Beitragvon kleinerpoet » 2. Juni 2010, 01:40
Schöne Anmerkung, Roman!
Danke für Deine Antwort. Hat mir sehr gut gefallen.
Ich finde die Frage nach der Zahl interessant, und vielleicht liest ja der eine oder andere Autor meinen und Deinen aktuellen Beitrag. Das mit der Plustaste war einfach 'ne Spielerei... Du liest ja auch andere Texte von mir, die ich mit relativ konventionellen Überschriften versehe.
Um Dir und Anderen nicht zu sehr auf den Wecker zu gehen, habe ich ganz bewusst die Zeichen hier in meiner Antwort wieder rausgenommen... in begrenztem Maße sind sogar Spielautoren lernfähig.
Übrigens war es sehr witzig, wie Du Kritik rübergebracht hast. - Wenn es mehr Leute gäbe, die so leichthändig und ironisch Kritik äußern könnten, würde mir das Forum, das ich ohnehin sehr schätze, noch besser gefallen.
Aber naja - was ist eine Welt ohne Träume?
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In einem Literaturkreis saß ich heut abend (nach sehr viel intellektuellem Austausch übers Netz) endlich mal wieder Menschen aus Fleisch und Blut gegenüber, die ebenfalls - so wie Ihr alle hier im Forum - Texte schreiben.
War 'ne schöne Erfahrung, denn das Medium Internetforum ist nach einer Weile doch seltsam abstrakt. Obwohl man sich natürlich freut, wenn man - wie ich heute abend - heimkommt und bei liest: es ist eine Antwort da.
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Zum Thema Bühne: ich benutze mehrere davon.
Bühne 1 (die gibt's seit Jahren): SCHREIBEN - Ich schreibe seit langem historische Romane und bin halt eine alte Rampensau. Wenn ich also das Gefühl hab, demnächst ist mal wieder ein Kapitel fertig, frage ich im Literaturbüro (wo man rasch und unkompliziert auftreten kann) oder bei besagter Literaturgruppe von heute abend an: "Wann kann ich wieder lesen." - Ich mache einen Termin aus, einzeln oder als Gruppenlesung, passe meinen Text der vorgegebenen Länge und dem zu erwartenden Publikum an... und trete auf.
Ganz einfach, und es macht viel Spass.
(Passe meinen Text dem Publikum an, heißt nicht, ich schreibe das, was sie hören wollen. Es ist immer noch mein Text. Aber nicht jedes Publikum passt zu jedem Text).
Bühne 2 (gibt's mit Ruhejahren, in denen ich z.B. nur schreibe und sonst auf kaum was anderes achte, seit 2006): SPIELE ENTWICKELN - Die Tätigkeit als Spieleautor. Und Du hast recht: es i s t eine Minibühne. Aber das mache ich fast nur zu meinem Vergnügen, obwohl daraus teilweise harte Arbeit wurde.
Deshalb fand ich Peer Sylvesters Recherche (auf seiner eigenen Seite) über die mögliche Zahl der Vielspieler so interessant.
Denn diese bilden aus einem relativ kleinen Kuchen ja nochmal ein sehr schmales Tortenstück. Je länger ich dabei bin, desto weniger Illusionen habe ich.
Denn arbeitete ich letztes Jahr neben anderen Schöpfungen noch an einem Kinderspiel (und 2011 wahrscheinlich auch mal wieder), so bediene ich in diesem Kalenderjahr fast ausschließlich den Markt, deren Rahmen irgendwo zwischen "La Cittá", "Vasco da Gama", "Hansa Teutonica", "London 1666" und "Caylus" liegt.
Du kannst also sagen, ich beschneide mir selbst ein wenig die Kundenzahl. Stimmt, der Markt ist winzig klein, aber ich hab das Gefühl, Spiele dieser Art liegen mir halt ganz gut.
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Es ärgert mich auch hin und wieder, wie wenig Resonanz Veranstaltungen haben, die für viele von uns wichtig sind (z.B. die Verleihung des Preises Spiel des Jahres) in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden.
Im letzten Jahr achtete ich sehr bewusst darauf, wie intensiv die Medien (insbesondere das Fernsehen und die Presse) darauf eingehen. Nun, ich fand: viel zu wenig. Es ist tatsächlich ein äußerst stilles und unbeachtetes Handwerk.
