Anzeige

[PEEP] Die Säulen von Venedig (Goldsieber)

Kritiken und Rezensionen: Wie ist Spiel XY?
Benutzeravatar
Ralf Altmann

[PEEP] Die Säulen von Venedig (Goldsieber)

Beitragvon Ralf Altmann » 9. Januar 2007, 13:57

Nachdem ich „Die Säulen von Venedig" von Christian Fiore und Knut Happel, erschienen beim Goldsieber Verlag, in Essen das erste Mal probespielen konnte und es mir gleich gekauft habe, möchte ich nun mein PEEP über „Die Säulen von Venedig" vorstellen:



Allererster Eindruck

Was beim Öffnen der schön gestalteten Schachtel zuerst auffällt, ist die reichhaltige Ausstattung mit sehr viel Holzmaterial. Im Spiel enthalten sind:

- ein Spielplan, der die in Felder unterteilte Lagune von Venedig und eine Siegpunktleiste zeigt

- 60 Pfähle (= dicke beige Zylinder aus Holz), auf denen Venedig erbaut wird

- 48 Stadtteile (= Stanzpappeteile) mit kleinen Gebäuden oder leeren Plätzen

- 54 Pfahlmarker (= Holzzylinder) in den Spielerfarben

- 30 Aktionskarten mit Venezianern und 1 Startspielerkarte

- eine Gondel aus Holz

Die Spielanleitung im Format DINA4 besteht aus 4 Seiten, wobei die 1. Seite lediglich die Titelgrafik zeigt und auch die 4. Seite zur Hälfte aus Danksagungen besteht. Somit ist die eigentliche Spielanleitung bemerkenswerterweise nur 2 ½ Seiten lang.



Spielaufbau

Die Pfähle werden zunächst neben den Spielplan gestellt.

Die Karten werden der Mitspielerzahl angepasst: Bestimmte Aktionskarten werden je nach einer auf den Karten rechts unten angegebenen Zahl abhängig von der Spielerzahl aussortiert. Die restlichen Aktionskarten werden gemischt und jedem Spieler 5 Aktionskarten als Handkarten ausgeteilt, außerdem erhält der Startspieler eine spezielle Startspielerkarte.

Jeder Spieler erhält die 9 Pfahlmarker seiner Farbe und stellt 1 davon auf das Startfeld der Siegpunktleiste. Die Gondel wird irgendwo auf den Canale Grande gestellt. Alle Stadtteile werden in Stapeln sortiert und auf dafür vorgesehenen Vorratsfeldern auf dem Spielplan abgelegt. Jeder Spieler erhält 2 vorgegebene Stadtteile als eigenen Vorrat.



Spielablauf

Von den Aktionskarten, die jeder Spieler in der Hand hält, spielen alle Spieler immer eine Karte aus, welche zunächst verdeckt abgelegt und dann gemeinsam aufgedeckt wird. Beginnend mit dem Startspieler spielt dann jeder seine Aktionskarte aus. Anschließend werden alle ausgespielten Karten an den linken Nachbarn weitergegeben. Der Startspieler darf vor dem Beginn der Runde bei einem beliebigen Mitspieler blind eine Karte ziehen und gegen eine aus seiner Hand austauschen. Werden bestimmte Aktionskarten ausgespielt, wechselt auch der Startspieler.

Grundsätzlich geht es bei „Die Säulen von Venedig" darum, zunächst Pfähle auf den Spielplan zu stellen und mit Pfahlmarkern der eigenen Farbe zu markieren. Auf diese Pfähle können sodann Stadtteile gebaut werden, was Siegpunkte einbringt. Siegpunkte erhalten aber auch die Spieler, deren Pfahlmarker überbaut werden. Dies kann ordentlich Punkte einbringen, oft mehr als das Bauen kleinerer Stadtteile. Es gibt aber noch weitere Möglichkeiten, Punkte zu erzielen, die ich noch beschreiben werde.

Das Spiel endet sofort, wenn alle 60 Pfähle auf dem Spielplan gestellt wurden. Der Spieler mit den meisten Siegpunkten hat dann gewonnen.



Die einzelnen „Venezianer"

Der Ratsherr
Mit dieser Karte kann man sich neue Stadtteile vom allgemeinen Vorrat nehmen und zu seinem eigenen Vorrat legen.

Auf den Stadtteilen ist jeweils eine Anzahl von Steinen (2 bis 4) angegeben, was deren Kosten darstellt. Mit einem Ratsherren darf ich Stadtteile mit (je nach Karte) 4 bis 6 Steinen nehmen, also auch mehrere kleinere Stadtteile.


