden. Aktiv leiden. Das ist bei den Römern lange, lange vorbei. Dort interessiert es wirklich heute niemanden mehr, so dass er sagen könnte, ich bin selbst aktiv betroffen, weil meine Familie vor 2000 Jahren Sklaven waren. Aber auch da, wäre es wünschenswert, wenn die Sklaverei im Antiken Rom nicht verklärt wird.
HDScurox hat geschrieben:Die Spieler befinden sich innerhalb des Spielkonstrukts und haben durch Regeln vereinbart, dass Lynchjustiz in diesem Spiel in Ordnung ist.
Das hat durch die Konstruktion als Spiel, keine Auswirkungen auf die Welt außerhalb des Spielkonstrukts.
Es ist eben diese (deutsche) Verklärung eines Zeitalters voller Schrecken und wenn dieses Zeitalter thematisiert wird, ohne den Schrecken mit zu thematisieren, dann nennt man das undifferenziert.
Wäre das bei Mombasa nicht auch so? Das hat doch auch keine Auswirkungen die Welt außerhalb des Spielkonstrukts!?
Könnten die Spieler dann nicht auch bei Mombasa durch Regeln vereinbaren, dass Kolonianismus in diesem Spiel in Ordnung ist?
HDScurox hat geschrieben:Menschen die von Werwölfen gefressen werden, sind so nicht vorhanden.
Klaus Knechtskern hat geschrieben:MIch wundert nur dass sich niemand über das Thema Hexenverbrennung, welches ja auch immer wieder in Spielen thematisiert wird, mokiert
BGBandit hat geschrieben:Nur damit ich noch folgen kann: wenn in der Spielanleitung bereits "auf das dunkle Zeitalter der Sklaverei" hingewiesen wird, inwieweit betrifft denn jetzt das Spiel überhaupt das Thema Sklaverei? Ich hatte das jetzt so verstanden, als ginge es um Ressourcenmanagement und nicht um Sklavenhandel. Lediglich im selben Zeitalter (und Kontinent). Das habe ich doch so richtig verstanden?
Klaus Knechtskern hat geschrieben:MIch wundert nur dass sich niemand über das Thema Hexenverbrennung, welches ja auch immer wieder in Spielen thematisiert wird, mokiert
Um die ging es mir ja auch nicht. Mir geht es um die Menschen, die durch Lynchjustiz von anderen Menschen getötet werden. Das hat es durchaus in der Geschichte schon gegeben.
Von Marco Polo ist auch bekannt, dass er sich einen Sklaven hielt. Aber der Sklave kommt nicht im Spiel vor ...
Also wenn ich eine Schlacht mit Gemetzel nachspiele, sogar explizit als SS simuliere, ist das weniger schlimm, als wenn ich ein Ressourcenmanagement-Spiel spiele, welches lediglich im selben ZEITALLTER wie die Sklaverei stattfindet?
HDScurox hat geschrieben:Da würde mich echt Mal die Meinung eines Verlags interessieren. Müssen "zusätzliche Arbeiter" (und nichts anderes sind die Würfel ja quasi), denn schwarz sein? Gibt es keine anderen "Farben"? Mir ist schon klar, das bewusst eben keine Farbe genommen wurde (Schwarz und Weiß sind keine Farben wie wir wissen), damit die Würfel nicht mit den Spielerwürfeln verwechselt werden und schwarz eben, damit der Unterschied zum Weißen Würfel von Matteo Polo da ist, aber mensch, da muss es doch andere Lösungen geben, auch wenn mir keiner einfällt.
Der Gegenstand an sich (Sklaverei) bleibt grausam, egal ob im alten Rom oder in Afrika. Und ich bin von beidem nicht persönlich betroffen. Darf ich das Spiel jetzt ohne Gewissensbisse spielen und ein Franzose mit afrikanischen Vorfahren nicht?
Die Argumentation hinkt doch, da muss ich Thygra ausnahmsweise recht geben.
