Beitragvon ThomAs » 28. Dezember 2006, 01:08
Jingo schrieb:
> Gib mir irgendein Spiel und ich spiele es so, daß es kaputt
> geht. Dies ist keine Frage, ob der Autor ein Spiel so
> 'abgesichert' hat, daß es nicht entgegen seinen Intentionen
> gespielt wird, sondern ob im Sinne des Spielziels
> zielgerichtet gespielt wird.
Natürlich kann man fast alle Spiele irgendwie absichtlich kaputt spielen. Es geht doch aber eher um die Frage, ob jemand, der im Sinne des Spielziels zu spielen versucht, die zum Spiel und Thema gehörige Intention mehr oder weniger zwangsläufig kaputt machen muss.
Nehmen wir als Beispiel folgendes diskretes Quiz-Duell: Zwei Spieler bekommen gleichzeitig eine einzige Frage gestellt. Wer als erstes eine Antwort gibt, entscheidet damit das Spiel. Ist seine Antwort richtig, gewinnt er selber; ist seine Antwort falsch, gewinnt der Mitspieler. Weitere Spielregeln gibt es nicht. Das Nutzen von Hilfsmitteln (Bücher, Lexika, Internet, etc.) ist natürlich untersagt.
Lassen wir jetzt zwei Spielbox-Forum-Teilnehmer gegeneinander antreten (natürlich live, nicht per Forum) und stellen ihnen die Frage, wer ist Autor des Spiels "Zug um Zug"? Dann werden wir wahrscheinlich kurz nach dem Vorlesen der Frage eine Antwort hören und können das Spiel entscheiden.
Jetzt ändern wir einfach mal die Frage, z.B.: "Wen spricht man offiziell mit 'Eure Spektabilität' an?" und unterstellen mal, dass beide Spieler die richtige Antwort nicht kennen. Wie sollen die beiden Spieler jetzt reagieren? Wenn ein Spieler weiss, dass er die Antwort nicht weiss, kann er entweder dadurch gewinnen, dass der Mitspieler eine falsche Antwort nennt oder er per Zufall die richtige Antwort rät. Da beide Spieler die Antwort nicht kennen und auch keine Ahnung haben, was sie raten sollen, können sie nur dadurch gewinnen, dass der andere eine falsche Antwort gibt. Wenn man also das Spielziel (zu gewinnen) verfolgt, muss man warten, bis der Mitspieler eine hoffentlich falsche Antwort nennt. Wenn das beide Spieler machen, ist das Spiel blockiert. Ist das jetzt die Schuld der Spieler? Oder trägt nicht vielmehr der Rahmen der Spielregeln dazu bei, dass sich die Spieler, wenn sie nicht verlieren wollen, so verhalten müssen, dass das Spiel "kaputt" geht?
Das Beispiel mit dem Quiz mag vielleicht etwas abstrakt sein, und die Probleme treten bei vielen anderen Spielen nicht so deutlich zu Tage, aber ich hoffe, dass dadurch klar wird, dass es ein Unterschied ist, ob ich versuche, meine Spielaktionen auf die Siegbedingung hin zu optimieren und dadurch in eine "kaputte" Situation komme oder ob ich einfach absichtlich destruktiv spiele, ohne mich um die Siegbedingung zu scheren.
Und um ein anderes, konkreteres Beispiel zu geben: Bei der ersten Ausgabe von "Zug um Zug" kann man gewinnen, ohne irgendeine Auftragskarte erfüllt zu haben, indem man einfach möglichst viele lange Verbindungen baut, die nicht mal zusammen hängen müssen. Ich will hier nicht diskutieren, ob und in wie weit diese Strategie wirklich aufgeht (das wurde hier in der Vergangenheit schon ausführlich). Sofern sie jedenfalls wesentlich erfolgsversprechender ist, müsste man, um das Spielziel zu erreichen, diese Strategie anwenden und sich damit vom Thema und der Spielidee entfernen. Und dies sollte man meines Erachtens nicht den Spielern anlasten.
Natürlich hast du recht, dass man ein Spiel nicht gegen jede Unabwägbarkeit absichern und dem Spieler bei seinen Aktionen an die Hand nehmen muss. Und ich begrüße es auch, wenn Spiele mit möglichst wenigen, prägnanten Spielregeln auskommen und dem Spieler Freiräume lassen. Wenn aber alle möglichen Aktionen für einen Spieler schlechtere Auswirkungen (in Bezug auf die Siegbedingung) hat als für seine Mitspieler (und dies in jeder Runde), dann ist er doch an sich am besten beraten, keine Aktion auszuführen, oder?