Beitragvon harald68 » 22. Juni 2010, 11:20
Subjektive Meinungen sind subjektive Meinungen und im Grunde will natürlich jeder seine eigene Meinung in einer Rezension wiederfinden.
Aber: Die Kritikpunkte in der aktuellen Spielbox-Rezension sind doch eigenwillig.
1.: Für den in der Erstauflage nicht passenden Kopfschmuck hat der Verlag Ersatz bereit gestellt, der sich zumindest großteils ohne Probleme auf die Statuen setzen (bzw. eigentlich drehen) lässt.
2.: Zwar kann man eine Bietphase mit verdeckten und nicht mehr verbesserbaren Anboten nicht mögen – der große Vorteil daran ist jedoch die schnelle Abwicklung!
(elendlanges, wechselseitiges Hinauflizitieren finde ich weitaus öder, wenn bei jedem neuen Gebot wieder nachgedacht wird, ob man sich das noch leisten kann).
Natürlich muss man sich hier vor seinem Gebot etwas überlegen.
Im Zweifel kann und wird man sich vom Bieten in einer Runde auch ganz entfernen, was aber keinen „Tempoverlust darstellt“ – entweder muss ohnehin noch eine eigene Statue aus der Vorrunde weitertransportiert werden, oder man hat eben mehr Arbeiter für den Transport der Mitspieler zur Verfügung – was wichtige Punkte bringt.
3.: Die Transportphase:
die Bewegung der Statuen ist nicht „schlecht zu beeinflussen“, sondern das Herzstück des Spiels mit einem bemerkenswerten und höchst interaktiven Spielmechanismus.
Entweder ich transportiere meine Statue alleine – diesfalls habe ich vollen Einfluss, dann geht es aber natürlich langsamer.
oder ich nutze die Arbeiter der Mitspieler – was diesen Siegpunkte bringt.
Zumeist bildet sich ohnehin (quasi wie von selbst) eine „Arbeiter-Hauptstraße“ in eine bestimmte Richtung, die von allen genutzt werden kann.
(Im Übrigen ändert sich die Spielerreihenfolge jede Runde).
4.: Die Schrifttafeln (für die „Aufwertung“ des Häuptlings zu einem Medizinmann) werden ebenfalls nicht „mühsam“ generiert, sondern erhält man diese auf sehr einfachem Weg – den man zumeist schon deswegen wählt, weil man dadurch sehen kann, wo die Mitspieler in der Zwischenzeit ihre Arbeiter einsetzen ( = eine Art „Passen“ ohne wirklich passen zu müssen).
5.: Die beiden Kurzkritiken „zäh“ sind offenbar in der eigenen Spielweise begründet, nicht im Spielmechanismus.
Ein höchst interaktiver Spielmechanismus kann grundsätzlich gar nicht „zäh“ sein; außer natürlich jeder versucht, bei jedem Zug alle Möglichkeiten aller Mitspieler durchzurechnen – was eine gänzlich sinn- und spaßfreie Spielweise darstellt (zumal die Mitspieler dann oft ohnehin etwas anderes tun und nicht den eigenen Überlegungen „gehorchen“).
6. Der Vorwurf „kooperatives Element greift nicht richtig“ ist ebenfalls vollkommen absurd – hier handelt es sich nämlich um einen pseudo-kooperativen Mechanismus (im positiven Sinn). Jeder verfolgt beim Transportieren der Statuen der Mitspieler in Wahrheit seine eigenen Interessen.
Was dabei nämlich offenbar übersehen wurde: die wirklich siegbringenden Punkte werden mit der Transporthilfe für die Mitspieler erzielt, das Aufstellen eigener Statuen bringt bloß die Basispunkte.
Und dieser nur scheinbar kooperative Mechanismus ist eben (neben der stimmigen und atmosphärisch dichten Umsetzung, der historisch korrekten Hintergrundgeschichte, der schönen Grafik und dem tollen, detailverliebten Spielmaterial) das Außergewöhnliche an Giants, das es von anderen Spielen gänzlich unterscheidet.
Insgesamt macht die Rezension eher den Eindruck, als hätten die Kritiker das Spiel nicht verstanden.
Was schade ist, denn Giants ist nicht bloß „das beste Spiel zum Thema Osterinsel“, sondern – jedenfalls für mich – eines der besten Spiele überhaupt, zumal es ein erfrischend neues und anderes Spielerlebnis bietet.