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Crowdfunding, oder was?

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Gead
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Crowdfunding, oder was?

Beitragvon Gead » 17. Juli 2012, 13:39

Vor einem Monat bin ich mit meiner Crowdfunding-Aktion auf Startnext grandios gescheitert. Wen's interessiert, hier ist der Link zur Projektseite, die als "Mahnmal" und zu Dokumentationszwecken erreichbar bleibt: www.startnext.de/limes-spiel

21 Prozent, 155 Fans, 76 Supporter - mehr war nicht drin! Lag es an der Plattform? Am Projekt? An mir? An der Bereitschaft der Unterstützer - der Crowd? An allem zusammen, oder an was sonst?

Nichts von alledem! Die Plattform funktioniert, schließlich wurden bereits mit dem heutigen Tag 290 Projekte darüber erfolgreich finanziert. Aus allen möglichen Bereichen und mit den unterschiedlichsten Zielgruppen. Mein Projekt - ein Brettspiel mit Begleitbuch - hat vor, während und auch in der Folgezeit genügend Interessenten gehabt. Es "funktioniert" damit auch. - Ich spreche hier ausdrücklich nicht von "gefällt" (jeder/m), da dies immer zu kontroversen Meinungen führt! - Und die Unterstützer haben das Projekt vielleicht nicht zahlreich genug, aber sie haben es unterstützt. Für jede(n) Einzelne(n), der/die sich dafür entschieden hat, hat es ebenfalls funktioniert. Alles gut?!

Was ist also das Problem? Es gibt keines, wirklich! Denn so wie ich Crowdfunding verstehe, gehört Scheitern - egal ob lange vorhersehbares oder knappes - ganz selbstverständlich mit dazu. Es ist das Menschliche daran, dass nicht alles bis ins letzte Detail geplant werden kann. Der Erfolg ist sicher eine schöne Belohnung; es geht aber um etwas Anderes: ausgehend von einer Idee bis hin zum ausgereiften "Produkt" kann ich in Kontakt mit anderen Menschen treten. Alles ist möglich. Mit einem Irrtum möchte ich daher gerne aufräumen: Die Crowd ist kein bloßer Erfüllungsgehilfe, kein Fleisch-gewordener-Geldautomat. Die Erkenntnisse für einen selbst und das eigene Projekt, die sich während so eines Projektes eben auch "gewinnen" lassen, gehen sehr weit über das zur Realisierung erforderliche Geldbudget hinaus. Ich kann also nur alle Spieleautorinnen und -autoren dazu ermutigen, sich zu trauen: Crowdfunding funktioniert. Es ist eure Begeisterung - für eure Spiele, die aus welchen Gründen auch immer, bisher nicht die Chance zur Veröffentlichung bekommen haben. Beim letzten Spieleautorentreffen in Göttingen, da hat z. B. ein lieber Kollege im Gespräch mit mir sehr bedauert, dass "die Verlage" sich manches nicht (mehr) trauen würden. Wofür es ja die verschiedensten und gute Gründe geben kann: Der Verlag (angefangen beim Redakteur) hat Angst, ein mutiges Spielkonzept "zu verantworten", das sich später als wirtschaftlicher Misserfolg herausstellen könnte; die Zielgruppen müssen erst gefunden werden (oder sind nicht sofort erreichbar); die Konkurrenz war mit einem ähnlichen Spiel schneller …

Es ist zur Zeit eine Menge über Crowdfunding zu hören und zu lesen. Vor allem auch aufgrund der vor ein paar Tagen gestarteten Spieleschmiede von den Machern der Spiele-Offensive. Diese Plattform ist mit einem Pilotprojekt (Express 01/eggertspiele) gestartet und hat innerhalb von zwei Tagen ihr gestecktes Finanzierungsziel erreicht. Das ist schön - Gratulation! Interessant ist daran, dass das was viele an Startnext anscheinend sehr stört, hier nicht so sehr ins Gewicht fällt: Die Unterstützer müssen sofort bezahlen. (Bei Kickstarter, die in diesem Zusammenhang gerne als Ideal genannt werden, muss man im Gegensatz zu der gemeinnützigen Plattform Startnext erst nach Ablauf der Projektdauer und nur im Erfolgsfalle bezahlen; dafür fallen allerdings ca. 10 % Gebühren an und der zugesagte Betrag ist auf dem eigenen Konto geblockt.)

