Marco Pöhl schrieb:
>
> Guten Tag,
>
> mein Name ist Marco Pöhl und ich lese hier seit einigen
> Wochen mit. Ich würde mich als Anfängerautor bezeichnen. Ich
> habe eine Frage die ich hier gerne stellen würde. Ich weiß,
> dass es ein Autorenforum gibt, aber vielleicht haben auch
> Nichtautoren eine Meinung dazu.
> Ich will gleich vorweg sagen, dass es mir nicht darum geht,
> ein Spiel, einen Autor oder einen Verlag anzugreifen. Mich
> interessiert nur der reine Sachverhalt.
Jo, mich auch. Diese Diskussion wollte ich schon immer mal führen: Wo ist die Grenze zwischen und 'sich von anderen Spielen inspirieren lassen' und knallharter Urheberrechtsverletzung? Juristisch ist das nicht völlig geklärt und wird es - dank glücklicherweise fehlender Gerichtsverfahren - wohl auch nicht. Man kann sowas immer nur an einzelnen Beispielen diskutieren.
Grundsätzlich mal vorweg
(nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Anspruch auf absolute Wahrheit):
1. Auf Ideen gibt es keinen Urheberechtsschutz.
(Sonst hättte die Nasa für ihre ersten Mondflüge Lizenzzahlungen an die Nachfahren von Jules Verne zahlen müssen - es sei denn jemand hatte die Idee schon vor Jules Verne).
2. 'Spielideen' genießen grundsätzlich Urheberechtsschutz.
Was gemeinhin als 'Spielidee' bezeichnet wird, meint den gesamten nichtmateriellen Gehalt eines Spiels. Und das ist was ganz anderes als eine bloße Idee (man könnte ja mal ein Spiel machen, indem die Spieler zum Mond fliegen konkretes Spiel 'Mondreise')
3. Einzelne Spielmechanismen sind hierzulande nicht schützbar (Kramerleiste, bei einer 6 nochmal würfeln). In den USA kann man jedoch einzelne Spielmechanismen patentieren lassen (bekanntestes Beispiel: Tappen von Karten).
4. Der Urheberrechtsschutz beginnt mit der Vollendung des Werkes (i.d.R. Prototyp und niedergeschriebene bzw. ausgedruckte Spielanleitung), nicht erst mit der Veröffentlichung. Das Recht über eine Veröffentlichung zu entscheiden, ist Teil des Urheberrechts. Man muss das Spiel hierfür nirgendwo anmelden oder hinterlegen. Das ist allenfalls sinnvoll, wenn man den Zeitpunkt der Entstehung nachweisbar dokumentieren will.
5. Titelschutz gibt es dagegen grundsätzlich nur für veröffentlichte Titel (und natürlich für Marken). Titel sind keine Werke sondern dienen zur Unterscheidung von Werken und sind nicht urheberrechtsfähig.
6. Der urheberechtliche Schutz endet in Deutschland 70 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Urheber verstorben ist (Werke von Lovecraft, der am 15. März 1937 verstorben ist, also vor mehr als 70 Jahren sind ab 1. Januar 2008 urheberrechtsfrei.)
7. Bloße 'Anweisungen an den menschlichen Geist' sind nicht geschützt.
Beispiel: Tempo, kleine Schnecke
http://sunsite.informatik.rwth-aachen.d ... pokle.html . Die Spieler führen vorgegebene Handlungen aus und haben keine Entscheidungsmöglichkeit.
Bei den meisten Spielen jedoch können die Spieler zwischen Handlungsalternativen wählen. Das macht urheberrechtlich gesehen ein Spiel aus.
8. Es kommt auf die Schöpfungshöhe an.
Eigenständigen Schutz gibt es nur für etwas, was wirklich neu ist.
9. Die Umsetzung eines Spiels in ein anderes Medium (Brettspiel -> Computerspiel) bedarf der Erlaubnis des Urhebers
10. Weiterentwicklungen eines bestehenden Spiels bedürfen ebenfalls der Erlaubnis dessen Urhebers. Wer ein Siedler-Szenario veröffentlichen will, muss Klaus Teuber (und Kosmos) fragen, selbst dann, wenn er es kostenlos anbieten will.
Wo die Grenze zwischen einer Weiterentwicklung und einem eigenen Spiel ist, ist imho nur im konkreten Einzelfall zu beantworten. Du bringst dafür ein sehr gutes Beispiel.
> Ich habe mir zwei Ausgaben des Spiels Team Work von Verlag
> Adlung gekauft. Super Spiel das wir immer wieder gerne
> auspacken. Gestern hat nun ein Bekannter ein altes Spiel mit
> dem Titel Watn Dat vom Ass Verlag mitgebracht. Der Autorname
> war ein anderer als bei Team Work. Nun haben beide Spiele die
> gleiche Spielidee und ich frage mich, ob da der alte Autor um
> Erlaubnis gefragt wurde oder ob das einfach so in Ordnung ist.
> Damit verständlich wird was ich meine, hier der Ideenvergleich.
Hier meine Meinung zum konkreten Beispiel:
Rein gefühlsmäßig würde ich sage: Das ist ok, Teamwork ist ein anderes Spiel. Wenn ich aber konkret drüber nachdenke, bin ich mir nicht mehr so sicher. Du hast wirklich sehr gut den Punkt getroffen, wo ich sage: Ich weiß es nicht, habe zwar eine Meinung, bin mir aber überhaupt nicht sicher.