Da ich noch nicht veröffentlicht habe, betrifft mich das nicht. Aber wenn ich z.B. voll Hochachtung und Respekt den Namen "Wolfgang Kramer" erwähne (man kann unendlich von ihm lernen), und dann werd ich an'gschaugt wie a Bimberl. Oder auf Nichtbairisch: Menschen, die auch noch den abgelegensten Krimiautoren und die scheußlichste Musikband namentlich kennen, wissen mit dem berühmtesten und sich immer wieder neu selbst erfindenden Spieleautoren nichts anzufangen!
Schade, sehr schade. - - -
Hat natürlich auch Vorteile, denn selbst Kramer und Teuber können wahrscheinlich einkaufen gehen, ohne von Autogrammjägern belagert zu werden, wenn sie Käse und Brötchen holen wollen. - Das ist dann schön, wenn man erlebt hat, wie der Starrummel beispielsweise im Filmgeschäft aussieht. (Habe ich seinerzeit erlebt, als ich auf dem Filmfest Leute aus der Szene interviewte. Das waren nette Menschen, und alles gefiel mir gut, aber ich schätze häufig eine privatere und intimere Atmosphäre; insofern bin ich als Spieleautor, selbst wenn ich einmal mehrere Spiele veröffentlicht haben sollte, ein großer Unbekannter).
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Es gibt vielleicht noch andere Bühnen, aber dazu ein anderes Mal und möglicherweise auch an ganz anderer Stelle.
Was ich gern als persönliches Resumee sagen will: mir selbst gefällt es sehr, auf einer Bühne - im Wortsinne - zu stehen, und meinen Figuren Leben einzuhauchen, Konflikte durch Sprache für einen Abend lang erlebbar zu machen. Da bin ich präsent, bin es bewusst und will es auch sein.
Als Spieleautor nehme ich mich gern zurück, und überlasse dem Verleger, wenn es denn mal einen gibt, das Rambazamba und die Öffentlichkeitsarbeit. Die können das besser und sind Profis darin, Spiele zu vermarkten. Natürlich stelle ich auch live mein Spiel vor, wenn das jemand wünscht.
Aber es gibt keine kreischenden Teenager wie bei den Beatles und keine Gören heben Plakate hoch und rufen, "O, Mr. Knizia, mach mir ein Kind..." - oder ähnliche Peinlichkeiten.
Insofern sind die (veröffentlichten) Spieleautoren privilegiert. Sie haben die fast einzigartige Möglichkeit, ein Produkt zu veröffentlichen und werden in der Regel mit diesem Produkt nicht identifiziert. (Im Gegensatz zum Beispiel zu Buchautoren).
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Der Nachteil von dieser Nicht-Sichtbarkeit in der großen Öffentlichkeit (die Szene kennt einen dann natürlich schon), ist das, was Wolfgang Kramer hin und wieder mal in seinen Aufsätzen anspricht: das etwas geringe Standing der Spieleautoren in eben dieser Öffentlichkeit, was sich letztendlich natürlich auch auf das Materielle und seine Mitsprachemöglichkeit beim Veröffentlichen von Spielen bezieht.
Wenn man Interviews der ganz großen Tiere in unserer Szene genau durchliest oder mit ihnen spricht, erschrickt man manchmal, wie respektlos Verlage manchmal selbst mit solchen Legenden umgehen... natürlich nicht immer; aber ein Michael Crichton hatte sicherlich wesentlich mehr Mitsprachemöglichkeiten bei seinem Verlag als ein Klaus Teuber vor Catan. (Er hat eine gewisse Sonderrolle durch den Megaerfolg der Catan-Welt und die Gründung der eigenen Firma, die sich ausschließlich auf dieses Produkt konzentrierte).
Sorry, Roman, jetzt hab ich mich a bisserl verplaudert, aber das gehört für mich zu den faszinierendsten Dingen im Leben: neben dem kreativen Schaffen an sich das Sprechen und die Reflexion über den Beruf (die Berufung bei einigen wenigen?) des Spieleautoren.
Denn einig bin ich mich sicher mit manchen in einem Wort Wolfgang Kramers, das er am Ende eines seiner besten Vorträge aussprach:
"Der Spieleautor muß brennen."
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Eine gute Nacht wünscht Ralf