Beitragvon Martin M. » 18. Oktober 2005, 09:44
Ich habe in Essen Railroad Tycoon: The Boardgame gespielt und war hellauf begeistert. Ich war im vorhinein skeptisch, weil die Regeln sich sehr ähnlich zu Age of Steam lasen, doch nach ein paar Runden gefällt mir RRT sogar besser als AoS.
Die wesentlichen Unterschiede:
- Am Offensichtlichsten natürlich die Ausstattung: Ein riesiges Brett in der üblichen Eagle Games-Qualität, dazu jede Menge Plastikminiaturen und "richtiges" Geld sowie Aktienscheine. Auf dem Brett gibt es deutlich mehr Platz zum Bauen als bei AoS und auch wesentlich mehr Städte
- Sonderkarten: Es liegen immer Karten aus mit Sonderzielen aus, die man erfüllen kann (z.B. als Erster eine bestimmte Stadt beliefern, als Erster die Lok auf Level 4 erweitern etc.). Als Belohnung darf man seinen Einkommensmarker (der gleich ist wie bei AoS) nach vorne schieben. Diese Karten bringen zum einen Stimmung aus dem Computerspiel rüber, zum anderen bieten sie damit mehr Möglichkeiten, Punkte und Geld zu machen als nur durch Transport.
- Aufbau der Runden: Während eine Runde in AoS in Phasen untergliedert war (erst bauen alle Gleise, dann transportieren alle etc.), hat in RRT jeder drei Aktionen und kann damit machen, was er will - bauen, transportieren, die Lok erweitern etc. Dieser Unterschied sieht auf den ersten Blick gering aus, hat aber weitreichende Auswirkungen aufs Spiel: Der Druck, die Lok so weit wie möglich auszubauen und die beiden Transportzüge in der Runde mit möglichst weiten Strecken zu optimieren, entfällt, und man kann sich jetzt genauso gut relativ kurze Strecken sichern und erst einmal ein paar Runden lang Güter hin- und hertransportieren. Man hat dadurch mehr Möglichkeiten und unterschiedliche Wege zum Sieg.
- Startspieler: In RRT gibt es lediglich jede Runde eine Auktion, in der der Startspieler ermittelt wird. Die Rollen aus AoS entfallen. Diese Maßnahme vereinfacht das Spiel erheblich und macht es einfacher erlernbar. In AoS fand ich es die größte Einstiegshürde zu lernen, wozu die Rollen gut sind.
- Finanzen: Das Geld ist bei RRT genauso knapp wie bei AoS. Zwei wesentliche Unterschiede sind, daß man zum einen bei RRT jederzeit Aktien ausgeben kann, wenn man gerade Geld braucht. Das verhindert, daß ein Spieler bankrott gehen kann (sehr lästig bei AoS), und das Spiel verzeiht Fehler leichter, wenn man am Anfang der Runde zu wenig Aktien ausgegeben hat. Ein weiterer wesentlicher Unterschied ist, daß der Ausbau der Loks Geld kostet, und zwar nicht zu knapp. Dafür kosten die Loks aber keinen Unterhalt mehr. Die einzigen Fixkosten entstehen bei RRT durch die ausgegebenen Aktien.
Mein Fazit: Railroad Tycoon ist ein hervorragendes Spiel, wo alles stimmt: Ein spannendes Spielprinzip mit einer Top-Ausstattung. Wem die bisherigen Spiele von Eagle Games bisher zu wenig ausgereift waren oder Spiele von Martin Wallace zu schlecht ausgestattet, der hat hier das richtige gefunden. Dies ist auch für mich das erste Spiel von Eagle, das mich komplett überzeugt und wohl öfter auf den Tisch kommen wird. Dank der Verschlankung der Mechanismen ist es zudem auch leichter zu lernen.
Bleibt nur zu hoffen, daß Eagle auch in Zukunft Spiele von Top-Autoren entwerfen läßt.