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[PEEP] [Crowd] Stimmvieh

Kritiken und Rezensionen: Wie ist Spiel XY?
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Duchamp

[PEEP] [Crowd] Stimmvieh

Beitragvon Duchamp » 17. Juli 2014, 10:34

Stimmvieh wurde vor 16 Jahren zum ersten Mal veröffentlicht, die Spieleautorin und langjährige Kleinverlegerin Andrea Meyer entschied sich nun für eine verbesserte Neuauflage und eine Finanzierung über die deutsche Crowdfunding-Plattform „startnext“. Ich habe sie gefragt, ob sie mir „Print and Play“-Material zukommen lassen könnte, und sie schickte mir pdf-Dateien zum Ausdrucken. Ich habe es nun einige Male in verschiedenen Gruppen gespielt und gebe hier kurz meine Eindrücke wieder.

Material:
Stimmvieh ist ein reines Kartenspiel – es gibt je 9 Kandidatenkarten mit Einflusswerten von 1 - 9 in 4 Farben / Parteien (rosa, schwarz, olivfarben, rot), 24 Spendenkarten mit Werten zwischen 50.000 und 200.000 Euro sowie 17 Stimmenkarten mit Werten von 15.000 bis 30.000. Die Spenden- und Stimmenkarten weisen ebenfalls eine Zahl zwischen 1 und 9 auf, die den Einfluss bezeichnet, der erforderlich ist, um diese Karte zu erwerben. Es gibt noch einige zusätzliche Karten zur Organisation sowie Übersichten über Anzahl und Werte der im Spiel befindlichen Spenden- und Stimmenkarten.

Überblick:
Das Spiel ist für 3 oder 4 Spieler und dauert ca. 20 - 30 Minuten. Die Kernidee besteht darin, dass der Spieler am Zug eine Stimmen- oder Spendenkarte nimmt – Sieger ist der Spieler, der bei Spielende die höchste Gesamtsumme an Spenden hat (Geld gewinnt!), allerdings verdoppeln die beiden Spieler mit den meisten und zweitmeisten Stimmen wiederum ihre Spenden vor der Endwertung! Diese Prämisse führt – flankiert von anderen Mechanismen - zu reichlich interaktivem Spielspaß.

Bei 3 Spielern gibt es einen „Dummy-Spieler“ /“Angela“), der wie ein normaler Spieler behandelt wird. Seine Entscheidungen werden reihum von den Spielern getroffen, so dass jeder Spieler 3 Mal den Zug von „Angela“ ausführt.

Genauerer Spielablauf:
Zuerst werden zwei offene Zugstapel gebildet: Spenden- und Stimmenkarten. Die obersten 4 Spendenkarten werden offen ausgelegt.
Jeder Spieler erhält alle Karten einer Farbe, wählt 4 seiner 9 Kandidaten aus und legt sie verdeckt vor sich ab. Dann deckt jeder diese Karten auf und legt sie als offene Reihe von „Spitzenkandidaten“ vor sich aus. Die restlichen 5 bilden als „Hinterbänkler“ seine Kartenhand.
Der Spieler, dessen Spitzenkandidaten insgesamt den größten Einfluss haben, ist Startspieler und beginnt mit seinem Zug; danach geht das Spiel im Uhrzeigersinn weiter, bis 9 Runden gespielt wurden.

Ein Spieler am Zug muss eine seiner Karten spielen und auf einen von zwei Ablagestapeln legen: Spitzenkandidaten neben den Stimmen-Zugstapel, Hinterbänkler neben den Spenden-Zugstapel.
Jetzt kann der Spieler eine der 4 ausliegenden Spenden- oder Stimmenkarten nehmen (nicht die oberste Karte eines Zugstapels!), die dieselbe oder eine niedrigere Zahl an erforderlichem Einfluss aufweist. Der Spieler sammelt ausgesuchte Karten vor sich in zwei getrennten Stapeln, so dass der Wert der letzten Karte und die Anzahl an Stimmen-, bzw. Spendenkarten für alle Spieler sichtbar ist.
Anschließend wird die Auslage mit einer Spenden- oder Stimmenkarte aufgefüllt. Hat der Spieler einen Spitzenkandidaten gespielt (und neben den Stimmenstapel gelegt), wird die oberste Stimmenkarte der Auslage hinzugefügt; hat er einen Hinterbänkler gespielt (neben den Spendenstapel), wird die oberste Spendenkarte der Auslage hinzugefügt.
Auf diese Weise beeinflusst er die erhältlichen Karten für die nachfolgenden Spieler, was von den Mitspielern gerne zum Anlass genommen wird, den aktiven Spieler zu „beraten“ ...

Kann der Spieler keine Karte nehmen (weil er z.B. nur noch Karten mit niedrigerem Einfluss hat, als die ausliegenden erfordern), oder will er dies nicht tun, spielt er nur eine Karte aus, nimmt aber keine von der Auslage.

Spielende:
Nach 9 Runden sind alle Karten ausgespielt, und die Spieler zählen separat ihre Stimmen und Spenden. Die beiden Spieler mit den meisten und den zweitmeisten Stimmen verdoppeln nun ihre Spenden! Der Spieler, der jetzt die meisten Spenden hat, gewinnt das Spiel.

Spielreiz:
Der Spaß beim Spiel entsteht meines Erachtens durch die Interaktion und Kommunikation. Natürlich gibt es auch taktische und sogar strategische Überlegungen, da zum Beispiel Karten mit niedrigeren Einflusswerten ein besseres „Preis-Leistungsverhältnis“ haben, oder Karten gleich viele Stimmen bringen, aber unterschiedlich viel Einfluss erfordern ... doch das Spiel „leuchtet“ und ist ganz bei sich bei den Diskussionen zwischen den Spielern, die sich automatisch beraten und darüber debattieren, was zu tun ist – und was tunlichst zu lassen!

Die Spannung ist von Beginn an hoch – und steigert sich permanent. Bereits die Auswahl der Spitzenkandidaten ist tricky, auch wenn die erste Auswahl erhältlicher Karten schon offen ausliegt. Und die Frage, was zu tun ist, wenn eine sehr attraktive Karte oben auf einem Stapel liegt, die man den anderen direkt zu Füßen (in die Auslage) legen würde, wenn man die beste Karte für die eigenen Pläne jetzt nähme, ist wunderbar spekulativ.

Fazit:
Das Spiel hebt sich meines Erachtens durch die Kombination von geteilten eigenen Karten, geteilten Karten zum Sammeln und der geteilten Endwertung ziemlich von anderen Spielen ab. Unterm Strich ein sehr cleverer „Filler“ mit wunderbar satirischem Touch für eine Gruppe eher erwachsener Spieler, die gerne kommunizieren, lachen und ein bisschen einfache Rechnerei nicht scheuen.

Die 3-Spieler-Lösung funktioniert tadellos, da der Dummy-Spieler nicht zufällig agiert, sondern abwechselnd durch die Spieler gesteuert wird – in meiner einzigen 3er-Partie bisher wurde „Angela“ übrigens zweite, zur allgemeinen Überraschung. :-D

Momentan läuft das Projekt noch auf startnext – bis einschließlich Montag, den 21. Juli. Diese Version ist mit großformatigen Spielkarten (7 x 11 cm) geplant, die Kandidaten werden u.a. reale Portraits von Unterstützern des Projekts im Obama-Wahlplakat-Stil sein, gespickt mit satirischen Wahlslogans, die ebenfalls von Unterstützern eingereicht werden können.

http://www.startnext.de/stimmvieh

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