Anzeige

[PEEP] Steel Driver

Kritiken und Rezensionen: Wie ist Spiel XY?
Benutzeravatar
Hartmut Th.

[PEEP] Steel Driver

Beitragvon Hartmut Th. » 27. Oktober 2008, 12:14

[PEEP] Steel Driver

von Martin Wallace für 3-6 Spieler, Warfrog, 30 Euro (SPIEL '08)


"Aha, mal wieder ein Eisenbahnspiel von Martin Wallace..."

Bedenkt man die Güte der früheren Werke, von denen ich längst nicht alle gespielt habe, kann man daran doch nicht vorübergehen. Es wundert mich schon, dass STEEL DRIVER im Vorfreudefieber der SPIEL '08 kaum Erwähnung im Spielbox-Forum fand. So hatte ich es dann auch nicht "auf dem Radar", als wir uns an einem gerade frei gewordenen Tisch mit einem anderen Spielerpaar zu viert zur Begutachtung zusammenfanden.

Schon nach der Erläuterung der Mechanismen - Martin Wallace übernahm diesen Part ganz persönlich - war sowohl unseren Mitspielern als auch uns klar, dass wir das Spiel sicher mitnehmen werden. Das hat uns aber nicht daran gehindert, der theoretischen Überzeugung auch Taten folgen zu lassen und - wo wir sonst auf der Messe Spiele oft nur anspielen - eine Partie STEEL DRIVER mit anhaltender Begeisterung bis zum Ende durchzuspielen. Letztlich wurden unsere Erwartungen an das Spiel bestätigt, es war spannend bis zum Schluss.


Im Grunde sehr einfach und knackig...

...ist dieses Spiel. Das zeigt sich an der gut strukturierten - nur englisch vorliegenden - Regel, die auf acht Seiten alles ausführlich beschreibt. Der Kern der Spielregel wird auf weniger als drei Seiten beschrieben. Eine Kurzspielregel auf der Rückseite des Regelheftes erleichtert den schnellen Wiedereinstieg.

Der Spielplan zeigt eine Karte der USA, auf der 38 Städte untereinander mit vorgegebenen Streckenprojekten vernetzt sind.

Das Spiel läuft über fünf Runden ab. Zu Beginn einer Runde bekommt jeder Spieler eine gewisse Anzahl (im Spiel zu viert sind es acht) weißer Klötzchen, die für Investitionen zur Verfügung stehen. Hiermit werden nacheinander die Direktorenposten für die sechs auf dem Kontinent agierenden Eisenbahngesellschaften durch Versteigerung vergeben. Der Meistbietende stellt seine gebotenen Klötzchen der Gesellschaft als Baukapital zur Verfügung und erhält im Gegenzug eine Lok, die seinen Posten als Direktor anzeigt sowie eine Aktie (Holzchip der entsprechenden Farbe), von denen somit im gesamten Spiel von fünf Runden nur jeweils genau fünf vergeben werden.

Sind alle Direktoren bestimmt, so folgt die Bauphase. In einer zu Beginn vorgegebenen Reihenfolge der Gesellschaften dürfen die Direktoren-Spieler das zur Verfügung stehende Kapital (weiße Klötzchen) verwenden, um nacheinander jeweils einen geplanten Streckenabschnitt zu bauen. Wer nicht bauen kann oder will, passt und setzt "seine" Gesellschaft an die Spitze der Zugreihenfolge für die nächste Runde. Die übrigen folgen geordnet, wann immer sie beim Bauen passen.

Die Kosten einer Strecke betragen wie auf dem Spielplan angezeigt 2 bis 6 weiße Klötzchen. Die erste Strecke muss ihren Anfang an einer der elf sechseckig markierten Metropolen, meist an den Küsten im Osten oder Westen nehmen. Weitere Strecken müssen Verbindung zum bisherigen Streckennetz haben. Jede Stadt auf dem Plan zeigt einen Betrag zwischen $20 und $50. Dies sind Prämien, die für den Zielort (!) eines jeden Streckenbaus dem Direktor ausbezahlt werden. Während der Bauphase werden diese zunächst auf einer Skala markiert und am Ende der Bauphase ausbezahlt, um das Geldgeschiebe auf ein Minimum zu beschränken.

Einmal im Spiel winkt eine Sonderprämie für den Spieler, der den letzten Streckenabschnitt auf einer Route zwischen San Francisco im Westen und New York im Osten herstellt. Andere gerade amtierende Direktoren erhalten noch $30, so die Strecke zwingend über Streckenabschnitte ihrer Gesellschaft läuft.

Nach diesem Schema laufen auch die weiteren Runden ab. Jeder erhält weiße Klötzchen zu eventuell vorhandenen Restbeständen der Vorrunde hinzu, dann werden die Direktorenposten neu versteigert. Anschließend wird in der durch Passen in der letzten Baurunde neu festgelegten Reihenfolge erneut gebaut.


Die Bewertung der Aktien...