Aber immerhin weiß ich, an welchen konkreten Punkten ich ins Straucheln komme.
A. Idee oder Spiel?
Die Idee, dass zwei Spieler gemeinsam einen Begriff bilden, ist eine bloße Idee und nicht urheberechtsfähig.
Dass sie das tun, indem sie abwechselnd ein Element aneinanderfügen, ist
a) auch nur eine Idee?
b) schon Teil der konkreten Umsetzung und zwar das tragende Hauptelement. Damit wäre es schützenswert.
Unter diesem Aspekt neige ich - wie du - eher zu b), bin mir aber nicht sicher.
Wichtig ist für mich hierbei der Gedanke, dass es das tragende Element des Spiels ist. Würde es eine untergeordnete Rolle spielen, wäre es nur ein einzelner Spielmechanismus und nicht schutzfähig.
B. Schöpfungshöhe
Ich kann mir gut vorstellen, dass das Wesentliche des Spiels nicht wirklich neu ist. Ich denke da an die Dichterwettstreite vor Hunderten von Jahren (Cyrano de Bergerac), wo es zwar nicht darum Begriffe zu erklären sondern gemeinsam Gedichte zu verfassen. Aber der Grundgedanke ist ähnlich. Vielleicht gibt es auch bessere Beispiele, auf die dieses Spielprinzip zurückgeht. Ohne das konkret zu wissen, halte ich das für wahrscheinlich.
Damit würde dem Hauptelement des Spiels die Schöpfungshöhe fehlen.
> Watn Dat
> Zwei Spieler, X und Y, bilden ein Team.
> X und Y müssen gemeinsam einen Begriff erklären.
> X und Y dürfen sich nicht absprechen.
> X und Y kommen abwechselnd an die Reihe.
> X beginnt und legt ein Holzstab auf das Spielbrett, dann legt
> Y ein Holzstab ab, dann wieder X, dann Y, etc.
> Alle anderen Spieler müssen den gesuchten Begriff erraten.
> X, Y und der erfolgreiche Raten werden belohnt.
>
> Team Work
> Zwei Spieler, X und Y, bilden ein Team.
> X und Y müssen gemeinsam einen Begriff erklären.
> X und Y dürfen sich nicht absprechen.
> X und Y kommen abwechselnd an die Reihe.
> X beginnt und sagt ein Wort als Satzanfang, dann fügt Y ein
> Wort an, dann wieder X, dann Y, etc.
> Alle anderen Spieler müssen den gesuchten Begriff erraten.
> X, Y und der erfolgreiche Rater werden belohnt.
siehe auch ausführliche Spielbeschreibung auf:
http://sunsite.informatik.rwth-aachen.d ... tndat.html ...Watndat.html
siehe auch ausführliche Spielbeschreibung auf:
http://sunsite.informatik.rwth-aachen.d ... mwork.html ...Teamwork.html
> Bei Watn Dat wird der Begriff gelegt. Bei Team Work wird er
> mit Worten erklärt. Aber die zugrunde liegende Idee ist gleich.
Du hast Unterschiede und Ähnlichkeiten ganz gut beschrieben.
Interessanterweise werden beider Umsetzungen sehr unterschiedlich bewertet: Watn'Dat erhält 2, Teamwork 5 von 6 möglichen Punkten.
[Mir gefällt Wat'n Dat sehr gut. Die schlechte Bewertung kann ich mir eigentlich nur dadurch erklären, dass der Rezensent gerne (und sehr gut) schreibt, aber Probleme mit dem Medium 'Stäbchen und Glassteine' hat. ;-)]
Hier wäre allerdings noch ein dritter und womöglich entscheidender Ansatz für den Vergleich. Auch wenn die Spielanleitung die Basis eines Spiels ist, kann das Material und die konkrete Umsetzung womöglich ein ausreichend neues Spiel ergeben??
Immerhin sind ganz andere Fähigkeiten der Spieler gefordert: sprachlich visuell.
> Wo beginnt die eine Idee und wo fängt eine neue an?
Danke für die Frage. ich geb sie dann mal weiter.

> Wäre es demnach in Ordnung, wenn ich nun die Grundidee als
> Zeichenspiel aufgreife? Oder als Darstellungsspiel? Oder wie
> oder was? Gibt’s da kein Copyright?
Copyright kommt aus dem amerikanischen Recht und gibt es hierzulande so nicht.
Hier unterscheiden wir zwischen Urheberechten und Verwertungsrechten. Während Copyright veräußerbar ist, sind Urheberechte wie eine biologische Elternschaft nicht veräußerbar. Die Tatsache, dass man ein Werk geschaffen hat, kann man nicht mehr rückgängig machen oder auf jemand anderen übertragen. In Deutschland sind damit bestimmte Rechte verbunden, auf die man nicht rechtswirksam verzichten kann: Recht zur Veröffentlichung, Recht auf Namensnennung, Recht auf ein angemessenes Honorar. Man ist nicht gezwungen diese rechte einzuklagen, wenn man sie nicht will. Aber hat man mal darauf verzichtet, ist man daran nicht gebunden.
(Ich weiss, 'die SAZ' sieht das ein bisschen anders, siehe Weltbank-Diskussion; aber ich denke, wenn die heutige SAZ sich mehr mit Inhalten beschäftigen würde statt mit Selbstdarstellung wäre auch ihre Selbstdarstellung weniger peinlich. SCNR)
Gruß. Günter
> Ein verwirrter Marco. :-?
Du bist nicht allein

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