Fertige Spielideen einfach an Verlage schicken?

[Bassmieze]

Hallo zusammen,

habe mich hier extra angemeldet damit ich meine Frage los werden kann.

Ich bastle zuhause ja recht gerne, und habe schon öfters mit meinem Bruder eigene Spiele erfunden, die wir dann selbst gespielt haben.
Irgendwann kam mir dann mal die Idee, diese Spiele verschiedenen Verlagen anzubieten. Fragen kostet ja bekanntlich nichts.
Also habe ich mir professionelle Prototypen gebastelt und Spielanleitungen mit Bildern im Pdf-Format erstellt.

So weit, so gut.
Dann begann natürlich die Google Recherche wo ich das denn überhaupt hinschicken kann.
Bei den größten Verlagen findet man ja genaue Anleitungen wie man vorgehen soll und das sie sich immer über neue Ideen freuen. Natürlich nur über die Anleitungen, wer will schon tausende Spielekartons geschickt bekommen.

So habe ich Ravensburger (wo es natürlich was kostet die Ideen zu prüfen), Schmidt Spiele, Amigo, Kosmos, Hans im Glück und Haba gefunden. Und natürlich erstmal ein paar Absagen kassiert, wenn auch sehr höfliche.

Nun meine Frage:
Es gibt ja etliche Spielverlage in Deutschland. Leider sind zu diesen im Internet kaum Informationen zu finden.
Habt ihr da Erfahrungen gemacht?
Schickt man einfach seine Spielanleitungen mit einer kurzen Vorstellung dahin, obwohl man ja gar nicht weiß ob dieser Verlag überhaupt neue Spiele sucht?

Ich weiß man darf da keine falsche Scheu haben, aber möchte diese Verlage jetzt auch nicht alle mit meinen Ideen zubomben. Habt ihr einen Rat oder Tipps?

Grüße, Bassmieze

[Mitspieler]

Hallo Bassmieze,

herzlich willkommen hier im Forum!

Ich weiß ja nicht, wie alt Ihr seid? Weil Du von Dir und Deinem Bruder sprichst, gehe ich davon aus, dass Ihr Jugendliche seid?
Da möchte ich Dir vor allem sagen, dass ich es ganz toll finde, dass Ihr (Du und Dein Bruder) so kreativ und aktiv seid und immer wieder zusammen Spiele erfindet und offenbar auch im Detail regeltechnisch entwickelt!
Ihr scheint nicht nur kreativ und gewissenhaft zu arbeiten, sondern scheint auch ein richtig gutes Team zu sein
.. das könnt Ihr echt wertschätzen, dass ihr Euch so gut miteinander versteht.. freut mich sehr!

Und cool, dass Ihr den Mut und die Ausdauer habt, weiter "dran zu bleiben" und Eure Ideen den Verlagen zuzuschicken
(und weder sauer noch entmutigt über die bisherigen Absagen seid).


Da ich selber aber wenig Ahnung von Verlagsabläufen, Spieleentwickungen und professioneller Spieleredaktionsarbeit habe, hoffe ich, dass Dir hier im Forum bald ein paar andere nette Menschen "richtig" helfen werden, die wirklich Ahnung haben und Dir konstruktive und ermutigende Tipps/Hinweise geben können.




Ein paar Gedanken habe ich aber trotzdem schonmal für Dich (ohne Gewähr) :

1.) Grundsätzlich ist es wohl so, dass eine Spielidee (und auch die eigene Spielregelausarbeitung) allein
noch keine Garant dafür sind, dass das Spiel langfristig wirklich rund läuft und den Spielreiz nicht verliert.
Sondern es werden dafür meist viele,viele Praxistests/Testpartien neutraler Spieler und viel redaktionelle Arbeit benötigt, in deren Verlauf manche Regeln/Mechanismen vielleicht nochmal angepasst oder gar grundlegend verändert werden müssen (da braucht man als Spielentwickler sicher ein dickes Fell, um nicht enttäuscht zu sein).
Deshalb finde ich es super, dass Ihr sogar schon so weit vorangekommen seid, dass Eure Spiele anscheinend wirklich spielbar sind - Ihr habt sie ja zumindest zu zweit schon gespielt. Toll! Trotzdem mein 1.Tipp: Versucht schonmal im erweiterten Familien- oder Freundeskreis, Eure Ideen nachspielen zu lassen, dann merkt Ihr, ob sie auch bei "Außenstehenden" rund laufen (also spielmechanisch wirklich gut funktionieren und auch langfristig Spaß machen).
Andererseits braucht man einem Verlag gar nicht unbedingt ein schon ganz ausgereiftes Spiel zu präsentieren (der verändert es ja eh meistens nochmal grundlegend^^), sondern ich denke, wenn man eine wirklich gute, unverbrauchte Spielmechanik-Idee hat und der Verlag dies erkennt, dann ist er auch bereit dazu, allein diese spezielle Mechanik aufzugreifen und ein Spiel drumherum zu entwickeln (oder sie in ein bereits in der Entwicklung befindliches, anderes Spiel einzuweben).

