Einen diesem weitgehend entsprechenden Artikel habe ich auf Englisch bei BGG gepostet, dort auch mit erhellenden Fotos:
http://www.boardgamegeek.com/thread/318136
ÜBERBLICK
Bei “Die Aufsteiger” (2 – 5 Spieler ab 8, ca. 45 min.) geht es um zweierlei: Bauen und Klettern. Das ganze Spiel über wird an einem sich ständig ändernden, aus bunten Bauklötzen bestehenden Turm herumgebaut, auf den gleichzeitig – ganz konkret wie metaphorisch - "aufgestiegen" wird. Es gewinnt, dessen Spielfigur am Ende, wenn nichts mehr geht, am höchsten steht. Obwohl das Material wie aus der "Bunte Klötze"-Kiste aus dem Kinderzimmer anmutet, steckt hier mehr dahinter. Vielspieler, bitte weiterlesen!
SPIELMATERIAL
Die eher kleine Schachtel ist kompakt vollgestopft mit farbigen Holzklötzen sowie zwei Tütchen mit 5 Spielfiguren und kleinen runden Spielsteinen (Blockadesteine) in den 5 Spielerfarben, dazu Leitern. Also aufpassen, sonst verschwindet das Zeugs auf Nimmerwiedersehen im Kinderzimmer! Das Ganze wiegt gut über 2 Kilo und ist von absolut feiner Qualität – sinnigerweise sind die Klötze in der Schachtel gegen gegenseitiges Zerkratzen geschützt.
35 Klötze verschiedener Größe sind das Herz des Spieles. Sie haben vier Größen: 12 halbe Würfel, 12 Würfel und 9 Doppelwürfel, deren einfarbigen Seiten alle identisch auf die sechs Farben des Spieles aufgeteilt sind, sowie 2 graue "Dreifachwürfel". Die Kantenlänge eines Würfel beträgt dabei 4 cm. Die Farben sind so angeordnet, dass sich jeweils rot und gelb, dunkel- und hellblau sowie grau und lila gegenüberliegen. Das sollte man sich für den Spielverlauf besser merken.
Also: Weder Spielwürfel, noch Karten, Spielplan, Plastik oder auch nur Pappe. Holz.
REGELN
Die Struktur der 6-seitigen Regeln ist ein bisschen konfus, andererseits findet man sich – hat man die Klötze in der Hand – mit den Beispielbildern dennoch schnell zurecht. Ein kleiner Schwachpunkt, allerdings auch keine leichte Aufgabe angesichts der großen Freiheiten, die das Material zunächst mal bietet.
SPIELVERLAUF
Als erstes erhalten die Spieler die Spielfigur und den Blockadestein ihrer Farbe (rot, gelb, hellblau, dunkelblau, lila) sowie zwei Leitern – eine kurze und eine lange.
Nun bauen alle Spieler gemeinsam aus den bunten Klötzen ein großes Gebäude rund um die beiden großen, aufrecht stehenden grauen herum, so dass diese komplett verdeckt sind.
Das Spiel beginnt. Reihum ziehen die Spieler und können während ihres Zuges nacheinander folgendes tun:
1.Wenn möglich, ihre Spielfigur höherklettern lassen,
2. einen Klotz vom Gebäude wegnehmen und anderswo wieder anbauen,
3. wenn möglich, ihre Spielfigur höherklettern lassen.
Natürlich gibt es eine Menge Regeln, die das Ganze - nun ja, regeln:
So dürfen Spielfiguren nur auf Flächen der eigenen Farbe oder grau klettern (so viele Schritte auf einmal, wie sie können), und ohne Leiter auch nur um den kleinstmöglichen Schritt aufwärts. entsprechend einem halben Würfel, wenn er flach daliegt. Zur Überwindung größerer „Höhendistanzen“ braucht es die Leitern. Die kurze taugt zur Überwindung einer Würfelhöhe, die lange sogar für bis zum doppelten. Allerdings: Einmal benutzt, wird eine Leiter aus dem Spiel genommen, also eine Frage des perfekten Timings. Auf grauen Flächen dürfen so viele Figuren stehen, wie Platz geboten wird (jede Figur beansprucht das Viertel einer Würfelseite), woraus sich gerne „Seilschaften“ ergeben – zeitlich begrenzte Zusammenarbeit lohnt sich! Auch können Spieler mit ihrem Blockadestein einen beliebigen, unbesetzten Klotz für eine Runde blockieren – danach wandert der Blockadestein aus dem Spiel.