So wie die Spieleschmiede momentan angelegt ist, ist sie nichts weiter als der verlängerte Arm der (etablierten) Verlage. Scheitern fällt da mehr ins Gewicht, schon allein wegen des Imageverlusts; ganz zu Schweigen von den Vorlaufkosten für so eine Kampagne. Es ist daher absolut OK, dass man alles für eine erfolgreiche Finanzierung unternimmt, indem vor allem die Kunden der Spiele-Offensive ins Projekt einbezogen werden (z. B. durch das In-Aussicht-Stellen von Bonusgutschriften bei Nicht-Erfolg). Dahinter steht übrigens auch ein Marketingkonzept, das man aus praktisch allen anderen Bereichen schon lange kennt: Man bestellt sich ein Produkt in seiner Wunschausstattung bei seinem Lieblingsladen; hinzukommt eine Prise "Entdeckergeist" und eben das Gemeinschaftsgefühl, etwas zum Gelingen beizutragen. Das ist gewissermaßen "Crowdfunding light". Dennoch wünsche ich der Plattform und seinen Betreibern wie auch den Verlagen, die die Plattform künftig nutzen, noch viele weitere erfolgreiche Projekte. Startnext (und vergleichbare Plattformen) sehe ich aber - daneben - als die längerfristig geeignetere Plattform für die kreativen Köpfe (hinter den Spielen). An Startnext gefällt mir vor allem der kulturelle Kontext; dass man eben nicht nur "im eigenen Saft schwimmt", sondern sich zwischen jeder Menge Film, Musik, Literatur und allerlei Events als Projektinitiator darstellen und behaupten muss.

Spiele, die ich gut finde und die ich gerne spielen würde, sind in die Gesellschaft eingebunden, bilden sie ab - laden Menschen zum Spielen ein, die vielleicht nicht mehr kennen als "sich nicht zu ärgern", wenn sie denn mal spielen müssen. Das heißt, nur dort, wo Menschen bisher noch NICHT spielen, kann ich neue Zielgruppen erreichen ...

Durch mein Projekt bin ich auf andere Menschen und deren Projekte aufmerksam geworden, die nichts mit Spielen zu tun haben. Und ich habe etwas erlebt, dass ich sonst vielleicht niemals auf diese Weise erlebt hätte. Fast bin ich sogar froh darüber, dass mein eigenes Projekt nicht erfolgreich war. Konnte ich mich doch so umso mehr über eines anderen Erfolg freuen. Gerne empfehle ich daher (die Idee und das Crowdfunding-Konzept von) Startnext weiter. Wer dazu Fragen hat, der frage! Wer Kritik hat, nur raus damit!

Gerhard Junker

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Danyman
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Re: Crowdfunding, oder was?

Beitragvon Danyman » 18. Juli 2012, 13:34

Das Thema scheint ja derzeit aktuell zu sein (siehe Spielbox und Spieleschmiede). Wichtig scheint mir auf jeden Fall, dass das Thema breit beworben wird. Allein das Einstellen bei Kickstarter oder startnext scheint nicht zu reichen (auch wenn es so gut präsentiert ist, wie zum Beispiel das von Gehard).

Vielleicht könnte man bei Spielbox Online eine eigene Rubrik einrichten, mit der auf solche Projekte hingewiesen wird. Sonst grasen doch nur wieder die Großen (mit Connections zur Redaktion) das Thema ab.

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Weltherrscher
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Re: Crowdfunding, oder was?

