"Doofes Spiel!"...würde meine Freundin und "Gelegenheitsspielerin" Andrea sagen. Denn die mag Spiele ohne Hintergrundstory leider gar nicht. Daher würde ihr auch "Im Schutze der Burg" vielleicht eher nicht zusagen. Denn wir sind Baumeister und bauen Bauwerke für Siegpunkte. Wer am Ende die meisten hat, gewinnt und genießt den Schutz der Burg. Warum, wozu, weshalb? Egal. Die Spielanleitung konzentriert sich auf das Wesentliche und überlässt die Hintergründe der thematischen Einkleidung der Phantasie des Spielers. So er sich denn überhaupt dafür interessiert...
Im Wesentlichen geht´s also darum ordentlich Rohstoffe anzuhäufen, mit diesen Gebäude zu bauen und Siegpunkte zusammenzuraffen.
Zu diesem Zweck ist das Brett in zwei Teile geteilt: oben die Burg mit einer Vielzahl zu bauender Gebäude, unten Rohstoffkarren, die uns die nötigen Rohstoffe spendieren.
Der Spielablauf ist denkbar eingängig: Jeder legt aus einem Satz von anfangs acht unterschiedlichen Personenkarten eine verdeckt aus, danach werden diese in einer festgelegten Reihenfolge ausgewertet. Da gibt´s z.B. den Reiter, der die Kasse klingeln lässt, den Maurer, der Gebäude errichtet oder den Händler, mittels dem man Gehilfen bei den Rohstoffkarren postiert. Letzteres bringt dann jeweils eine Ausschüttung der betreffenden Rohstoffe, solange dieser dort steht und irgendwer einen Händler ausspielt.
Von den besagten Gehilfen stehen jedem Spieler sieben zur Verfügung, die er entweder bei den Rohstoffkarren oder auch in der Burg bei - bereits errichteten - Gebäuden postieren kann. Die kostenlose Gehilfen bei Rohstoffkarren bringen Rohstoffe, die kostenpflichtigen Gehilfen (Stichwort: Lehrgeld zahlen...) in der Burg Siegpunkte bei Spielende. Je nach Gebäudetyp bringen die Burg-Gehilfen auf unterschiedliche Arten Siegpunkte: x Siegpunkte pro gebautem Turm, pro gebautem Haus, pro Silberbarren in der Schmiede, für nicht gebaute Gebäude usw. usw. Entsprechend gibt´s die meisten Siegpunkte auch am Spielende, zwischendurch werden lediglich ein paar davon verteilt für´s Bauen von Gebäuden.
Klingt alles irgendwie vertraut. Ist es letztlich auch und so ist der Spieleinstieg - bis aufs erste Erklären der Personenkarten und der Siegpunktefunktionen der Burg-Gehilfen - recht einfach und der Spielablauf eingängig. Darüber hinaus hat man während des Spiels das Gefühl, dass bekannte Elemente zu einem gefälligen Ganzen zusammengefügt wurden, einer "runden Sache", die in nicht allzu langer Spieldauer doch einen deutlichen Spielspaß entfaltet.
So stellt sich jeder Runde die Frage neu, welche der Personenkarten am geschicktesten zu wählen ist, um aus den bisher platzierten Gehilfen und den noch ausliegenden zu bauenden Gebäuden das beste herauszuholen. Einige Personenkarten haben zudem mehrere Funktionen, die angesichts einer überschaubaren Anzahl von Runden natürlich genutzt sein wollen.
Hinzu kommt ein gewisses Maß an Interaktion, denn bei der Kartenwahl ist stets zu prüfen, was die Konkurrenz wohl legen könnte. So kann man mit dem Steinmetz bei Arbeitern kaufen, aber die muss natürlich erstmal einer auslegen... Mit dem Baumeister kassiere ich Siegpunkte, wenn andere Gebäude bauen, also gilt es im Blick zu behalten, wer einen ordentlichen Rohstoffberg vor sich angehäuft hat. Hinzu kommt die Platzierung der Gehilfen in der Burg, denn für die stehen nur ein bis drei Plätze pro Gebäude zur Verfügung.
Insgesamt gelungen ist "Im Schutze der Burg" aus meiner Sicht nicht durch ein Feuerwerk an innovativen, gänzlich neuen Spielelementen, sondern eher durch die gelungene Kombination altbewährter Mechanismen. Das mag nicht jedem gefallen. So werden hinsichtlich der Spieltiefe nicht die allerhöchsten Ansprüche gestellt: Zum Beispiel dürfte es kaum überraschen, dass jemand, der den Tor-Gehilfen gesetzt hat, ordentlich Türme baut, weil er pro Turm 1 oder 2 Siegpunkte erhält. Im Detail ergeben sich dann aber schon interessante Anforderungen: Baue ich noch Türme für weitere Siegpunkte oder lasse ich es doch lieber, weil ich damit zum einen der Konkurrenz helfe, die auch einen Tor-Gehilfen gesetzt hat und zum anderen meinem Gehilfen im Gesindehaus schade, der sich über jedes nicht gebaute Gebäude freut (OK, bei letzterem könnte es sich auch um schwaches Spiel des PEEP-Autoren handeln, aber lassen wir das mal ausgeblendet...).
Uns hat es jedenfalls Spaß gemacht, im Spiel zu dritt den Schutz der Burg zu suchen. Sicherlich nicht jeden Abend, aber dann und wann werde ich wieder in das Spielregal zu "Im Schutze der Burg" greifen. Was will man mehr als Spiele-Junkie mit berstenden Regalen voller bewährter Top-Titel...?
Wer allerdings ein neues Caylus oder Agricola (in Bezug auf die Spielkomplexität) erwartet oder grundlegende Innovationen sucht, ist an der falschen Adresse.
Und würde es nun Andrea gefallen? Vielleicht schon: Denn ich denke, auch "Gelegenheitsspieler" finden sich durch den eingängigen Spielverlauf leicht zurecht. Außerdem ist der Spielplan grafisch sehr schön gestaltet; der Winterplan mit einer verschneiten Burg auf der Rückseite bringt zusätzliche Karten ins Spiel. Und eben diese Karten bringen jeweils auch eine kleine "Mini-Story" als Einleitung mit. Andrea wäre begeistert...