Beitragvon Günter Cornett » 27. September 2005, 15:09
Matthias Staber schrieb:
>
> >Gerade der Bezug zur Landung kann ein kriegsverherrlichendes
> Element sein.
> Man zieht ja immer für 'das Gute' in den Krieg. Genau das
> geschieht auch in diesem Spiel.<
>
> Das scheint mir ein Grundproblem einiger Teile der deutschen
> Linken (unter deren pädagogischer Federführung ich in den
> 80ern sozialisiert wurde) zu sein, das hier zutage tritt:
nun, vielelicht liegt das Problem mehr in deiner Sozialisierung?
> Jede differenzierte Sichtweise auf kriegerische Ereignisse
> wird sogleich mit der Vokabel "kriegsverherrlichend"
> zugekleistert. Ein Interesse an militärhistorischen
Nein. Ich habe nicht eine differenzierte sondern eine positive Sichtweise als kriegsverherrlichend bezeichnet, durchaus aber Verständnis für die Haltung geäußert.
> Zusammenhängen ist grundsätzlich suspekt (Eine Einstellung,
Nein, auch dieser Irrtum scheint mehr mit deiner Sozialisation als mit meinen Worten zu tun zu haben.
> die verheerende Folgen für die deutsche
> Geschichtswissenschaft hatte und hat). Einerseits erkennt man
> an, dass es richtig war, Deutschland militärisch
> niederzuwerfen, andererseits findet man als linker Pazifist
> Krieg grundsätzlich verwerflich. Ich will das nicht
> lächerlich machen, möchte nur anmerken, dass es hier
> womöglich Widersprüche geben könnte.
Ja, mit diesem Widerspruch muss man leben.
Er bezieht sich jedoch nicht nur auf die US-Armee sondern auch auf die Rote Armee. Davor scheinst du die Augen zu verschließen.
> Und: Man zieht in den diskutierten Spielen ja eben nicht
> immer "für das Gute in den Krieg", denn einer muss ja
> schließlich Sauron, Verzeihung, die Deutschen, spielen, damit
> die Sache funktioniert. Also kann in dieser Hinsicht von
> eindeutig kriegsverherrlichend nicht die Rede sein.
'immer für das Gute' bezieht sich zunächst einmal auf den Krieg selbst.
Ich wüsste nicht, dass irgendeine militärische Führung mal gesagt hat: Lasst uns in den Krieg ziehen, um Böses zu tun.
Bei Memoir44 spielen die Bösen notgedrungen mit, das Spiel nimmt aber - schon durch den Titel - die Position der USA ein. Oder soll es sich um ein Spiel handeln, dass der deutschen Niederlage gedenkt? Wohl kaum. Das Spiel nimmt für eine Seite Partei.
> >Du verdankst dein Leben in Freiheit übrigens genauso der
> Roten Armee. Wie würdest du über ein Spiel denken, das der
> 'Berlin befreienden heroischen Roten Armee' gedenkt?<
>
> Ich würde ein Leben unter stalinistischer Diktatur nicht als
> ein Leben in Freiheit bezeichnen wollen. Die Freiheit, die
Die US-amerikanische Rassentrennung ist mit 'Leben in Freiheit' auch nicht gerade treffend beschrieben. Als Weißen muss einen das ja nicht stören, wenn man nur darauf schaut, wie es einem selbst geht. Aber dann kann ich ja auch der Roten Armee dankbar sein. Sie hat zwar nicht die freiheit in Ostdeutschland, wohl aber die in Westdeutschland mitermöglicht. Sie hat dabei größere Verluste gehabt als die US-Armee, die sehr spät in den Krieg eingetreten ist.
> ich meine, verdanke ich mit Sicherheit nicht der Roten Armee.
Ohne die Rote Armee hätten die Achsenmächte wohl den Krieg gewonnen..
> Und übrigens werden die Erweiterungen für Memoir 44 die Rote
> Armee enthalten - ich habe kein Problem damit und werds mir
> wohl zulegen, auch wenn das Spiel ein bisserl arg glückslastig ist.
>
> >Es gab IMHO drei Blöcke, die um die Vorherrschaft in der
> Welt kämpften. Die totalitäre SU und die rassistische USA
> kämpften im Namen der Gleichheit bzw. der Demokratie gegen
> das offen menschverachtende Dritte Reich. Lange Zeit war aber
> gar nicht klar gewesen, wer sich da mit wem gegen wen
> verbündete. Die USA hat sich da ziemlich spät entschieden. So
> sehr ich die Niederlage des Dritten Reiches begrüße, es ging
> der USA bei diesem Krieg nicht in erster Linie, darum die
> Menschen aus den KZs zu befreien sondern sie wollten ihre
> Macht ausdehnen. Das wird durch ein solches Spiel verklärt.
> Da gibt es für mich nichts zu ehren. Natürlich ist das
> immernoch besser, als wenn die andere Seite geehrt würde.
> Aber Krieg und Ehre - das passt nicht zusammen, das ist
> Verklärung.<
>
> Das ist natürlich der klassisch linke Pazifismus, den du hier
> vertrittst, kann man vertreten, nichts dagegen, erinnert mich
ok
> an meine Schulzeit, als Lehrer weinten, weil ihre Schüler
tja, eine harte Kindheit kann Schäden hinterlassen ;-)
> Spaß beiseite: Ich respektiere deinen Standpunkt, finde es
> aber ein bisschen scharf, allen, die es ein bisserl anders
> sehen, gleich Kriegsverherrlichung vorzuwerfen.
Tu ich das? Ich finde das Kriegsspiele, auch Memoir44, durchaus ihre Berechtigung haben. Über letzteres lässt sich sicher prima diskutieren.
Aber man sollte um die Wirkung wissen. Wenn in einem Kriegsspiel eine Seite als positiv dargestellt wird, dann wird eben dieser spezielle Krieg verherrlichend. Das ist etwas anderes, als wenn es sich um ein neutrales Kriegsspiel handelt. Dann wird eben Krieg gespielt. Ob eine Verherrlichung stattfindet ist dann mehr eine Frage des Designs - sieht man mal davon ab, dass beim Kriegsspiel das Leiden ausgeblendet wird. Aber wollte man das zensieren, zensiert man einen Teil der Realität und man kann fast jedes Thema zensieren.
Wie gesagt, ob ein Spiel kriegsverherrlichend ist, hängt viel stärker von den Spielern ab als bsp. bei Filmen oder Büchern. Das Brettspiel Wings of War ist ein schönes Beispiel: ein Kriegsspiel, ein schöner Spielmechanismus, thematisch sehr gut umgesetzt, macht Spaß. Jedoch wenn ich mir vorstelle, solch ein Spiel in rechten Jugendclubs ... - da sträuben sich mir die Nackenhaare.
Mit manchen Widersprüchen muss man eben leben.
Gruß, Günter