Beitragvon Weltherrscher » 18. Juli 2012, 14:41

Danyman schrieb:
>
> Das Thema scheint ja derzeit aktuell zu sein (siehe Spielbox
> und Spieleschmiede). Wichtig scheint mir auf jeden Fall, dass
> das Thema breit beworben wird. Allein das Einstellen bei
> Kickstarter oder startnext scheint nicht zu reichen (auch
> wenn es so gut präsentiert ist, wie zum Beispiel das von
> Gehard).
>
> Vielleicht könnte man bei Spielbox Online eine eigene Rubrik
> einrichten, mit der auf solche Projekte hingewiesen wird.
> Sonst grasen doch nur wieder die Großen (mit Connections zur
> Redaktion) das Thema ab.

Ich denke die Mund zu Mund Propaganda in der Spielerszene funktioniert auch so ganz gut. Dafür braucht man keinen extra Bereich bei Spielbox.
Fände ich hier auch nicht so gut aufgehoben. Wäre vielleicht auch rechtlich problematisch.

Die Projekte werden ja hier in den Foren schon öfter diskutiert. Bei Boardgamegeek gibt es diverse Listen, sah aber auf den ersten Blick nicht allzu vollständig aus

http://boardgamegeek.com/geeklist/59640/boardgame-kickstarter-projects

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Gead
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Lesenswertes zum Thema

Beitragvon Gead » 1. August 2012, 18:37

Ein sehr interessantes Interview zum Thema Crowdfunding bzw. zur Spieleschmiede hat Sebastian Wenzel mit Frank Noack auf zuspieler.de geführt. Der Link dazu ist:

http://zuspieler.de/weg-in-eine-strahlende-zukunft/

Startnext hat die FAQ-Seite komplett überarbeitet. Wer sich darüber noch ausführlicher informieren möchte, dem sei folgender Link empfohlen:

http://faq.startnext.de/

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Noch mehr Lesestoff ...

Beitragvon Gead » 23. August 2012, 21:34

... zum Thema Crowdfunding von Peer Sylvester (spielbar), Guido Heinecke (Tric Trac) und Matthias Nagy (hachen darkpact). Die Links führen zu teilweise schon etwas älteren Beiträgen, andere sind "blogfrisch":

http://www.spielbar.com/wordpress/2011/05/15/2218

http://de.trictrac.net/news-zukunft-fur-kleinstverleger-update-2.php

http://darkpact.tumblr.com/post/9751936012/get-the-party-kickstarted und http://darkpact.tumblr.com/post/13594834534/von-nagas-und-daemonen-und-wie-man-ihnen-vielleicht

(Diese Beiträge haben mich erstmals auf Crowdfunding in Deutschland aufmerksam gemacht und darin bestärkt, damit "mein Glück" zu versuchen.)

http://darkpact.tumblr.com/post/29506125990/heisse-eisen-fuer-geld-der-masse

http://de.trictrac.net/news-spiele-bei-kickstarter-wachstum-ohne-ende.php

http://www.spielbar.com/wordpress/2012/08/12/3028 und http://www.spielbar.com/wordpress/2012/08/18/3082

(Diese Beiträge sind aktueller und berücksichtigen zum Teil bereits den Erfolg des Pilotprojekts der Spieleschmiede, "Express 01".)

Wer noch weitere interessante Beiträge zum Thema kennt, kann diese ja hier posten. Und wer jetzt noch so richtig viel Lesestoff sucht, der findet ihn unter dem folgenden Link:

http://www.startnext.de/Blog/Blog-Detailseite/b/Crowdfunding-Co-Effektive-Instrumente-fuer-die-417

(Inklusive Download-Link zu einer sehr ausführlichen Diplomarbeit über Crowdfunding und -sourcing etc.)

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Knut

Re: Noch mehr Lesestoff ...

Beitragvon Knut » 24. August 2012, 08:10

http://www.golem.de/news/crowdfunding-kickstarter-versteckt-erfolglose-projekte-1208-93929.html
Knut


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