Am Dienstag eingetroffen, kam das lang erwartete Spiel heute zum ersten Mal auf den Tisch. Es gab zwei Partien, erst zu viert, anschliessend zu dritt. Die Regeln sind relativ übersichtlich, lassen sich gut erklären, trotzdem mussten wir immer mal wieder das eine oder andere Detail nachschlagen. Letztlich gab es zwar ab und zu Regeldiskussionen, aber eigentlich ist alles sauber erklärt.
Gleich vorneweg: Winter der Toten ist ein schön gemachtes und wunderbar thematisches Spiel. Allerdings braucht man schon ein gewisses Faible für das Thema, gibt es doch den einen oder anderen Toten und so manche moralisch bedenkliche Entscheidung. Aber hey, es ist ein Spiel. Und es macht Spass.
Das (zumindest für mich) neue Element: Es handelt sich um ein kooperatives Spiel, bei dem aber jeder noch eigene Interessen verfolgt. Heisst: Die gesamte Gruppe hat je nach Szenario ein bestimmtes Ziel, jeder Spieler hat aber noch ein eigenes geheimes Ziel, das er erfüllen muss. Und er kann nur gewinnen, wenn das Gruppenziel und das eigene Ziel erfüllt sind. Das führt zu einem schönen Dilemma. Im ersten Spiel hat ein Spieler die anderen fleissig mit Medizin versorgt und konnte darum am Schluss das eigene Ziel nicht mehr erreichen, im zweiten Spiel hat eine Spielerin ihre Benzin-Karten zurückgehalten, obwohl die Gruppe sie benötigt hätte. Mit dem Effekt, dass wir eine Runde später alle tot waren. Logisch, dass nachher intensive Diskussionen stattfanden. Es gibt im Spiel auch Verräterkarten, welche andere Siegbedingungen beinhalten, in beiden Spielen wurde aber keine gezogen.
Neu sind auch die Schicksalkarten. Zu Beginn jeder Zuges eines Spielers zieht sein Sitznachbar eine Karte. Dort ist genau aufgeführt, in welchen Situationen sie zum Einsatz kommt. Dann und nur dann (das kann mitten im Zug des Spielers sein), liest der Nachbar die Karte vor, worauf sich der Spieler meist für eine von zwei oder drei Möglichkeiten entscheiden muss oder auch eine Abstimmung stattfindet, womit die entsprechende Konsequenz ausgelöst wird. Falls die Situation nicht eintrifft, wird die Karte einfach wieder unter den Stapel geschoben, ohne dass Informationen weiter gegeben werden.
Ein spezielles Element sind auch die Krisenkarten. Sie werden zu Beginn jeder Runde aufgedeckt und bilden eine weitere Aufgabe im Spiel. In der betreffenden Runde müssen die Spieler gemeinsam eine bestimmte Zahl der geforderten Karten ablegen, sonst erleidet die Gruppe negative Konsequenzen, die auf der Karte beschrieben werden. Falls sogar zwei Karten mehr als gefordert abgelegt werden, kriegt die Gruppe gar eine Belohnung. Die Karten werden verdeckt abgelegt, so dass auch andere, nutzlose Karten gespielt werden können. Das ist vor allem für den Verräter interessant, aber auch normale Spieler können davon Gebrauch machen. Sie hinterlassen den Eindruck, der Gruppe zu helfen, behalten aber vielleicht Karten zurück fürs eigene Ziel.
Der Ablauf einer Runde ist simpel. Es wird eine Krisenkarte aufgedeckt, dann würfeln alle Spieler ihre Würfel, wobei jeder Spieler einen Würfel mehr hat, als er Figuren besitzt. Danach führen die Spieler ihre Züge durch. Erst macht der Startspeler alle seine Züge, dann reihum die nächsten. Es gibt verschiedene Aktionsmöglichkeiten, wobei für eine Teil der Aktionen Würfel nötig sind, andere sind immer möglich. Die Spieler können Zombies töten, können am Standort ihrer Figuren den Kartenstapel durchsuchen, um Nahrung, Benzin, Waffen, Medikamente, weitere Figuren oder andere wertvolle Dinge zu finden, sie können Barrikaden bauen, Abfall entsorgen, Zombies anlocken oder die Spezialfähigkeit ihrer Figur einsetzen. Sie können auch Nahrung fü die Gruppe beitragen, Karten zur Abwehr der Krise ausspielen, ihre Figuren an einen Ort bewegen (es gibt die Kolonie plus sechs Aussenposten) oder ihre Figuren mit Gegenständen ausrüsten. Haben sie das Gefühl, es sei ein Verräter im Spiel, können sie auch über eine Verbannung abstimmen lassen, falls der Spieler verbannt wird, darf er die Kolonie nicht mehr betreten und zieht eine neue spezielle Zielkarte.
Man sieht: Es gibt einiges zu tun. Soll ich die Krise abwehren, für das Gruppenziel arbeiten oder das eigene Ziel verfolgen? Finde ich die richtigen Karten? Wie nutze ich die Fähigkeiten meiner Figuren am besten? Und dauern drohen Gefahren: Sowohl beim Kampf gegen Zombies wie auch beim Bewegen kann ich mich verletzen oder gar sterben. Es wird viel diskutiert in der Gruppe, letztlich entscheidet aber jeder selber, was er macht. Und auch die Würfel müssen mitspielen, gewisse Aktionen erfordern je nach Figur gewisse Würfelwerte.
Wenn alle Spieler ihre Züge gemacht haben, kommt die Koloniephase. Die Figuren in der Kolonie müssen ernährt werden (sonst sinkt die Moral), auch wenn zu viel Abfall produziert wird, sinkt die Moral, die Krisenkarte wird überprüft, neue Zombies tauchen auf (und wenn kein Platz mehr ist an einem Ort, dann töten sie Figuren) und es wird geprüft, ob jemand das Ziel erreicht hat. Sonst folgt einer weitere Runde.
Nach den ersten zwei Partien muss ich sagen: Das Spiel gefällt. Nicht nur mir, sondern auch den Mitspielern. Das Material ist schön und funktional, die Zombiestimmung kommt gut rüber, es gibt viele Entscheidungszwänge, die Gefahr, als Gruppe zu scheitern, ist stets vorhanden. Es wird viel Stimmung vermittelt, gerade auch durch die Schicksalskarten, die jeweils ganze Szenen beschreiben. Auch die ürbigen Karten sind sehr stimmungsvoll gestaltet. Das wirkliche Highlight ist meiner Meinung nach aber die Mischung von kooperativem Gruppenspiel und das Verfolgen einer Ziele. Die Spieler müssen zusammenarbeiten und können sich doch nicht ganz trauen. Ich denke, es werden noch einige Spiele folgen, hoffentlich auch mal mit Verrätern (die Wahrscheinlichkeit, dass einer dabei ist, liegt unter 50 Prozent). Ob die vorhandene Anzahl an Karten ausreicht oder es sich irgendwann wiederholen, muss sich noch zeigen.
Noch zu den Spielzeiten: Die erste Partie zu viert dauerte mit Erklärung zweieinhalb Stunden, die zweite Partie zu dritt etwas unter zwei Stunden. Und obwohl viel Material vorhanden ist, reicht ein normaler Tisch aus, um alles unterzurbingen.Schön auch: Jeder Spieler hat eine Übersichtkarte, die den Rundenablauf und alle möglichen Aktionen beschreibt. Überhaupt ist die Übersichtlichkeit für ein solches Spiel sehr gut.
Lange Rede, kurzer Sinn: Klare Empfehlung von meiner Seite.
Gruss aus der Schweiz
Chregi