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Ideenklau

Tipps und Tricks für Autoren und Illustratoren
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Sebastian Schenck

Ideenklau

Beitragvon Sebastian Schenck » 6. Februar 2003, 09:32

Hallo Leute,
hat jemand von euch schon Erfahrungen mit Ideenklau gemacht. Ich meine damit, man selber werkelt so einige Monate an einem Spiel herrum und präsentiert es seinen Freunden und evtl in öffentlichen Spielrunden oder auf kleinen Messen. Kann es da nicht passieren, das ein Verlag die Idee gut findet, die Regeln leicht abändert und dann selber veröffentlicht?

Gruß,
Sebastian

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Siegfried Kurz

Re: Ideenklau

Beitragvon Siegfried Kurz » 6. Februar 2003, 10:06

Nehmen wir folgendes Szenario an:
a) Autor entwickelt Spiel
b) Verlag 1 klaut die Idee
c1) Die meisten Spiele funktionieren nicht mit "leicht geänderten" Regeln.
c2) Der Autor verkauft sein Spiel an Verlag 2. Jetzt hat Verlag 1 ein Problem.
c3) Der Autor entwickelt ein neues Spiel. Welchem Verlag wird er das Spiel wahrscheinlich nicht anbieten?

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Heinrich Glumpler

Re: Ideenklau

Beitragvon Heinrich Glumpler » 6. Februar 2003, 10:30

Hi,

ich denke, Ideenklau kommt extrem selten vor.
Wenn in einem Jahr z.B. ähnliche Spiele erscheinen, wird das oft sofort hinterfragt (das war doch was mit Odysseus und einem anderen "windigen" Spiel).
Manchmal ist die Zeit reif für ein Thema (letztens waren es offensichtlich "Schafe") und manchmal ist es einfach Pech.
Der Verdacht auf Ideenklau entsteht meist aus Paranoia - denke ich! - da viele Mechanismen schon "Allgemeingut" geworden sind und viele Spiele entstehen, in dem man diese Mechanismen einfach neu kombiniert.

Oh - deine Frage war eine ganz andere:
Nein, ich hatte noch keine Erfahrung mit diesem Phänomen. Naja - Knizia brachte ein Jahr vor mir ein Spiel raus, das meinem Spiel (ich hab' erst eines rausgebracht) sehr ähnelte ... aber selbst da bin ich von einem Zufall ausgegangen, der allerdings sehr böse - für mich - hätte ausgehen können: glücklicherweise war die Ähnlichkeit nur äußerlich.

Gruesze
Heinrich

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Günter Cornett

Re: Ideenklau

Beitragvon Günter Cornett » 6. Februar 2003, 11:13

Hallo Siegfried,

Siegfried Kurz schrieb:
>
> Nehmen wir folgendes Szenario an:
> a) Autor entwickelt Spiel

Jo, sowas soll vorkommen ;-)

> b) Verlag 1 klaut die Idee

Wichtig: Ideen sind - im Gegensatz zu Werken - urheberechtlich nicht geschützt.
Sonst müsste die NASA mir Lizenzgebühren zahlen (als Kind hatte ich mal die Idee zum Mond zu fliegen).

Also: der Verlag klaut das fertig entwickelte Spiel und veröffentlicht es, ohne Genehmigung des Autoren.

Warum sollte der Verlag das tun ?
I. Um das Autorenhonorar einzusparen ?
II. Weil der Autor es lieber einem anderen Verlag geben möchte ?
III. Um durch einen großen Skandal auf sich aufmerksam zu machen ?

zu I. Wenn der Verlag soviel Geld übrig hat... Einstampfen ist teuer.
zu II. Eine seltene Situation. In diesem Fall dürfte es Ärger mit dem anderen Verlag geben.
zu III. Die Nachteile aus III. wiegen die 'Vorteile' aus I. und II. mehr als auf.

Um ganz sicherzugehen, sollte der Autor die Entwicklung seines Spieles dokumentieren, z.B. durch Veröffentlichung auf einem Spieleautorentreffen, Teilnahme am Hippodice Wettbewerb. Die SAZ hat ein Protokollformular erstellt, mit dessen Hilfe die Vorstellung eines Spieles bei einem Verlag dokumentiert wird.

> c1) Die meisten Spiele funktionieren nicht mit "leicht
> geänderten" Regeln.

