Vorab ein Hinweis: Ich bin kein Jurist und die folgenden Aussagen ersetzen keine Rechtsberatung

.
Leider haben viele Politiker und Richter keine Ahnung von Internet beziehungsweise müssen alte Gesetze auf neue Medien anwenden. Dadurch kommt es zu seltsamen Urteilen, siehe zum Beispiel das Linkurteil des Landgerichts Hamburg,
http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpoli ... 25189.html.
Nur zu Deiner Frage: Sind Rezensionen Werbung oder journalistische Beiträge? Fangen wir vorne an. Prinzipiell gilt: Redaktionelle Inhalte und Anzeigen müssen voneinander getrennt sein. Das steht zum Beispiel im Pressekodex,
https://www.presserat.de/pressekodex/pr ... _redaktion.
Bezahlte Veröffentlichungen müssen so gestaltet sein, dass sie als Werbung für den Leser erkennbar sind. Die Abgrenzung vom redaktionellen Teil kann durch Kennzeichnung und/oder Gestaltung erfolgen. Im Übrigen gelten die werberechtlichen Regelungen.
Eine werberechtliche Regelung ist zum Beispiel das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. In Paragraph 5a steht,
https://www.gesetze-im-internet.de/uwg_2004/__5a.html.
Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
Soweit die Theorie. Bevor wir ins dem Thema Rezensionen wenden, noch ein kleiner Exkurs in die Praxis aus meiner Erfahrung als Journalist sowie PR- und Marketingmensch. Die Trennung zwischen redaktionellen Inhalten und Anzeigen ist leider bei sehr vielen Fachmedien nicht gegeben. Redaktionen verlangen zum Beispiel mehr oder weniger offen „Druckkostenzuschüssen“ für die Platzierung eines Artikels oder platzieren bevorzugt Fallstudien von Anzeigenkunden im redaktionellen Teil.
Nun zur Frage, wie Rezensionen zu beurteilen sind. Im Zeit-Medienwissen steht dazu,
https://blog.zeit.de/schueler/files/201 ... Medien.pdfDie Kritik oder Rezension behandelt aktuelle Ereignisse, meist aus dem Kulturbereich: Bücher, Filme, Konzerte, Veranstaltungen werden hier besprochen. Eine Kritik spiegelt immer die persönliche, subjektive Meinung eines Autors, scheut auch vor polarisierenden und radikalen Urteilen (»Verriss«) nicht zurück und soll den Leser zu einer eigenen Meinungsbildung anregen.
Nach dieser Definition ist eine Rezension keine Werbung, sondern eine journalistische Darstellungsform.
Wie und ob Journalisten und Blogger an die Dinge kommen, die sie rezensieren hängt vom Einzelfall ab. Manchmal kaufen sie diese Dinge selbst, manchmal erhalten sie Dinge, die sich nach der Rezension zurückgeben müssen und manchmal erhalten sie kostenlose Rezensionsdinge, die sich nach der Rezension behalten dürfen. Inzwischen ist es bei einigen Redaktionen üblich, dass sie darauf hinweisen, wie sie mit den Dingen umgehen. Auf Spiegel Online steht zum Beispiel unter
http://www.spiegel.de/extra/affiliate-l ... 45589.html:
Können Unternehmen sich Berichterstattung kaufen?
Nein, Unternehmen können sich nur Anzeigenplatzierungen auf SPIEGEL ONLINE kaufen, die klar zu erkennen sind. Typischerweise handelt es sich dabei um klassische Banner-Platzierungen. Unternehmen können auch Advertorials oder Native-Artikel buchen; diese Sonderformate sind ebenfalls transparent als "Anzeige" markiert.
Wie wählt die Redaktion die Produkte aus, die sie bespricht?
Die Redaktion entscheidet selbst und unbeeinflusst von Werbezahlungen oder Affiliate-Erlösen darüber, welche Produkte sie wie bespricht. Oft erhalten wir von Verlagen oder Herstellern unverlangt Rezensionsexemplare zugesandt. Ob diese Produkte wirklich besprochen werden, entscheiden unsere Redakteurinnen und Redakteure selbst (das Gros wird nicht besprochen).
In der Regel werden Testexemplare nach dem Ende des Tests an die Hersteller zurückgeschickt. Ausnahmen sind Rezensionsexemplare von Büchern, Musikalben, Spiele im Ressort Netzwelt und sogenannte Dauerleihgaben. So haben wir zum Beispiel Spielekonsolen und Smartphones in der Redaktion, die wir über längere Zeit nutzen dürfen. So können wir beispielsweise über Softwareupdates, neues Zubehör und neue Spiele berichten oder Langzeiturteile fällen.
