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[PEEP] Faces (Piatnik)

Kritiken und Rezensionen: Wie ist Spiel XY?
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Hartmut

[PEEP] Faces (Piatnik)

Beitragvon Hartmut » 3. Juni 2004, 21:35

Faces - von A. & S. Lawson für 3-6 Spieler, Verlag: Piatnik

die folgende Spielbeschreibung basiert auf der Erfahrung von drei Spielrunden beim Pfingstwochenende in Bilstein, wo sich das Spiel recht großer Beliebtheit erfreut hat. Da mir das Spiel jetzt, wo ich die Zeilen schreibe, nicht vorliegt, möge man mir kleinere Schnitzer in der Beschreibung verzeihen.

Soso, mal wieder ein Kommunikationsspiel. Bunte Kiste, viele Karten... Hund! Katze! Maus!!! Na gut, wollen wir mal kein Spielverderber sein, eine Runde ist okay. So jedenfalls ging ich total unvoreingenommen ;-) an "Faces" heran, konnte mich doch bis zum heutigen Tage nur "Nobody is perfect" für diese Gattung Spiel gewinnen. Umso erfreulicher das Ergebnis: nachhaltiger Spielspaß und ein Abbitte leistender Schreiber mit dem Vorsatz, ein PEEP zu "Faces" im Forum zu verfassen.

Was ist drin im Karton? Drei Stapel mit Bildern von Frauen, Männern und Tieren, ein Stapel Fragekarten, ein Plan zur Ablage von Karten mit einem Start-Ziel-Umlauf für Siegpunkte und Holzpöppeln in verschiedenen Farben, die es auf dieser "Kramer-Leiste" voranzutreiben gilt. Dazu noch für jeden Spieler ein Satz Abstimm-Karten mit Zahlen von 1 bis 6. Summa summarum ganz hübsch aber nicht aufregend oder sonderlich neu.

Die menschlichen Portraits sind - anders als bei den Vertretern aus dem Tierreich - keineswegs zeitlos. Im Gegenteil, die Bilder erinnern an lang vergangene Zeiten, als der Dargestellte für's Foto noch hinreichend lange stillsitzen durfte, damit das Bild auch nicht verwackelt. Und auch sonst begegnen uns solch vielfältige "Typen" im McDonalds-Zeitalter nur noch selten. Da mag allein der Anblick manches Antlitzes für Erheiterung sorgen. Nur gut, dass für die Betroffenen wohl allgemeines Persönlichkeitsrecht keine Anwendung mehr findet, denn was denen hier im Spiel so alles nachgesagt wird, ist selten angenehm.

Da liegen nun sechs der Männer-Konterfeis offen aus. Reihum darf jeder Spieler eine Frage einer gezogenen Karte vorlesen, die vermeintliche Eigenschaften - oft peinlicher Natur - dieser Menschen hinterfragt. "Wer... " fängt jede dieser Fragen an, die dann enden wie z.B. "...hat Schweißfüße?" oder "...liegt gerne faul im Schatten?" oder "...raucht Zigarren?". Jeder Spieler stimmt nun geheim per Karte ab, wem er diese Eigenschaft vorrangig andichtet, danach werden diese Karten offengelegt. Für Übereinstimmungen mit dem Fragesteller bekommen beide einen Punkt auf der Zählleiste. Der Fragesteller kann also mehr als die anderen Punkten, aber in dieser Rolle kommt jeder mal dran. Das von ihm getippte Bild wird vor der nächsten Frage mit einem neuen Bild vom passenden Kartenstapel ausgetauscht.

Hat jeder eine solche Frage abgewickelt, sind die Frauenportraits dran, in einer dritten Runde die Tiere. Tiere? "Wer... hat Millionen auf der Bank?" Hmmm, der Pudel vielleicht? Oder doch das Nashorn? Wer allzu rational an die Sache rangeht, wird nicht nur scheitern sondern vor allem sehr viel weniger Spaß haben. Da heißt es mehr, den Instinkten folgen und fabulieren. "Wer... riecht nach Knoblauch?" Strike! Mit dieser Frage habe ich in der Tierrunde gepunktet. Wie? Nun, ich hatte auf das lieb über den Zaun blinzelnde Babe-Schweinchen getippt, und da hatten wohl auch noch andere Gyros & Co. im Sinn.

Die vierte Fragerunde läuft nach einem anderen Modus. Jeder bekommt je zwei Frauen-, Männer- und Tierkarten auf die Hand, das Spielfeld wird leergeräumt. Nachdem der Fragesteller seine Frage wie üblich vorliest, dreht er sich um oder verschließt die Augen. Alle anderen Mitspieler legen eine ihrer Karten auf ein beliebiges der sechs durchnummerierten Felder auf den Plan und lassen anschließend den Fragesteller eine bestmöglichst geeignete Karte auswählen. Der Besitzer der Karte erhält drei Punkte, anschließend ziehen alle entsprechende Karten nach.

Diese Mix-Runde hat ihren eigenen Reiz. "Wer... hat Läuse?" heißt die Frage meines Nachbarn. Jau, da kommen auch schon die Karten mit den Kötern auf den Tisch. Ich ziehe es jedoch vor, die Dame mit den dramatisch toupierten Haaren ins Rennen zu schicken, die - Aufwachen! - vom Fragesteller prompt gekürt wird. Strike!

Die Gaudi hat aber tiefere Wurzeln, als es dieses so sich bis zum Zielfeld wiederholende Regelwerk erahnen lässt. Da ist dieser kurze aber wichtige Moment, wo die Frage gestellt ist, die Bilder bekannt sind, aber die Abstimmkärtchen noch nicht gewählt oder offengelegt sind. Klar, dass man jetzt nicht blöd ruft "Komm, diesmal nehmen wir alle die 3" - wir wollen ja Spaß haben. Aber schweigen ist auch nicht angesagt: "Na, das ist ja wohl klar." - "Da gibt's doch nur einen..." - "Wer Schweißfüße hat? Frag' lieber, wer keine hat." Und dann kommt das große Erwachen, wenn die anderen (man, wie doof sind die eigentlich?) sich völlig unverständlich für die falsche Karte entschieden haben. "Die soll immer fröhlich sein? Mit DEN Falten im Gesicht?" Und wo eben alles so klar schien, decken alle Spieler unterschiedliche Zahlen auf. Nur gut, dass die Mix-Runde immer Punkte abwirft, sonst könnte im Extremfall das Ziel nie erreicht werden.

Nein, es ist wirklich nicht nötig, hier noch mehr Beispiele zu bringen. Ihr solltet gemerkt haben, für wen das Spiel sich eignet und für wen nicht. Ich für meinen Teil habe neben "Nobody is perfect" nun (bald - beim nächsten Einkauf ist's fällig) noch ein schönes Einschätz-und-Abstimm-Spiel, bei dem man anders als beim Vergleichskandidaten nicht durch besondere Wortgewandtheit oder Phantasie begünstigt wird, denn aus Gesichtern lesen können wir doch alle, oder?

Abschließend noch ein dickes Kompliment an den Verlag Piatnik. Material und Bildauswahl sind solide und reichhaltig genug, während sich der Preis im Vergleich zu anderen Kommunikationsspielen mit Verweis auf den redaktionellen Aufwand gerne in höheren Sphären bewegt, seit einst Parker mit einem überdimensionalen After-Eight-Karton die Geldbörsen der Kundschaft erfolgreich zu melken verstand. Bei "Faces" stehen Preis und Leistung allemal in einem sehr guten Verhältnis.

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