Beitragvon stock » 23. August 2010, 15:04
Peers Thesen sind - mit Verlaub - ein alter Hut. Darüber machen sich viele Autoren seit vielen Jahren viele Gedanken. Gebündelt werden diese Gedanken in der SAZ, weil sie die einzige Institution ist, die in der Lage ist, diese Forderungen zu bündeln und zu Thesenpapieren, Arbeitspapieren etc. zu verarbeiten und auf Redakteure und Verlage - wenn auch leider nur in viel zu geringem Umfang - einzuwirken. Wer wissen will, was über dieses Thema gesagt wurde, was erreicht wurde, was nicht erreicht wurde, nicht erreicht werden kann oder im Gange ist, kommt an der SAZ nicht vorbei. Man mag da seine Vorbehalte haben, als "notwendiges Übel" kommt man an der SAZ nicht vorbei.
Zu den Thesen im einzelnen:
-Ausdrückliche Möglichkeit des Autoren, sein Spiel parallel woanders anzubieten
Wer sich selbst verpflichtet, seinen Prototypen exklusiv anzubieten, ist selbst schuld. Nur wenn ein Verlag ausdrücklich Exklusivität möchte, wenn dies kommuniziert und vereinbart wird, ist diese Möglichkeit eingeschränkt. Der Standard ist hier, dass man frei ist, sein Spiel überall anzubieten, wo man es will. Exklusivität ist die Ausnahme, die ausdrückliche Möglichkeit, die der Autor einem Verlag gewährt. Ein Verlag, der Exklusivität möchte, muss es sagen. Ist ein Spiel in engerer Wahl und der Verlag möchte daran arbeiten, dann kann man die Option geben, es innerhalb einer bestimmten Zeit nicht woanders anzubieten.
-Kurze Rückmeldung, warum das Spiel abgelehnt wurde.
Dazu haben Autoren vor 7 oder 8 Jahren einen standardisierten "Rückmeldebogen" entwickelt, der die häufigsten Ablehnungsgründe auflistet (Thema, Materialumfang etc.) Dadurch können Redakteure in relativ überschaubarer Zeit ziemlich exakte Rückmeldungen geben, woran es gehapert hat. Die Autoren gehörten damals nicht der SAZ an, über die SAZ wurde der Bogen aber den Verlagen vorgeschlagen. Ravensburger hat das Angebot dankend angenommen und auch die Agentur Spiel arbeitet damit in abgewandelter Form. Andere Verlage waren nicht interessiert, was nicht heißt, dass ihre Ablehnungsschreiben genauer oder ausführlicher wären.
-Möglichkeit des Autoren sich halbjährlich nach dem Stand seines Protos zu erkundigen.
Möglich ist das. Nicht nur halbjährlich. Und unhöflich ist das auch nicht.
-Prototypen sachgemäß zu lagern (sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein…sollte man meinen!)
Vollkommen einverstanden. Sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Sollte man meinen. Ist es meist auch. Aber nicht immer. Vorschlag: Keine Prototypen mehr an Schludriane schicken. Verlage gibt's genug.
Die Diskussion um faire Agenturen ist ein interessanter Punkt. Zum Beispiel, warum eine Spieleagentur 40-60 Prozent des Autorenhonorars nimmt, während eine Buchagentur mit 10-15 Prozent auskommt. Wenn die Agentur davon leben könnte wie Gott in Frankreich, würden Agenturen wohl an jeder Ecke sprießen. Sie kalkulieren aber nur wie andere Agenturen Kosten und Aufwand. Liegt es vielleicht am Ende daran, dass das Spiele-Autorenhonorar einfach nicht genug hergibt, weil es nur einen Bruchteil des Schreib-Autorenhonorars ausmacht (Buch: 10+ Prozent vom Ladenverkaufspreis vermindert um die MwSt - in seltenen Ausnahmefällen weniger, Spiel: 5 % vom Herstellerabgabepreis, entspricht de facto auf den Ladenpreis bezogen ca. 2 %). Viel von wenig = wenig von viel oder 50 % von 2 % ist 1 %. 10 % von 10 % ist ebenfalls 1 %.
Der Rest von Peers Thesen sind Vertragsfragen. Da stellt sich eine grundsätzliche Frage: Wollen Autoren eine Art Tarifvertrag, wo fast alles geregelt ist oder sollen diese Fragen Resultat individuellen Verhandelns sein. Für beides spricht einiges dafür und dagegen. Tatsache ist aber: das Selbstbewusstsein der Autoren beginnt da, wo sie nicht mehr nur abnicken.