Zu dem Beispiel mit dem Juden-KZ-Spiel mit den Zügen: ich denke da muss man eine klare Grenze ziehen zwischen bildender Kunst (im Sinne von Menschen zum Nachdenken bringen), welches nie in den Handel kommt und einem Spiel, das lediglich unterhalten soll.
undWieso interpretierst Du Schwarz unbedingt als "Sklavenfarbe". Sklaven gabs es immer in der Geschichte(und es gibt sie noch) aber beileibe nicht alle Sklaven waren schwarz.
Zu den schwarzen Würfeln: wieder wird in einen Würfel etwas hineininterpretiert, weil eine Farbe Assoziationen weckt. Sowie IS interpretiert und assoziiert wird. DAS ist für mich der Knackpunkt.
Es spricht nie jemand von besser oder schlechter. Sondern von der Eindeutigkeit und des Abgegrenzten Rahmens. Vielleicht denke ich hier auch zu sehr in der erziehungswissenschaftlichen Spieltheorie.Warum ist eine Simulation eines Gefechts ohne tote Juden (dafür aber mit ganz vielen anderen unschuldigen Menschen) besser, als eine Wirtschaftssimulation? Der Krieg Hitlers beruhte auch nicht darauf, mit den angrenzenden Ländern Kaffee trinken zu wollen.
Der Sieg ist eben nicht vorgegeben, sonst wäre es kein Spiel mehr. Das Spiel steckt nur ganz klar den Rahmen ab. Es geht um das Gefecht mit genau diesen Soldaten. Keine Zivilisten, nichts. Dabei werden weder Details ausgelassen noch etwas verharmlost. Sogar der historisch korrekte Schlachtverlauf wird im Handbuch dazu erläutert und das ist es, wie man an solch ein Thema rangeht. Man baut das passende Konstrukt, welches den Rahmen ganz klar absteckt.In einer historischen Simulation dagegen ist der Sieg mit der SS quasi vorgegeben.
groenemeyer05 hat geschrieben:
dann darf doch die Frage erlaubt sein, ob das eine gute Umsetzung eines aktuellen Themas ist, oder ob das nicht viel mehr stumpf, pietätlos, aufgesetzt und moralisch fragwürdig ist. Wer sowas spielen würde, mit dem Hinweis, das ist jetzt aber nur Unterhaltung und nicht bildende Kunst, den könnte ich nicht verstehen.
Ich kann mir aber auch nicht "Pearl Harbour" im Kino ansehen ohne kotzen zu müssen. Leute die aus solchen Filmen rausgehen und dann sagen: "Guter Film, geile Effekte, ich hab Freizeit, ich will nicht nachdenken" machen mich auch regelmäßig wahnsinnig.
Wenn er sich ein historisches Setting, besonders solch ein grausames Aussucht, ist er das meiner Meinung nach. Wenn man das nicht will, lässt man solche Themen links liegen. Oder sagen wir es so: Ich würde es mir Wünschen, besonders da Brettspiele eben nicht nur Spielzeug sind.Und für historische oder gar wissenschaftliche Aufklärung ist in meinen Augen auch kein Spieleverlag zuständig.
1.) ist es die Schuld eines Verlages, was Leute interrpretieren KÖNNTEN?
Es geht mir gar nicht um eine Verteidigung, sondern um einen angemessenen Umgang mit sensiblen Themen. Ein Thema ist für mich immer dann sensibel, wenn davon heute lebende Menschen betroffen sein können, wenn sie sich verletzt fühlen können. Und genau wie bei den Sklaven von Five Tribes, kann ich mir vorstellen, dass es Menschen gibt, deren Familie unter der Kolonialzeit gelitten hat oder noch heute leidet."Verteidigungstext des Verlages, um nicht vor Gericht und an den Pranger gestellt zu werden".
Das ist deine persönliche Einschätzung und Meinung, die du gerne vertreten darfst. Aber auch hier gilt: man muss auch Gegenmeinungen akzeptieren
groenemeyer05 hat geschrieben:Das ist deine persönliche Einschätzung und Meinung, die du gerne vertreten darfst. Aber auch hier gilt: man muss auch Gegenmeinungen akzeptieren
Wer sagt: "Wems nicht passt, der solls halt nicht spielen", dem ist dann aber auch alles egal, oder? Würde das auch für dieses "Juden raus" Spiel oder mein geschmackloses "Schlepperspiel" gelten?
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