Der Pechtunker
Wenn ich diese Karten ausspiele, kann ich so viele Pfähle vom allgemeinen Vorrat auf den Spielplan setzen, wie auf der Karte angegeben (4 oder 5). Die Pfähle dürfen nicht wild auf dem Spielplan verteilt werden, sondern müssen sich untereinander berühren und mindestens einer der Pfähle muss an den Canale Grande oder einen schon stehenden Pfahl gesetzt werden.

Auf die Pfähle darf ich eine auf der Karte angegebene Anzahl von Pfahlmarkern (2 oder 3) meiner Farbe setzen, was mir 3 Punkte pro Pfahlmarker einbringt, wenn ein anderer Spieler (nicht ich selbst) auf den Pfahl mit diesem Pfahlmarker ein Stadtteil baut. Die Pfahlmarker müssen nicht auf einen gerade gesetzten Pfahl gelegt werden, sondern auch auf einen schon vorher gesetzten Pfahl, so dass ich manchmal einen Pechtunker spiele, um mich an lukrative „Baustellen" dranzuhängen.


Der Baumeister
Wer die Aktionskarte Baumeister ausspielt, darf so viele Stadtteile von seinem Vorrat auf Pfähle setzen, wie die Anzahl an Steinen auf der Karten angibt. Dies funktioniert ebenso wie beim Ratsherren.

Allerdings erhalten durch das Bauen auch die Spieler, deren Pfahlmarker ich überbaue, Siegpunkte. Und das teilweise so reichlich, dass es mir die Lust am Bauen nehmen kann. Allerdings kann ich beim Bauen zusätzliche Punkte erzielen, indem ich passende Stadtteile aneinanderbaue. Auf den Stadtteilen sind Gebäude und Plätze abgebildet. Für jeden Platz, den man an einen Platz baut, gibt es einen Siegpunkt, ebenso bei Gebäuden.


Der Gondoliere
Wenn ich den Gondoliere spiele, darf ich einen meiner Pfahlmarker auf die Gondel auf dem Canale Grande setzen. Dies bringt zwar direkt nichts, aber jedes Mal wenn danach irgendein Spieler ein Stadtteil an den Canale Grande baut, erhält der Spieler auf der Gondel für jedes Stadtteil 2 Siegpunkte. Spielt ein anderer Spieler den Gondoliere, setzt dieser sich statt mir auf die Gondel.


Der Spion
Mit dem Spion darf ich mir die Handkarten eines Mitspielers anschauen und eine davon direkt selbst ausführen. Der Mitspieler erhält dafür den Spion.


Der Advokat
Der Advokat funktioniert im Prinzip wie der Baumeister, aber man kann damit nur sehr kleine Stadtteile bauen. Allerdings bekommen gemeinerweise die Spieler, deren Pfahlmarker man mit dem Advokaten überbaut, keine Siegpunkte für ihre Pfahlmarker.


Der Saboteur
Wer den Saboteur ausspielt, darf einen schon gebauten Stadtteil wieder entfernen und zum allgemeinen Vorrat zurücklegen. Auf die freigewordenen Pfähle dürfen eigene Pfahlmarker gelegt werden.


Der Bettler
Mit dem Bettler kann ich eine von einem Mitspieler ausgespielte Aktionskarte kopieren und dessen Aktion auch ausführen.


Der Spekulant, Der Erfinder, Der Händler
Diese Karten sind etwas für Zocker, da ich einzuschätzen versuche, ob einer der anderen Spieler in dieser Runde einen Baumeister (Spekulant), Pechtunker (Erfinder) oder Ratsherren (Händler) ausspielen wird. Liege ich richtig, erhalte ich 6 Siegpunkte, falls nicht, gehe ich leer aus.



Mein Eindruck

„Die Säulen von Venedig" zeichnet sich durch seine schöne Gestaltung und den leicht erlernbaren Spielablauf aus. Schon nach 5 Minuten des ersten Probespiels waren unserer Spielrunde die wesentlichen Spielabläufe vertraut, was uns einen lockeren „Drauflosspiel"- Eindruck vermittelte, der uns einerseits bei dem klassischen Thema etwas überraschte, aber sehr gut gefiel.

Und doch mussten wir immer wieder interessante und teilweise knifflige Entscheidungen treffen. Auch die gleichartigen Karten unterscheiden sich alle etwas, so dass es zum Beispiel einen großen Unterscheid macht, ob ich einen Baumeister mit 4 oder mit 6 Steinen ausspiele. Allein der Umstand, dass ich meine ausgespielte Karte weitergeben muss, ist manchmal echt misslich. Denn das Ausspielen einer tollen Karte bedeutet, dass mein Nachbar diese Karte in der nächsten Runde besitzt.