...erfolgt in einer besonderen Schlussrunde. Jede Stadt hat eine von fünf Grundfarben und erhält nun ein gleichfarbiges Klötzchen, sofern sie mit wenigstens einer Strecke angeschlossen wurde. Dabei sind die Farben auf dem Plan geordnet verteilt: Orange im Westen, Grau im Osten, Weiß im Norden, Schwarz im Süden und nur ganze drei verstreute Städte sind rot markiert.

Die Loks der Gesellschaften werden nun dem jeweiligen Mehrheitsaktionär gegeben, bei Gleichstand dem im Uhrzeigersinn nächstbesten Spieler zum letzten Direktor - das kann natürlich auch dieser selbst sein, hat er doch die letzte der fünf Aktien erhalten.

In der gegebenen Reihenfolge (Passen in der letzten Bauphase) nehmen die Mehrheitsaktionäre nacheinander jeweils ein Klötzchen von einer Stadt, die ihre Gesellschaft mit einer Strecke angebunden hat. Vorzugsweise bedient man sich zuerst dort, wo auch andere Spieler zugreifen könnten, besonders dann, wenn man von deren Gesellschaft selbst keine Aktien besitzt.

Sind so alle farbigen Klötzchen in Gesellschaftbesitz, bildet man damit Gruppen verschiedenfarbiger Klötzchen. Diese sind je nach Umfang von 1 / 2 / 3 / 4 / 5 Klötzchen nun $10 / $30 / $60 / $100 / $150 wert. Man muss also möglichst viele und verschiedenfarbige Klötzchen einsammeln. Die Summe aller Gruppenwerte bildet den Wert der Aktie und wird deren Besitzer in Geld ausbezahlt. Wer das meiste Geld besitzt, gewinnt das Spiel.


Worauf es im Spiel ankommt...

...ist eine ganze Menge. Wieviel biete ich auf eine Gesellschaft (und deren Aktie), die Gefahr läuft, auf dem Plan isoliert und so in weiterem Wachstum behindert zu werden? Wieviel Kapital (Klötzchen) muss ich bieten, um angestrebte Bauprojekte zu verwirklichen? Wer könnte dem zuvorkommen? Wie sieht es mit der Zugreihenfolge und den Interessen der anderen Mitspieler aus? Baue ich zu noch einer weißen Stadt für satte $40 Prämie oder doch lieber nur für $20 zu einer ersten schwarz markierten Stadt, was dem erwarteten Aktienkurs dienlich sein kann? Wer profitiert noch davon? Genügt eine Stadt in dieser Farbe? Wer kann noch ein bestimmtes Klötzchen in der Schlussrunde abgreifen? Sind die Aktien der konkurrierenden Gesellschaften in gleicher Hand (keine Gefahr) oder verteilt? Oft kommt es beim Bau wie in der Schlussrunde auf die Reihenfolge an und darauf, ob der Konkurrent eine umstrittene Situation erkennt und nutzt. Es zeigt sich schnell, dass die einfachen Regeln in einer Vielzahl nicht endgültig ausrechenbarer Was-wäre-wenn-Entscheidungen mündet, was dem Spiel beachtliche Tiefe verleiht.

Das Spielgeld hat in STEEL DRIVER lediglich eine Siegpunktfunktion: man bekommt es durch Bauprämien und bei Spielende den Gegenwert der Aktien, kann sich aber während des Spieles nichts dafür kaufen.


Es ist kein Geheimnis...

...dass STEEL DRIVER und WABASH CANNONBALL von Harry Wu (jetzt als CHICAGO EXPRESS bei Queen Games erschienen) Gemeinsamkeiten aufweisen, so dass Martin Wallace in seinen Danksagungen am Ende der Regel Harry Wu ausdrücklich würdigt. In beiden Spielen werden Runde um Runde Direktorenposten versteigert, das eingesetzte Kapital steht der Gesellschaft zum Streckenbau zur Verfügung. Darüberhinaus gehen aber beide Spiele eigene Wege. Die Topologie des Planes - vernetzte Städte vs. Hexfelderkarte mit allerlei Besonderheiten - und der Verzicht auf umfassenden Spielgeldeinsatz und mögliche Teilerfolge zugunsten einer das gesamte Spiel begleitenden abschließenden Aktienkursermittlung lassen STEEL DRIVER als das kompaktere Spiel erscheinen - "einfacher" möchte ich nicht sagen, beide Spiele sind gefühlt sehr herausfordernd.

Gespielt und für gut befunden habe ich beide Spiele, aber STEEL DRIVER habe ich mir auf der Messe gekauft, CHICAGO EXPRESS nicht. Das ist aber nur dem begrenzten Budget und der Tatsache geschuldet, dass auch später im Handel leicht erhältliche Spiele bei meinem Messeeinkauf rasch das Nachsehen haben. So möchte ich den Fans ansprechender Wirtschaftsspiele mit Eisenbahnthema die Entscheidung auch nach der Messe nicht gerade einfacher machen - aber zwei gute Spiele sind doch immer noch besser als nur eines.

