Carcassonne – Der Turm
von Klaus-Jürgen Wrede, 2-6 Spieler ab 8 Jahren, Hans im Glück
Da ich bisher noch kein PEEP zu dieser Erweiterung finden konnte, werde ich mich mal opfern. Wenn es schon einen gibt - vergesst dieses Posting ;-)
Ich gehe bei diesem PEEP davon aus, dass die Grundregeln von Caracassonne bekannt sind um hier nicht den Rahmen zu sprengen.
Die Spielidee:
Bei der nun 4. „großen“ Erweiterung sollen Türme auf den Landschaftskärtchen gebaut werden um damit fremde Gefolgsmänner gefangen zu nehmen. Diese können gegen Abgabe von Siegpunkten wieder zurückgeholt werden.
Das Material:
Ich gebe zu das ich mir diese Erweiterung auch geholt hätte wenn es keine große Regeländerungen bzw. -neuerungen beinhaltet hätte. Denn neben der eigentlichen Erweiterung befindet sich auch ein Kartenturm aus festen Karton in der Schachtel. In diesen Turm können die CC-Plättchen aufbewahrt werden und im Spiel aus diesem herausgezogen werden. Dabei ist zu sagen, dass ich all meine benötigten Plättchen in diesem Turm unterbringen kann. Ich verwende immer folgende Plättchen: Grundspiel, 1. Erweiterung, Händler & Baumeister-Erweiterung, Der Turm und König und Späher. Diese Kärtchen können alle in dem Turm untergebracht werden. Auch die Plättchen der 3. Erweiterung würden noch mit hinein passen. Ob der Fluss und der Graf auch noch Platz finden würden, kann ich leider nicht sagen. Ärgerlich ist nur, dass der Turm ein paar Millimeter zu tief ist um in die normale CC-Schachtel (Grundspiel) zu passen. Der Deckel lässt sich dann nicht mehr 100% schliessen
Die eigentliche Erweiterung beinhaltet noch 18 neue Landschaftsplättchen auf denen ein Turm-Symbol abgebildet ist. Hinzu kommen noch 30 Turmteile aus Holz.
Der Spielablauf:
Zunächst bekommt jeder Spieler zu Beginn gleich viele Turmteile die nur er verbauen darf. Bei 5 Spielern z.B. jeder 6 Teile. Das Grundprinzip bleibt zunächst mal gleich. Man zieht ein Plättchen vom Stapel bzw. jetzt aus dem Kartenspender-Turm und legt es nach den bekannten Regeln an. Nun hat man aber mehrere Möglichkeiten. Entweder man setzt wie gewohnt einen Gefolgsmann auf das gerade gelegte Kärtchen oder man wählt aus drei neuen Möglichkeiten:
A)
Man darf ein eigenes Mauerteil auf ein beliebiges Plättchen setzen welches ein Turmsymbol beinhaltet. Also auch auf Plättchen die schon in früheren Runden gelegt wurden.
B)
Man erhöht einen beliebigen Turm indem man ein eigenes Turmteil auf bereits vorhandene drauf setzt (dabei ist es egal wer die vorherigen gelegt hat).
C)
Man setzt einen seiner Gefolgsmänner auf einen Turm um ihn abzuschließen bzw. um ihn zu deaktivieren.
Was soll nun das Ganze?
Durch das Legen von Turmteilen ist es einem Spieler möglich fremde Gefolgsmänner als Gefangene zu nehmen. Wenn ich z.B. einen neuen Turm anfange, also das erste Teil auf ein Turmsymbol lege, kann ich 1 fremden Gefolgsmann gefangen nehmen, der sich entweder direkt auf diesem Feld befindet, oder auf einem Feld welches maximal 1 Feld in vertikaler oder horizontaler Richtung davon liegt.
Wenn ich einen Turm erhöhe (z.B. das dritte Teil eines Turms baue) kann ich entsprechend viele Felder weiter 1 Gefangenen nehmen. In diesem Beispiel also auch bis zu 3 Felder entfernt.
Um mich selbst vor solchen Überfällen zu schützen, kann ich eben einen Gefolgsmann auf einen Turm stellen. Dieser ist nun abgeschlossen und kann nicht mehr zum Klauen von Figuren benutzt werden. Dafür bleibt der Pöppel aber dann bis zum Ende dort stehen.
Die Gefangenen werden entweder ausgetauscht (Bsp.: Spieler Rot hat einen blauen gefangen und Spieler Blau dafür einen roten), in diesem Fall tauschen beide Spieler einfach die Pöppel ohne Konsequenzen wieder um, oder man kann sie sich freikaufen. Dafür muss man 3 Siegpunkte abgeben welche dem „Entführer“ als Bonus zugeschrieben werden.