Auch demnach ist eine Rezension also keine Werbung, sondern eine journalistische Darstellungsform. Ich finde diese Transparenz sehr gut. Auf SpieLama weisen wir in der Videobeschreibung darauf hin, wenn wir ein kostenloses Rezensionsexemplar erhalten haben. BoardgameJunkies geht sogar noch weiter, siehe
https://boardgamejunkies.de/transparenzinformationen/.
Nicht nur Medien weisen darauf hin, wie sie mit Dingen umgehen, sondern auch Verlage. Kosmos stellt Freiexemplare von Spielen zum auf Basis der Regeln des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels e.V. zur Verwendung von Buchrezensionen zur Verfügung,
http://www.boersenverein.de/sixcms/medi ... 0Re....pdf. Darin steht unter anderem:
Buch- und Hörbuchverlage betreiben regelmäßig eine personal- und ressourcenintensive Pressearbeit, organisieren Autorenkontakte und stellen den Medien frühzeitig Informationen und kostenlose Rezensionsexemplare zur Verfügung. Print-, Online- und gesendete Medien und die für sie arbeitenden angestellten und freien Journalisten rezensieren und berichten über Autoren und ihre Veröffentlichungen. Dieses Zusammenwirken von Buchverlagen, Medien und Journalisten erfolgt auch im Bewusstsein der gegenseitigen Werbewirkung. […] Die auf Anforderung erfolgende Überlassung von Rezensionsexemplaren erfolgt ausschließlich zum Zweck der Besprechung der Bücher. Ein Weiterverkauf ist nicht zulässig. Vom Verlag vorgegebene Sperrfristen für die Veröffentlichung der Rezension werden beachtet.
Interessant finde ich dabei folgenden Satz: „Dieses Zusammenwirken von Buchverlagen, Medien und Journalisten erfolgt auch im Bewusstsein der gegenseitigen Werbewirkung.“ Solange es keine inhaltlichen Vorgaben für die Rezension gibt würde ich trotzdem immer noch sagen, dass es sich bei einer Rezension nicht um Werbung, sondern um eine journalistische Darstellungsform handelt.
Nun betreten wir dieses Neuland (aka Internet) und dadurch wird es wie im ersten Absatz beschrieben seltsam und kompliziert. Die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten hat einen Leitfaden zur Werbekennzeichnung bei Social-Media-Angeboten veröffentlicht, siehe
https://www.die-medienanstalten.de/them ... eaufsicht/. Darin steht unter anderem:
Die Erwähnung oder Darstellung von Produkten, Marken, Dienstleistungen, Unternehmen, Regionen, Events, Reisen usw. aufgrund einer Vereinbarung / Kooperation ist immer Werbung. Dabei ist es unerheblich, ob die Erwähnung oder Darstellung gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erfolgt. Eine Gegenleistung (geldwerter Vorteil) besteht beispielsweise auch in der Übernahme von Reisekosten oder bei Einladungen zu Events.
Videos, Bilder oder Beiträge, auf die das zutrifft, müssten demnach als „Werbung“ gekennzeichnet werden. Ob die Überlassung eines Rezensionsexemplar ein geldwerter Vorteil ist, weiß ich nicht. Falls ja, müssten eigentlich auch alle Printrezensionen von Büchern, Spielen oder Filmen, bei denen die Redakteure kostenlose Rezensionsexemplare erhalten haben, als „Werbung“ gekennzeichnet werden. Da dies jedoch nicht der Falls ist, gibt es zwei Möglichkeiten. Erstens: Kostenlose Rezensionsexemplare sind kein geldwerter Vorteil. Rezensionen sind demnach eine journalistische Darstellungsform und müssen nicht als Werbung gekennzeichnet werden. Oder die zweite Möglichkeit: Bei Print- und Onlinemedien wird mit zweierlei Maß gemessen.
Die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten schreibt weiter:
Auch bei Hashtags, die Firmennamen enthalten, oder Bild-Tags zu Marken-Accounts, sofern diese tatsächlich als redaktionelle Hinweise integriert werden, wird keine Notwendigkeit einer Werbekennzeichnung gesehen. Gleiches gilt für das Markieren von Freunden oder die Sichtbarkeit von Marken.
Das steht im Gegensatz zum „Vreni Frost“-Urteil. Sie verlor bekanntlich in erster Instanz vor dem Landgericht Berlin und sollte demnach alle Instagram-Posts als Werbung kennzeichnen, in denen sie Marken oder andere Accounts verlinkt. Sie ging in Revision und erzielte einen Teilerfolg. Demnach fallen Bild-Tags auf Instagram-Posts bei selbst erworbenen Produkten nicht unter die werberechtliche Kennzeichnungspflicht, wenn keine Werbeabsicht besteht. Auch die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten begrüßte das Urteil, siehe
https://www.medienanstalt-nrw.de/aktuel ... frost.html. Was das Urteil für kostenlose Rezensionsexemplare bedeutet, weiß nicht nicht.