Hartmut Thordsen
- Spielkreis Hiespielchen - www.hiespielchen.de -

Benutzeravatar
Oliver
Brettspieler
Beiträge: 92

Re: [PEEP] Steel Driver

Beitragvon Oliver » 27. Oktober 2008, 19:02

Hallo Hartmut,
vielen Dank für deinen aus meiner Sicht sehr treffenden PEEP zu "Steel Driver".
Ich habe das Spiel auf der Messe blind gekauft und wir hatten am Donnerstag- und Freitagabend noch zwei Partien (jeweils zu dritt) gespielt. Nach gemeinsamem Regelstudium - die Regel ist in der Tat kurz und knackig - blieben keine offenen Fragen.

Um es vorweg zu nehmen: Wir waren alle hellauf begeistert! Die Spielelemente und -mechanismen greifen allesamt sinnvoll und elegant in einander. Der Spannungsbogen ist ausgezeichnet. Insbesondere dem Warentransport am Ende des Spiels sieht man als Eigner einer Eisenbahngesellschaft mit Spannung entgegen.

Wir hatten allerdings in beiden Partien das "Problem", dass sich lediglich eine Gesellschaft im Westen herumtrieb und auch dort - infolge der horrenden Streckenkosten - erst sehr spät und auch dann nicht sehr Gewinn bringend bzw. für Investoren attraktiv in Szene setzen konnte. Während sich im Osten fünf Gesellschaften um die lukrativen Zugänge zu den Städten stritten. In unserer ersten Partie, war für eine Linie schon nach 3 Streckenabschnitten das Ende der Entwicklung erreicht- ein echter Anfängerfehler.

In jedem Fall: "Steel Driver" ist für mich ein echter Kracher: kein Glücksanteil, knackige Regeln, übersichtliche Spieldauer und jede Menge spannende Entscheidungen, die zu treffen sind. Unbedingt ausprobieren!

Oliver

Benutzeravatar
achim

Re: [PEEP] Steel Driver

Beitragvon achim » 27. Oktober 2008, 21:51

Gibt es für Steel Driver eine deutsche Regel?
Auf der Warfrog-Seite habe ich keine entdecken können.

Gruß
achim

Benutzeravatar
Hartmut Th.

RE: [PEEP] Steel Driver

Beitragvon Hartmut Th. » 27. Oktober 2008, 23:46

"achim" hat am 27.10.2008 geschrieben:
> Gibt es für Steel Driver eine deutsche Regel?
> Auf der Warfrog-Seite habe ich keine entdecken können.

Ein Ebay-Anbieter des Spiels wirbt jedenfalls mit einem entsprechenden Download und teilte mir auf Anfrage mit, dass Martin Wallace dies angekündigt hätte. Zum Wahrheitsgehalt dieser Aussage kann ich aber nichts sagen. Abwarten...

verspielte Grüße, Hartmut

- Spielekreis Hiespielchen - www.hiespielchen.de -

Benutzeravatar
Hartmut Th.

RE: [PEEP] Steel Driver

Beitragvon Hartmut Th. » 27. Oktober 2008, 23:46

"Oliver" hat am 27.10.2008 geschrieben:
> Hallo Hartmut,
> vielen Dank für deinen aus meiner Sicht sehr treffenden
> PEEP zu "Steel Driver".

Hallo Oliver,

> Wir hatten allerdings in beiden Partien das "Problem", dass
> sich lediglich eine Gesellschaft im Westen herumtrieb

Wir auch. Wir haben es eben so gewollt...

> und auch dort - infolge der horrenden Streckenkosten - erst
> sehr spät und auch dann nicht sehr Gewinn bringend bzw. für
> Investoren attraktiv in Szene setzen konnte.

Das nicht. Die konnte sich bei uns mühelos ausbreiten und vier der fünf Farben problemlos anbinden - bis zur Ostküste hat sie es erwartungsgemäß nicht geschafft. War am Ende mit die wertvollste Aktie.

> Während sich
> im Osten fünf Gesellschaften um die lukrativen Zugänge zu
> den Städten stritten. In unserer ersten Partie, war für
> eine Linie schon nach 3 Streckenabschnitten das Ende der
> Entwicklung erreicht- ein echter Anfängerfehler.

Bei uns genauso. So ist das, wenn man nach kurzfristigen Profiten schielt. Aber was heißt "Fehler". Die Gesellschaften gehören ja niemandem, jeder ist seines Glückes Schmied und bestimmt selbst, ob und mit welchem Einsatz er auch in solche Gesellschaften investiert. Ich denke, solche Effekte sind gewollt und erhöhen den Spielreiz. "Zug um Zug" oder "Siedler von Catan" wären ohne Platzmangel auch nicht wirklich so spannend, oder?

> In jedem Fall: "Steel Driver" ist für mich ein echter
> Kracher: kein Glücksanteil, knackige Regeln, übersichtliche
> Spieldauer und jede Menge spannende Entscheidungen, die zu
> treffen sind. Unbedingt ausprobieren!

Ich freue mich auch schon auf mein nächstes - dann erst zweites - Spiel :-)

verspielte Grüße, Hartmut

- Spielekreis Hiespielchen - www.hiespielchen.de -


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 5 Gäste