Beitragvon Duchamp » 29. Oktober 2010, 18:24
Ein Spiel, dass relativ knapp an einer Fairplay-Listung vorbeigeschrammt ist, aber sehr gute Noten erhalten hat - und auch sonst nicht gebührend aufgefallen ist, ist das diesjährige Spiel der Lamont Brothers („Haste Bock?“, „Snow Tails“ und dieses Jahr „Strauß voraus!“ sind von ihnen in Deutschland erhältlich): Antics!
Nachdem ich den Prototyp gespielt und die Regel ins Deutsche übertragen habe, war ich in Essen auch an zwei Tagen am Stand und habe Erklärbär gespielt. Man darf meine Meinung also gerne als „voreingenommen“ betrachten, andererseits würde ich eher die Klappe halten, wenn ich nicht fände, dass „Antics!“ schlicht ein super Spiel ist.
Kurze Fakten: 3 - 4 Spieler ab ca. 10 Jahren, 60 Minuten Dauer, geeignet sowohl für Familien und Liebhaber „leichter Kost“, als auch für Vielspieler, da Antics! fast komplett auf Glück / Zufall verzichtet. Wie das geht, kommt gleich.
Spielthema und -Ziel: Jeder Spieler hat 12 Ameisen als eigene Kolonie, mit denen er auf einem künstlerisch vielleicht nicht unzweifelhaft gelungenen, aber doch funktionellen Spielplan ein Netzwerk auf Wegen aufbaut. Ziel ist es, Beutetiere und Blätter einzusammeln und per „Eimerkette“ zum zentralen Ameisenhügel zu transportieren. Am Ende stehen mal wieder Siegpunkte, die nach einem bestimmten System zugeordnet werden.
Wie funktioniert das?
Sowohl die Pfade als auch den zentralen Hügel teilen sich alle Spieler, jedoch verfügt jeder noch über einen eigenen Ameisenhügel direkt vor sich. Dieser besteht aus Teilen, jeweils zwei Sechsecke groß und mit zwei Symbolen versehen, welche die möglichen Aktionen für den Spieler bezeichnen. Ist man am Zug, hat man drei Aktionsmarker (Pöppel), die man auf je ein Aktionsfeld setzt und dann diese Aktion (eine von fünf möglichen) ausführt. Eine mögliche Aktion ist das Nachholen von weiteren Aktionsteilen von einer allgemeinen Auslage, mit denen man seinen Ameisenhügel ausbauen kann (die zweite mögliche Aktion). Und zwar in die Weite als auch die Höhe. Ein Aktionsteil auf Ebene 2 bedeutet, dass ich dessen Aktionen zweifach ausführen darf. Schon mal super. Und die Ameisen? Jeder Spieler hat davon 11 Stück im Vorrat und mit den drei Aktionen „Ameisen in Nester setzen“, „Ameisen auf Pfade setzen“ und „Beute transportieren“ geht es Richtung Felder-Ausbeute. Jede Sorte von Beutetier (6 an der Zahl) liegt so oft auf einem der per Pfade verbundenen „Lichtungen“, wie Spieler am Spiel teilnehmen, minus eins. Ha! Das Rennen ist eröffnet, denn jeder Spieler darf nur ein Tier pro Sorte haben und am Ende kommt es sehr darauf an, die meisten zu haben.
Die Nester, in die ich meine Ameisen setze, sind 5 verschiedenen Arten von Terrain zugeordnet, so dass meine Pläne für andere Spieler durchaus zu ahnen sind. Ein spezielles Nest bringt zudem Soldatenameisen hervor, mit denen ich andere beklauen oder meine eigenen vorm Beklautwerden schützen kann. Außerdem rücken langsam aber sicher Ameisenbären näher (die mit dem Teilenachschub in der Auslage näher rücken), welche dann bestimmte Beutetiere oder sogar Ameisen aus Nestern wegfressen.
Wie spielt es sich?
Grandios. Die Züge sind sehr kurz, die einzelnen Aktionen so simpel, dass wirklich jeder versteht, was zu tun ist, das Ganze ist intuitiv, rund und ausbalanciert, dass es eine Freude ist. Und da alles offen ausliegt, es also keinerlei versteckte Information oder kurzfristigen Glücksfaktor gibt, ist es ein herrlich interaktives Gerangel um Teile, Beutetiere und das perfekte Timing. Dabei will man stets doppelt so viel tun, wie zugelassen ist, und es bieten sich eine Reihe von Strategien an: Zum Beispiel in Ruhe vor allem meinen Aktions-Ameisenhügel bauen, um dann so richtig loszulegen und das Brett mit Ameisen zu fluten, oder eben sofort Ameisen losschicken, um auf dem Brett einen Vorsprung zu haben. Oder ich setze vor allem auf Soldaten, lasse die anderen die Arbeit machen und zocke stets kurz vorm Ziel deren Beute ab.
Kurz: Interaktion, ein Bau-Element, Netzwerkbildung, Aktionsmanagement und immer noch "leichtfüßig". Das Spiel für den Weihnachtsabend in spielebegeisterter Familie.
Oder in deiner Spielerunde.
Meines Erachtens, wie gesagt, super und das Beste Fragor-Spiel bisher. Es wäre zu hoffen, dass ein Deutscher Verlag sich auch dieses Mal des Werkes annimmt, ansonsten ist die 1000er-Auflage wohl recht bald vergriffen (erhältlich über den einen oder anderen Online-Händler, ca. 35 Euro).
Mehr Infos auf BGG:
http://www.boardgamegeek.com/boardgame/80642/antics
Eine reich bebilderte Kompletteinführung auf Englisch hier:
http://www.boardgamegeek.com/thread/579193/a-bugs-life-a-comprehensive-overview-of-antics
Deutsche Regel hier:
http://boardgamenews.com/rules/Antics-German.pdf