Außerdem überlegt man ständig, ob man eher kleinere Stadtteile baut, da dies leichter möglich ist und man so schneller zu Punkten kommt. Auch muss man so weniger „fremde" Pfähle benutzen und schenkt den anderen Spielern weniger Punkte für das Überbauen ihrer Pfahlmarker. Oder man versucht, große Stadtteile zu errichten, da diese viele Punkte einbringen und außerdem mehr Kanten haben, mit denen man durch passendes Anbauen zusätzliche Punkte erzielen kann. Besonders punkteträchtig sind Brücken, diese sind aber schwer zu bauen, da ihr mittleres Feld nicht über einem Pfahl gebaut werden darf.

Auch der Gondoliere ist eine interessante Karte. Wer es schafft, sich länger auf der Gondel zu halten, kann dabei ordentlich Punkte einsammeln. Ich hatte irgendwie immer das Pech, dass keiner baute, wenn ich auf der Gondel saß, oder ich immer gleich wieder runtergeschmissen wurde L

Besonders achten sollte man auf die Spielerreihenfolge: Wenn ich Letzter der Runde bin und viele freie Pfähle zum Bauen einladen, sollte ich bedenken, dass die anderen Spieler dies wahrscheinlich auch erkennen. Wenn ich den 4. Baumeister der Runde ausspiele, kann es sein, dass keine Pfähle zum Bebauen mehr übrig sein könnten.

Auch die Karten Spekulant, Erfinder und Händler sorgten immer wieder für Heiterkeit: Entweder bei dem Spieler, der richtig auf die ausgespielten Karten der anderen spekuliert hatte, oder bei den anderen Spielern, wenn er sich verzockt hatte.

In der ersten Partie hat uns das Spielende etwas überrascht. Aber schon im nächsten Spiel hatten wir das gut im Griff, weil jeder das herannahende Spielende gut erkennbar kann, da man sieht wie viele Pfähle noch übrig sind. Der Führende wird natürlich versuchen, die verbliebenen Pfähle zu setzen, um so das Spielende herbeizuführen, während die anderen Spieler punkten wollen, ohne neue Pfähle auf den Spielplan zu setzen. Mit den Karten Saboteur, Advokat, Spekulant oder Händler lässt sich dies auch gut machen.

Das Glück spielt bei „Die Säulen von Venedig" nur eine untergeordnete Rolle, etwa in Gestalt der bei Spielbeginn verteilten Aktionskarten, deren zufällige Verteilung sich aber auch nach wenigen Runden mit an den Nachbarn weitergegebenen Aktionskarten relativiert.

Zwar kann man kaum mehrere Züge im Voraus planen, da man nicht genau weiß, welche Karten die anderen Spieler ausspielen werden. Aber ich persönlich sehe hierin keinen Nachteil, sondern die Aufgabe, aus der jeweiligen Spielsituation das jeweils Beste zu machen.



Fazit

Außer völligen Spielemuffeln wird man aufgrund der ungewöhnlichen Optik des Spiels sicherlich die meisten Menschen zu einer Partie „Die Säulen von Venedig" begeistern können. Durch das überschaubare Regelmaß sowie eine nicht übertriebene, aber solide Spieltiefe – die sich durch einige Partien erst wirklich offenbart – hatten sowohl die Gelegenheitsspieler als auch unsere Stammbesetzung jedes Mal viel Spaß.

Wir spielen es jedenfalls immer wieder gerne, da jedes Spiel einen eigenständigen und zuweilen doch sehr unterschiedlichen Verlauf nimmt, der stark mit den beteiligten Spielern zusammenhängt. So macht man in der einen Partie seine Punkte mit eisigem Kalkül und in der anderen profitieren die geschickten Diplomaten, die mit Interaktion und Handeln ihre Punkt ergattern.

Wir haben selten ein Spiel gehabt, bei dem sich das „Spielgefühl" so mit der Anzahl der Spieler änderte. Die Spanne reicht hier von taktischem 2er- Spiel, bei dem sich nichts geschenkt wird, bis zur lockeren Abendunterhaltung für 6 Spieler mit vielen Verhandlungen und Kompromissen. Auf jeden Fall kann ich sagen, dass uns das Spiel mehr als einmal überrascht hat – und das sehr positiv.



Ralf Altmann
9. Januar 2007

Benutzeravatar
Tom

Re: [PEEP] Die Säulen von Venedig (Goldsieber)

Beitragvon Tom » 9. Januar 2007, 14:13

Hallo Ralf,

danke für den schönen PEEP.
Ich hoffe das Spiel auch einmal mit mehr als drei Spielern spielen zu können - gerade das Spiel zu sechst kann ich mir noch nicht so gut vorstellen.