Na, ich denke doch. Die urheberechtlichen Anforderungen an ein neues Werk ausreichender Schöpfungshöhe sind eher gering. Verlage fürchten den Vorwurf des 'Ideenklaus', so dass sie da IMHO vorsichtiger sind als es unter juristischen Aspekten erforderlich wäre.

Ein anderes Problem ist es, das regulär veröffentlichte Spiele von anderen Herstellern geklaut werden: http://www.thomaswamhof.de/Fotos/Museen/Plagiarius/
Meist (aber nicht immer) geht es dabei aber ums Design.

> c2) Der Autor verkauft sein Spiel an Verlag 2. Jetzt hat
> Verlag 1 ein Problem.

Wenn Verlag 1 das Spiel veröffentlicht hat, wird es dem Autor nicht mehr gelingen, es an Verlag 2 zu verkaufen. Der Autor hat ein Problem.

> c3) Der Autor entwickelt ein neues Spiel. Welchem Verlag wird
> er das Spiel wahrscheinlich nicht anbieten?

Generell gesagt: Es gibt mehr als genug Autoren. Ich schätze, dass nicht einmal jedes 50. Spiel, das einem Verlag angeboten wird, auch tatsächlich veröffentlicht wird. Der Verlag ist auf den einzelnen Autoren i.d.R.nicht angewiesen. Dennoch ist es für einen Verlag nicht einfach, das Spiel zu finden, das er veröffentlichen will.

D.h.: es ist sehr wohl im Interesse des Verlages, sich zu mit dem Autoren verständigen, keine 'Missverständnisse' aufkommen zu lassen, mit offenen Karten zu spielen, keine Veröffentlichungszusagen zu machen, dessen Einhaltung nicht beabsichtigt ist,...

Die meisten Verlage, wenn auch nicht alle, wissen das.

Sache des Autors ist es, nicht übertrieben mißtrauisch aber auch nicht zu vertrauensselig zu sein. Letzteres ist mir in den letzten Wochen nochmal klar geworden :mad: .

Gruß, Günter

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Heinrich Glumpler

Re: Ideenklau

Beitragvon Heinrich Glumpler » 6. Februar 2003, 12:51

Hi Günter,

(Günter Cornett schrieb:
> Sache des Autors ist es, nicht übertrieben mißtrauisch aber
> auch nicht zu vertrauensselig zu sein. Letzteres ist mir in
> den letzten Wochen nochmal klar geworden :mad: .

Das hört sich ja nach einer persönlichen Erfahrung an.
Und danach hat Sebastian gefragt.
Und das tu' ich jetzt auch -
- rein neugierdehalber ( du *musst* also nicht antworten ;-) ).

Gruesze
Heinrich

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FM

Re: Ideenklau

Beitragvon FM » 6. Februar 2003, 13:06

> Sache des Autors ist es, nicht übertrieben mißtrauisch aber
> auch nicht zu vertrauensselig zu sein. Letzteres ist mir in
> den letzten Wochen nochmal klar geworden :mad: .

Würde mich schon auch interessieren, was da vorgefallen ist...

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Volker L.

Re: Ideenklau

Beitragvon Volker L. » 6. Februar 2003, 13:13

Heinrich Glumpler schrieb:
>
> Hi Günter,
>
> (Günter Cornett schrieb:
> > Sache des Autors ist es, nicht übertrieben mißtrauisch aber
> > auch nicht zu vertrauensselig zu sein. Letzteres ist mir in
> > den letzten Wochen nochmal klar geworden :mad: .
>
> Das hört sich ja nach einer persönlichen Erfahrung an.
> Und danach hat Sebastian gefragt.
> Und das tu' ich jetzt auch -

Ja. Sofern Du oeffentlich darueber berichten kannst, ohne Dich
der Gefahr einer Verleumdungsklage auszusetzen(!), waere ich
auch daran interessiert, zu erfahren, was vorgefallen ist.

> - rein neugierdehalber ( du *musst* also nicht antworten ;-) )

Gruss, Volker (nimmt sich - ausnahmsweise - mal an Jost ein
Beispiel und bezeichnet sich als wissensdurstig ;-) )

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Günter Cornett

Re: Ideenklau

Beitragvon Günter Cornett » 7. Februar 2003, 01:05

Heinrich Glumpler schrieb:
>
> Hi Günter,
>
> (Günter Cornett schrieb:
> > Sache des Autors ist es, nicht übertrieben mißtrauisch aber
> > auch nicht zu vertrauensselig zu sein. Letzteres ist mir in
> > den letzten Wochen nochmal klar geworden :mad: .
>
> Das hört sich ja nach einer persönlichen Erfahrung an.
> Und danach hat Sebastian gefragt.