2.) Wenn Ihr Eure Spielideen den Verlagen präsentieren wollt und nach den passenden Adressen sucht (mir würden da spontan beispielsweise noch Abacusspiele, Zoch Verlag, Huch! (=Hutter Trade) sowie Pegasus Spiele einfallen),
dann ist es natürlich ratsam, zunächst einmal die zu Eurem Spiel "passenden" Verlage hinsichtlich deren Genre-Schwerpunkten auszuwählen. D.h., es gibt Spieleverlage, die ihre Schwerpunkte bei Kinderspielen haben, andere haben sie bei Familienspielen, und wieder andere bei komplexen Strategiespielen für Erwachsene bzw. ältere Jugendliche. Und so weiter....
Daher kann man Dir eigentlich erst dann Spieleverlage nennen, wenn man weiß, in welche Kategorie Eure Spielideen fallen (Altersgruppe, Spielmechanismen, Anspruch, Umfang..)
bzw. dementsprechend, an welche Zielgruppe sie gerichtet sind.

3.) Je nachdem, welche Vorkenntnisse und Erfahrung ihr schon habt (oder eben noch nicht habt ),
würde ich Euch raten, dass Ihr Euch bereits beim Entwickeln Eurer Spielideen (also noch vor dem Kontaktieren der Verlage)
ein paar Profitipps holt. Da gibt es z.B.
> Fachliteratur mit Grundlagenwissen/Leitfäden zur Spielentwicklung
> Seminare für Spieleentwicklungsanfänger und Fortgeschrittene (teilweise von Spieleverlagen/-redakteuren betreut)
> Überregionale Treffen von Amateur- und Profi-Spielentwicklern // Prototypen-Spieletreffs
> und so weiter.
Genauere Infos (Buchtitel, Websites,.. und wo welche Grundlagenseminare/Treffen angeboten werden) können Euch hoffentlich andere Forenuser hier nennen.
Ich hoffe, Ihr bekommt bald hilfreiche Antworten.


Liebe Grüße und alles Gute Euch beiden!!

Daniel

[Bassmieze]

Hallo Daniel,

danke für deine sehr ausführliche Antwort.
Jugendliche sind wir nicht mehr wirklich.
Wir sind schon 37 und 39 Jahre alt, aber an Spielideen hat es uns nie gemangelt und auch heute treffen wir uns noch oft zum spielen (auch wenn die meiste Zeit mittlerweile eher für Computerspiele draufgeht :-)

Aber deine Tipps haben mir schon sehr geholfen. Bei unseren meisten Ideen handelt es sich halt um typische Lauf- und Würfelspiele, die bei den Verlagen die ich genannt habe nun nicht sooo gefragt sind.
Die Verlage suchen eben eher ganz neue Spielmechaniken.

Trotzdem ist es irgendwie schade drum, denn uns machen die Spiele auch nach dem x-ten mal noch viel Spaß.
Deswegen dachte ich man könnte es auch noch weiteren Verlagen anbieten.
Damit das sie dein Spiel umstrukturieren bei der Entwicklung muss man natürlich rechnen, aber es freut einen doch trotzdem wenn man darin sein eigenes Spiel erkennt.

Dann werde ich mal schauen ob meine Spielideen vielleicht in die Verlage passen, die du noch genannt hast.
Vielen Dank für deine Antwort!

Viele Grüße von Bassmieze

[Spielesammlung]

Hallo, für angehende Spieleautoren soll dieser Leitfaden sehr hilfreich sein.

LG
Die Spielesammlung

[Mitspieler]

Hallo Daniel,

danke für deine sehr ausführliche Antwort.
Jugendliche sind wir nicht mehr wirklich.
Wir sind schon 37 und 39 Jahre alt, aber an Spielideen hat es uns nie gemangelt[..]
Bei unseren meisten Ideen handelt es sich halt um typische Lauf- und Würfelspiele, die bei den Verlagen die ich genannt habe nun nicht sooo gefragt sind.
[..] dachte ich man könnte es auch noch weiteren Verlagen anbieten.
[..]
Vielen Dank für deine Antwort!