Auch das Bauen und Umbauen ist geregelt: Es darf nur "gerade" gebaut werden, und die Klötze müssen direkt aufeinander oder um halbe Seitenlängen versetzt platziert werden. Und da „nach oben“ weggenommen wird, dürfen nur Klötze umplatziert werden, deren obere Fläche komplett sichtbar ist. Auch muss die Unterseite jedes Klotzes immer mit der ganzen Fläche nach unten aufliegen – Überhänge und dergl. sind nicht gestattet. Das alles klingt vielleicht etwas kompliziert, spielt sich aber ausgesprochen intuitiv. Spielfiguren dürfen auch beim Anbauen eines Klotzes auf ihrer Stellfläche verschoben werden – solange ihnen Platz genug zum stehen bleibt.
Es gibt noch einige kleinere Regelungen, aber das Spielprinzip dürfte hier schon recht klar geworden sein.
Das Spiel endet, wenn niemand mehr höher klettern kann – Gedränge um die Turmspitze sozusagen. Wer am höchsten steht, gewinnt – Unentschieden werden zugunsten des zuletzt angekommenen aufgelöst.
EINDRUCK
Bislang habe ich es mit 3 oder 4 Spielern gespielt, was hinsichtlich des Gedrängels und der entstehenden Kooperationen bereits ein merklicher Unterschied war. Ich bin gespannt auf wahrscheinlich eher Wettrenn-artige 2er und staulastigere 5-er- Partien. Dies ist m.E. kein "strategisches" Spiel, sondern 3D-Taktik, das aber vom Feinsten! Es macht schlicht Spaß, ein jedesmal anderes Gebäude zu errichten, um den Tisch herumzulaufen auf der Suche nach dem passenden Klotz und sich überraschen zu lassen, wie es wider Erwarten doch noch höher hinauf geht oder der führende Spieler plötzlich am Weiterkommen gehindert wird – zugunsten der Verfolger.
"Die Aufsteiger" scheinen auf den ersten Blcik ein Aufwärm-, Absacker- oder Kinderspiel zu sein, aber Obacht! Ich habe es in einer Vielspieler-Runde gespielt, die zähneknirschend Klotzplatzierungsoptimierung betrieben, sich gegenseitig übelst blockierten und man fühlte sich eher wie im knallharten Kampf um den Chefposten eines Internationalen Konzerns - es war toll! - dauerte 75 Minuten und endete mit einem sehr hohen Turm. Und hier liegt auch der "sweet Spot" dieses Spiels: Die Metapher des Aufstieges-und-als-erster-oben-Seins spricht tief liegende Schichten in uns an – ob Kind oder Erwachsener. Und aufgrund der nicht alle möglichen Spielsituationen eindeutig klärenden Spielregel sowie unterschiedlicher Spielgruppen passt sich das Spiel perfekt an. Mein Sohn nutzte sofort aus, dass man beim ersten Errichten des Startgebäudes bereits einiges vormanipulieren kann – und gewann prompt. Es sei ihm gegönnt, aber in meiner Familie werden die Farben in Zukunft erst nach dem Aufbau zugeteilt! Locker oder knallhart - jeder, wie er will.
Insgesamt eine runde Sache, ein intuitiv-interaktives Taktik-Vergnügen mit einer super Komponente "direkte Erfahrung des Geschehens" – und dennoch kein "Kinderspiel".
NEGATIVES
Wie gesagt, ein paar Punkte mehr hätte die Regel erläutern dürfen, meine ersten Spiele waren schon auch von offenen Fragen gekennzeichnet (z.B.: darf man einen Klotz anheben und nachsehen, welche Farbe die darunterliegende Oberfläche hat und danach entscheiden, ob man ihn versetzt? oder die erste Frage aller Kinder: Darf ich die Leiter auch als Brücke benutzen?!). Aber es ist eben auch kompliziert, alle auftretenden Womöglichkeiten abzudecken – und schließlich ist man als Spieler ja kreativ genug, um der Gruppe angemessene Lösungen zu finden – siehe die Farbzuteilung nach dem Startaufbau, sonst hirnen Optimierungsspieler fünf Minuten über dem perfekten nächsten Klotz, bevor das eigentliche Spiel noch begonnen hat.
ZUSAMMENFASSUNG
Es gibt zwar 3D-Spiele wie Axiom, Villa Paletti oder Rumis, aber die Kombination der "Aufsteiger" fühlt sich völlig unverbraucht und frisch an. Der Wiederspielfaktor ist hoch, das Ganze macht Spaß, sieht super aus und birgt mehr taktische Möglichkeiten und Entscheidungen, als man zunächst annimmt (bin gespannt auf die mathematische Analyse der Platzierungsmöglichkeiten bei den Westpark-Gamers

Übrigens birgt das Spiel keinerlei Glückselemente - wie ich finde, einfach wunderbar!
Für 36,- Euros (bei der Materialqualität absolut in Ordnung!) direkt bei Chili-Spiele erhältlich.
http://www.chili-spiele.de/
Fotos etc. hier:
http://www.boardgamegeek.com/game/34297
Ein Interview von Peer Sylvester mit Klaus Zoch über den Verlag hier:
http://www.spielbar.com/wordpress/2007/10/27/244