Hallo Heinrich, Volker und FM,

ja, aber es ging nicht um Ideenklau, sondern:

Februar 2002: Redakteur erhält Spiel (exklusiv, einmal vollständig, sowie zwei Exemplare, bei denen etwas Standardmaterial fehlt)
Frühjahr/Sommer 2002 Redakteur macht Veröffentlichungszusage für Februar 2003 (von mir leider nicht beweisbar)
Oktober 2002: Redakteur korrigiert Veröffentlichungszusage auf Oktober 2003.
Dezember 2002: Redakteur korrigiert Veröffentlichungszusage auf Oktober 2004.
(soweit ist das nicht allzu ungewöhnlich)

Dezember 2002: anderer Redakteur desselben Verlages bittet um Zusendung des Prototypes um, zu prüfen, *[b]ob[/b] wir das Spiel ... herausbringen*.
Die Redakteure lehnen eine Stellungnahme zu meinem Vorwurf der bewussten Täuschung in Bezug auf den Veröffentlichungstermin ab, ebenso ein persönliches Gespräch, das ich 'ggf unter Vermittlung eines Dritten' vorgeschlagen hatte.
Immernoch Dezember 2003: Da ich das Spiel (nach 10 Monaten) nun auch anderen Verlagen anbiete, lehnt die Redaktion es ab, sich weiter mit dem Spiel zu beschäftigen.

Weitere Diskussion wohl erstmal SAZ-intern...

Viele Grüße, Günter

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Siegfried Kurz

Re: Ideenklau

Beitragvon Siegfried Kurz » 7. Februar 2003, 08:07

Günter Cornett schrieb:
> > c1) Die meisten Spiele funktionieren nicht mit "leicht
> > geänderten" Regeln.
>
> Na, ich denke doch. Die urheberechtlichen Anforderungen an
> ein neues Werk ausreichender Schöpfungshöhe sind eher gering.

Die meisten Spiele sind durch ein ausgefeiltes Regelsystem ausbalanciert. Um das Spiel "feindlich" zu übernehmen, muß eine essentielle Änderung erfolgen. Danach sollte das Spiel aber immer noch funktionieren, was wieder langwierig getestet werden muß. Schon an dieser Stelle spart es eine Menge Kosten zu wissen, welche Varianten der Autor bei der Entwicklung bereits verworfen hat. Außerdem versuche ich mir gerade an den Beispielen "Puerto Rico" und "Ra" vorzustellen, wie dazu "leicht geänderte" Regeln aussehen müssen, ohne das Spiel sofort aus der Balance zu kippen.


Günter Cornett schrieb:
>
> Generell gesagt: Es gibt mehr als genug Autoren. Ich schätze,
> dass nicht einmal jedes 50. Spiel, das einem Verlag angeboten
> wird, auch tatsächlich veröffentlicht wird. Der Verlag ist
> auf den einzelnen Autoren i.d.R.nicht angewiesen. Dennoch ist
> es für einen Verlag nicht einfach, das Spiel zu finden, das
> er veröffentlichen will.
>

Ein weiteres Problem dürfte der Ruf innerhalb der Branche sein, den es für den Verlag zu wahren gilt. Ist der erstmal ruiniert, reichen zumindest die Top-Autoren dort nicht mehr ein. Ansonsten ist die Schätzung "Eine Veröffentlichung auf 50 Spiele" um eine Zehnerpotenz daneben, die Quote liegt bei den großen Verlagen eher bei 1:500.

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Sebastian Schenck

Re: Ideenklau

Beitragvon Sebastian Schenck » 7. Februar 2003, 09:10

Hi
besten Dank an dir und alle anderen.
Ich dachte das dies ein Thema sei, das öfter vorkommt. Aber schön zu hören das meine Bedenken unnötig waren. :)

bis dann
Sebastian

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Günter Cornett

Re: Ideenklau

Beitragvon Günter Cornett » 7. Februar 2003, 09:28

Siegfried Kurz schrieb:
>
> Günter Cornett schrieb:
> > > c1) Die meisten Spiele funktionieren nicht mit "leicht
> > > geänderten" Regeln.
> >
> > Na, ich denke doch. Die urheberechtlichen Anforderungen an
> > ein neues Werk ausreichender Schöpfungshöhe sind eher gering.
>
> Die meisten Spiele sind durch ein ausgefeiltes Regelsystem
> ausbalanciert. Um das Spiel "feindlich" zu übernehmen, muß

Die Spiele, die in sehr großen Stückzahlen verkauft werden, sind aber eher einfach strukturiert. Und nur die lohnt es zu kopieren.