Viele Grüße von Bassmieze

Sehr gerne, Bassmieze!
Auch wenn Ihr "jugendlich" vielleicht nur noch im Herzen seid , finde ich es trotzdem toll, dass Du und Dein Bruder Euch noch zum Spieleentwickeln und Spielen trefft.

Du schreibst, dass es sich bei Euren Entwicklungen meist eher um "typische Würfel- und Laufspiele" handelt..
Die können wirklich Spaß machen, aber wenn Du damit herkömmliche Mechanismen wie beim "Spiel des Lebens" oder gar "Mensch ärgere dich nicht" meinst, so sind diese bei vielen heutigen Verlagen kaum noch gefragt, vermute ich.. Weil selbst die "einfacheren" Familienspiele heutzutage immer spezieller, innovativer und ausgefallener werden (müssen), damit sie in der Neuheitenmasse überhaupt noch auffallen und gekauft werden. Und weil reine Würfel-Lauf-Spiele wie "Mensch-ärgere-dich-nicht" einfach zu repetetiv sind und sich Vielspieler (auch Familien und Kinder) mehr Abwechslung und besondere Reize/Kniffe (und taktisches Potential) innerhalb eines Brettspiels wünschen.
Aber vielleicht haben das Eure Spiele ja auch?

Schmidt Spiele wäre für Eure Spielkategorie m.E. schon eine passende Adresse gewesen, aber die haben Euch ja leider schon abgesagt. Aber tröstet Euch: Wenn Euch einige Verlage absagen, ist das ganz normal und muss gar nichts mit der Qualität Eurer Spiele zu tun haben, sondern kann auch einfach bedeutet, dass Eure Spiele gerade nicht ins jeweilige Verlagsprogramm passen, z.B. weil der Verlag schon genügend viele Spieltitel mit "Euren" Mechanismen im Programm (oder in der Entwicklung) hat.
Ihr könntet es aber noch beim von mir genannten "Zoch" Verlag sowie bei "Drei Hasen in der Abendsonne" und bei "Piatnik" probieren.. eventuell auch bei "Hasbro", "HCM Kinzel" und "Jumbo"..
Hier ist übrigens eine (vielleicht nicht mehr ganz aktuelle?) Liste von Spieleverlagen, da könnt Ihr selber schauen:
https://www.reich-der-spiele.de/Verlage
Ihr könntet da jeden Verlag anklicken, dann werden interessante Infos zu dem Verlag angezeigt (z.B. auch Zielgruppen/Spielgenres/Sortiment).

Ansonsten hoffe ich weiter, dass noch andere User Euch hier Tipps geben können, speziell zu Literatur, Treffen und Seminaren.
Der hier im Posting vom User "Spielesammlung" bereits genannte "Leitfaden für Spieleerfinder" (https://www.spiele-archiv.de/index.php/ ... leerfinder) könnte vielleicht etwas für Euch sein; ich weiß aber nicht, wie zeitgemäß das Buch heute noch ist.
Und falls Ihr z.B. nach neuem Input durch Literatur, Seminare oder Insider vielleicht manche Details an einem Eurer Spiele nochmal verändert haben solltet, dann könnt Ihr ruhig nochmal dieselben Verlage anschreiben, die Eure Erstidee zuvor abgelehnt hatten!

Zum Schluss hier noch ein paar Links, die ich relativ spontan gefunden habe:
https://www.hall9000.de/html/badhomburg/ (einzelne Spieleseminare mit Verlagen, sicher sehr interessant)
https://www.spieleautorenzunft.de/vorte ... ieder.html (Verein, der sicher helfen könnte, kostet aber Mitgliedsbeitrag)
https://spiele-archiv.de/index.php/de/i ... indermesse (Messe, bei der Ihr Euch vielleicht mit anderen Erfindern austauschen sowie Profi- und Verlagskontakte knüpfen könntet)
https://www.goettingen.de/aktuelles/goe ... 06-18.html (nächster Termin ist vorauss. der 12. und 13. Juni 2021)
https://www.spielbar.com/wordpress/2010/11/13/1809/ (Peer Sylvester ist selber Spieleautor und kan nEuch vielleicht Tipps geben oder Euch weiterleiten; Ihr könnt ihm ja eine Mail schreiben unter peer@spielbar.com)

So, jetzt weiß ich nicht mehr weiter.. Wie gesagt, vielleicht schreiben ja noch ander Forenuser hier ihre Tipps..