Wie spielt es sich?
Nach zwei bisherigen Partien (zu dritt und zu fünft) konnte ich zwei völlig unterschiedliche Abläufe beobachten. Grundlegend ist zu sagen, dass es ähnlich wie bei der Erweiterung Burgfräulein und Drache nun möglich ist, die Mitspieler direkt zu „attackieren“. Während man dies beim „normalen“ CC ja nur indirekt machen kann (Einklinken in eine Stadt bzw. Zubauen durch das Legen von Karten). Wem dies überhaupt nicht zusagt, sollte wohl lieber die Finger von dieser Erweiterung lassen. Mir persönlich gefiel z.B. die 3. Erweiterung aus diesem Grund gar nicht. Doch hier fühlt es sich etwas anders an. Es erscheint zumindest mir etwas berechenbarer wo meine Pöppel gefährdet sind und wo nicht. Das dürfte jedoch auch stark von der Spielerzahl abhängig sein. Bei der Partie zu Dritt konnte ein Turm ja nicht höher als 2 Ebenen ansteigen bevor man wieder an die Reihe kam. Somit waren eigene Figuren mit einem Abstand von mindestens 3 Feldern relativ sicher. Dagegen war dies beim Spiel zu fünft schon wieder ganz anders. Wenn sich alle anderen zusammenschließen, kann man nicht wirklich etwas dagegen unternehmen. Vor allem bei unserer letzten Partie war es so, dass die Plättchen mit den Turmsymbolen sehr früh gezogen wurden. Das hatte zur Folge, dass jeder erst mal nur sichere und wenige Punkte abkassierte. Also z.B. durch eine sofort fertig gestellte Straße oder 2er-Stadt. Langfristige Strategien wie Klöster oder Wiesen werden doch erheblich unattraktiver, da immer wieder die Gefahr besteht, dass die gelegten Figuren nicht lange dort liegen bleiben. Dafür nahm das Spiel dann später, als fast alle Turmplättchen schon gelegt waren, wieder „normalere“ Züge und Strategien an. Aber man kann sich eben nie sicher sein, da jederzeit noch ein Turmplättchen gezogen werden könnte, dass dummerweise auch noch direkt neben meinen Bauern hingelegt werden kann.
Außerdem muss man sich immer die Frage stellen ob es sinnvoll ist jemandem einen Gefolgsmann z.B. aus einer Stadt zu klauen. Wenn diese nun leer steht, könnte ja mein Nachfolger davon profitieren wenn er die Stadt erweitern oder sogar abschließen kann.
Mit dieser Erweiterung ist es auch sehr wichtig auf welchem Plättchen genau ein Gefolgsmann steht bzw. liegt. Früher haben wir oft einen Bauern der gequetscht auf einem kleinen Wiesenabschnitt lag zur Verdeutlichung mitten auf die Wiese gelegt.
Zu dem in der Regel angegebenen Freikauf der Gefangenen kam es bei uns eigentlich fast nie. Denn fast niemand kam wirklich in die Verlegenheit zu wenig Gefolgsmänner im Vorrat zu haben. Auch eine Folge dessen, dass jeder versucht nur schnelle und sichere Punkte zu machen. Daher haben wir auch die Regeln etwas abgeändert und beschlossen das jeder Spieler für jeden Gefangenen den er am Ende besitzt noch mal 3 Punkte erhält. Ebenso ist in den Regeln nicht eindeutig geklärt ob mit einem Turm auch der große Gefolgsmann und andere Figuren wie Baumeister oder Schwein geklaut werden dürfen. Wir haben es daher so geregelt, dass der große Gefolgsmann genau so gefangen genommen werden darf. Baumeister und Schwein hingegen sind tabu und werden dem Besitzer zurückgegeben wenn sein „Begleiter“ entführt wurde.
Alles in allem hat es meinen Mitspielern durchweg sehr gut gefallen. Meiner Meinung nach ist diese Erweiterung für Leute die es planbarer mögen, am besten in einer Runde von 2-4 Spielern geeignet. Darüber hinaus wird es schon mal etwas unberechenbarer. Zudem könnte überlegt werden nicht alle 18 Turmplättchen mit ins Spiel zu bringen. Bei einem zu hohen Anteil der neuen Plättchen tritt eben das Problem des oft leeren verwaisten Spielfeldes auf, weil niemand sich traut langfristige Gefolgsmänner zu setzen.
Michael Schlepphorst