Ergänzend möchte ich noch erwähnen, dass in meinen Partien der Einstieg durch die Aktionskarten und deren Möglichkeiten nicht ganz so einfach war. Es musst immer einmal wieder nachgefragt werden, was die einzelne Karte genau bedeutet und wie man sie einsetzen kann.
Das hatte zur Folge, dass wir eigentlich erst nach der ersten Partie so richtig wussten wie und wann man die Karten richtig einsetzt.

Das tut dem Spielplan aber keinen Abbruch und durch die kurze Spieldauer ist man gerne bereit eine zweite (oder dritte) Partie zu spielen.

Alles in allem ein Spiel das mich positiv übberascht hat und immer wieder auf unserem Spieletisch landet.

Gruß

Tom

Benutzeravatar
Simon-spielbox
Kennerspieler
Beiträge: 589

Re: [PEEP] Die Säulen von Venedig (Goldsieber)

Beitragvon Simon-spielbox » 10. Januar 2007, 02:22

Tu dir das am besten nicht an - sehr chaotisch und meiner Meinung nach viel zu viele Sonderkarten im Spiel. Die Säulen von Venedig kam bei uns in der 6er-Besetzung absolut nicht an. Insgesamt bin ich ziemlich enttäucht obwohl ich schon nicht viel erwartete.
Ciao,
Simon

Tom schrieb:
>
> Ich hoffe das Spiel auch einmal mit mehr als drei Spielern
> spielen zu können - gerade das Spiel zu sechst kann ich mir
> noch nicht so gut vorstellen.
>

Benutzeravatar
Danni van de Regt

Re: [PEEP] Die Säulen von Venedig (Goldsieber)

Beitragvon Danni van de Regt » 10. Januar 2007, 17:16

Habe ich nicht so empfunden.
Deshalb mein Tipp an Tom: Auf jeden Fall selbst ausprobieren.

Das Spiel zu sechst ist lockerer und intuitiver als mit 2 oder 3 Leuten und bietet auch den Zockernaturen unter den Spielern etwas, da mal auch was riskieren kann, wenn 5 Leute vor einem dran sind. (z.B. einen Baumeister spielen, obwohl nichts mehr frei ist, da liegen Freud und Leid dicht beisammen :D ) – Natürlich ist das nichts für kühle Rechner.

Meiner Erfahrung nach steht der Fun Faktor bei 5 und 6 Spielern im Vordergrund. Und gerade für die Familie oder Bekannte, die eher gelegentlich spielen hat das Spiel eine ausreichende taktische Tiefe und ist aufgrund der kurzen Regel immer wieder gut geeignet.

Den PEEP von Ralf kann ich voll unterschreiben. Ich finde er trifft das Spiel recht gut. Weiter so Ralf ist Dir gut gelungen!

Danni

Benutzeravatar
Bernd Eisen
Kennerspieler
Beiträge: 311

Re: [PEEP] Die Säulen von Venedig (Goldsieber)

Beitragvon Bernd Eisen » 10. Januar 2007, 20:04

Hallo

Meine Erfahrungen in unterschiedlichen Runden haben gezeigt, dass das Spiel zu viert und zu fünft am schönsten ist.

Zu dritt funktioniert es nur bedingt und zieht sich ewig (jeder belauert sich), da meistens alle 3 Spieler Punkte bekommen und man das vermeiden will.

Zu sechst ist es zu chaotisch und ein reines Fun/Zockspiel.

Grüße
Bernd

www.irongames.de

Benutzeravatar
JML | ludosophicus

Re: [PEEP] Die Säulen von Venedig (Goldsieber)

Beitragvon JML | ludosophicus » 11. Januar 2007, 13:43

Hallo Ralf,

> Auf jeden Fall kann ich sagen, dass uns das Spiel
> mehr als einmal überrascht hat – und das sehr positiv.

Ja das geht mir genauso. "Pecunia non olet" find' ich ziemlich banane, habe mir von den "Säulen von Venedig" daher auch nichts erwartet. Aber: Grandioser Irrtum!

Bei einer Besetzung von drei bis fünf Spielern sind die "Säulen" richtig klasse. Ich hatte sogar das große Vergnügen, den Essener Turniersieger in einer Vierpersonenpartie (zugegebenermaßen mit etwas unbeabsichtigter Unterstützung der Mitspieler) zu schlagen. :-))

Was, soll ich sagen? Auf jeden Fall, dass das Spiel aktuell zu meinen drei persönlichen Spiel des Jahres-Favoriten gehört, zusammen mit den anderen "Säulen" und den "Baumeistern von Arkadia". Danke Günter, für den hervorragenden Tipp!

Spielerische Grüße
sendet Mirko (der an der Theorie festhält, dass dieses Jahr ein Baumeisterspiel ausgezeichnet wird - bei der prächtigen Auswahl)


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 15 Gäste