Liebe Grüße!
Daniel

[Mitspieler]

P.S. an Bassmieze.

Ich kenne Eure Spielideen ja gar nicht und kann sie daher auch nicht einschätzen.

Aber ich habe ja schon ein paar Möglichkeiten genannt, warum (möglicherweise) Ihr schon einige Absagen bekommen habt:
> Abfuhren sind völlig normal (passiert sogar den bekannten Profiautoren), da es zu viele Einsendungen (Spielideen) und zu wenig Verlagsmittel (Geld, Zeit, Redakteure,..) gibt... und/oder:
> Euer Spiel"genre" passt gar nicht zur speziellen Verlags-Zielgruppe... oder:
> Das Genre passt zwar eigentlich, aber Eure Spielmechanismen kommen bereits in zu vielen Spielen dieses Verlags vor... oder:
> Eure Spielidee ist gut, aber Ihr macht fachlich noch etwas falsch bei der Spielbeschreibung/Präsentation.
Darum würde ich erstmal sagen: Macht weiter. Checkt doch mal die genannte Literatur, die Treffen und Seminare - da werden ihr sicher wichtigen Input, Hilfen und Kniffe erfahren, die Ihr noch nicht kennt. Und Ihr könnt besser einschätzen, ob oder wie Euer Spiel für andere Spieler reizvoll sein könnte oder nicht. Und versucht es dann ggf. weiter (oder nochmal) bei den Verlagen.

Und, naja, es gibt noch eine Möglichkeit, die Ihr bedenken solltet und die ich vielleicht ehrlicherweise nennen sollte:
> Es könnte eventuell sein, dass Eure Spielidee zwar durchaus eine schöne, kreative Eigenentwicklung ist, aber trotzdem für andere Spieler zu "banal" oder zu altbekannt sein könnte, so dass es die Spieleredakteure einfach nicht vom Hocker haut. (Bzw. dass sie vermuten, dass voraussichtlich auch die potentiellen Kunden Euer Spiel nicht besser als die bereits bekannten Würfel-Lauf-Spiele finden würden und Eure Neuheit deshalb nicht so oft gekauft würde.)
Falls dies der Fall sein sollte, heißt das dann, dass Euer Spiel doof ist, Eure kreative Arbeit nichts taugt und Ihr fälschlicherweise Freude an eurem Spiel hattet? NEIN!! Sondern es ist und bleibt eine tolle, ganz individuelle Eigenkreation,
die nicht nur gut funktioniert und Euch auch spielerisch richtig Spaß macht (das hast Du ja bereits berichtet!),
sondern vielmehr auch etwas ganz Besonderes, ganz Persönliches ist, das nur Ihr beide geschaffen habt. Allein schon dieses gemeinsame Erfinden und Dranarbeiten macht jedes Spiel von Euch ganz einzigartig und wertvoll, denn diese Entwicklungszeit ist ein Teil Eures Lebens, Eurer geschwisterlichen Gemeinschaft und ein ganz besonderes "Lebendigsein" gewesen! Darum schätzt es wert - Eure gemeinsame Zeit, die Ihr mit der Entwickung verbracht habt, Eure Ideen und Freuden, die darin stecken, und auch die Spielfreude (samt Erinnerungen), die Ihr jetzt damit beim Spielen habt. Sie ist real!
Lasst Euch also bitte Eure Freude und Wertschätzung daran nicht nehmen -- egal, ob Verlage es für sich interessant finden oder nicht.

Herzliche Grüße

[Bassmieze]

Vielen Dank Daniel,
du nimmst dir wirklich Zeit für deine Texte und dabei schaffst du es noch uns ungeheuer zu motivieren.

Ich werde erstmal die ganzen Links durchlesen und dann mache ich mir einen weiteren Plan.
Ich weiß mit Würfel- und Laufspielen ist es nicht ganz einfach, wobei ich gerade diese Spiele bevorzuge und am liebsten spiele. Weil sie einfach schnell aufgebaut sind und es gleich losgehen kann.
Für aufwendige Spiele muss man eben einfach mehr Zeit einplanen, evtl nochmal die Anleitungen studieren... da überlegt man es sich zweimal ob man das jetzt wirklich spielen möchte.

Aber wie gesagt, ist unsere Spielerei ja eher ein Hobby. Wir möchten ja nicht beruflich damit Geld verdienen, sondern einfach mal ein bisschen probieren was die Welt zu unseren Spielen sagt.

Den Spielspaß lassen wir uns natürlich trotzdem nicht nehmen.

Dankeschön!