> eine essentielle Änderung erfolgen. Danach sollte das Spiel
> aber immer noch funktionieren, was wieder langwierig getestet
> werden muß. Schon an dieser Stelle spart es eine Menge Kosten
> zu wissen, welche Varianten der Autor bei der Entwicklung
> bereits verworfen hat. Außerdem versuche ich mir gerade an
> den Beispielen "Puerto Rico" und "Ra" vorzustellen, wie dazu
> "leicht geänderte" Regeln aussehen müssen, ohne das Spiel
> sofort aus der Balance zu kippen.

Bei Spielen, bei denen das Original - so gut es auch ist - es schwer hat, ein breites Publikum anzusprechen, lohnt sich das Klauen natürlich nicht. Denn die Kopie hat es am Markt immer schwerer als das Original.

Sprechen wir von einem Spiel, z.B. Carcassonne. Wäre C - Jäger und Sammler in einem anderen Verlag erschienen, wäre es wohl allgemein - und zu recht - als Plagiat angesehen worden. Urheberechtlich hätten Klaus Jürgen Wrede und Hans im Glück vermutlich nichts machen können, da es ein anderes Spiel ist. Vielleicht wettbewerbsrechtlich, aber da hätte der plagiierende Verlag wohl die Möglichkeit, durch die konkrete Gestaltung ausreichend Abstand zu schaffen.

Ein solches Plagiat hätte aber sicherlich den Ruf des plagiierenden Verlages beschädigt, so dass man ein Plagiat durch einen bekannten Verlag wirklich nicht zu fürchten braucht.

> Günter Cornett schrieb:
> >
> > Generell gesagt: Es gibt mehr als genug Autoren. Ich schätze,
> > dass nicht einmal jedes 50. Spiel, das einem Verlag angeboten
> > wird, auch tatsächlich veröffentlicht wird. Der Verlag ist
> > auf den einzelnen Autoren i.d.R.nicht angewiesen. Dennoch ist
> > es für einen Verlag nicht einfach, das Spiel zu finden, das
> > er veröffentlichen will.
> >
>
> Ein weiteres Problem dürfte der Ruf innerhalb der Branche
> sein, den es für den Verlag zu wahren gilt. Ist der erstmal
> ruiniert, reichen zumindest die Top-Autoren dort nicht mehr
> ein.

Wenn ein solcher Fall mal auftreten sollte, wird es sicherlich kein eindeutiger Fall sein, sondern sich im Grenzbereich abspielen. Und da dürfte die Reaktion der 'Top-Autoren' nicht vorhersehbar sein, weil es dann sehr unterschiedliche Bewertungen des Falles geben wird.
Ein wirklich eindeutiger Fall von Urheberechtsverletzung wird im Spielebereich wohl kaum eintreten. Die Verlage legen sich da mehr Beschränkungen auf als die Rechtslage erfordert.

> Ansonsten ist die Schätzung "Eine Veröffentlichung auf
> 50 Spiele" um eine Zehnerpotenz daneben, die Quote liegt bei
> den großen Verlagen eher bei 1:500.

Meines Wissens veröffentlicht Ravensburger 30 Spiele von ca 1500 eingesandten Spielevorschlägen (irgendjemand hatte in den letzten Wochen mal auf einen Zeitungsartikel aufmerksam gemacht, indemdas so drin stand ).

In jedem Fall ist die Wahrscheinlichkeit ein Spiel veröffentlicht zu bekommen eher gering. Im Gegensatz zum Lottospielen kann man diese geringe Wahrscheinlichkeit aber durch die Qualität der eigenen Arbeit beeinflussen.
Zu den 1500 gehören eben auch die ganzen Mensch-Ärger-Dich-Nicht-Klone, die keine wirkliche Konkurrenz darstellen, anderseits gehören zu den 30 auch die Lizenztitel und die Spiele von den 'Hausautoren', an denen man als noname logischerweise schlecht vorbeikommt.

Gruß, Günter


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