Man öffnet die erstaunlich kleine und ebenso erstaunlich schwere Schachtel und ist erst mal erfreut, dass man keine Pappteile ausstanzen muss. Obwohl: eigentlich ist das doch ein Großteil des Spaßes, ein neues Spiel zu bekommen - eben jenes "Auspöppeln". Blöd nur, wenn man danach die übrigen Papprippen entsorgen muss und das eben noch so schön kompakt in der Spielschachtel liegende Material trotz geschlossenem Deckel wie wild umherpurzelt (Tipp für viele pappmarkerintensive Spiele: einige oder alle Papprippen in den Boden legen, Schachteleinsatz, Anleitung und Spielplan obendrauf - Deckel schließt perfekt und hält alles schön zusammen).
Aber ich schweife total ab:
Bei Laborigines sind die erfreulich robusten und großen runden Spielplanscheiben bereits ausgestanzt, ebenso müssen die auf festem Kunststoffmaterial gedruckten vier Spielübersichten und ein paar qualitativ fatal an die 70er erinnernde, labbrige Karten nicht vorbereitet werden. Allerdings muss man doch noch Hand anlegen und Aufkleber als Fähnchen um dünne Holzstifte kleben, was fürchterlich in die Hose gehen kann, denn man hat je Totenkopfflagge nur einen Versuch.
Außerdem sind noch ein paar blaue Cocktailspieße ("Blitze"), zwei Holzwürfel, Holzscheiben in den 4 Spielerfarben (plus zwei weitere, die für Varianten des Spiels gebraucht werden), unzählige Holzwürfelchen in den 4 Farben und Knetgummi in eben diesen Farben dabei. Die deutsche Anleitung wurde mir fotokopiert separat zum Spiel übergeben - die beiliegende sowie das Material sind auf englisch (fast perfekt, wenn auch mit leichten Regellücken, die man aber samt und sonders im Spiel durch Logik schließen kann). Die deutsche Anleitung ist nicht von einem "native speaker" geschrieben worden, dennoch durchaus verständlich.
Ach ja: neben der Knete ist der beiliegende Moai (so eine Art Osterinselstatue, aus gebranntem Ton) für das Gewicht zuständig. Ein grimmig schauendes, kackbraunes Knollennasenmännchen, das dringend an seiner Unterseite mit einem Filz versehen werden sollte, denn im Spiel dreht man die Figur gerne mal in ihre Laufrichtung - und das könnte die Spielplanscheiben beschädigen, die keinesfalls wiedererkennbare Markierungen aufweisen sollten. Moai kommt irgendwo auf die in zufälliger Reihenfolge zu einem Kreis gelegten Spielplanscheiben, die das Labor, also den Lebensraum der Spielfiguren bilden.
Über seine Holzscheibe knetet man sich eine Spielfigur (den titelgebenden Laborigine - den Laboreinwohner) in der eigenen Farbe und stellt sie auf einen freien Platz des Rundkurses, bekommt außerdem noch 20 Energiewürfelchen.
Es wird mit beiden Würfeln gewürfelt - man sucht sich ein Würfelergebnis aus, mit dem der Moai im Uhrzeigersinn weitergezogen wird, das andere bewegt die eigene Figur (egal, in welche Richtung).
Ziel: Als letzter am Leben zu bleiben (sprich: mit noch mindestens einem Energiewürfelchen im Vorrat auf dem Rundkurs zu stehen, nachdem alle anderen Spieler ausgeschieden sind).
Das Leben eines Laborigines ist nämlich fast ausschließlich gefährlich und kostet eine Menge Energie. Trifft man auf den Moai (oder er auf einen selbst) kostet das Energiewürfelchen, ebenso, wenn ein anderer Laborigine auf den eigenen trifft. Die bezahlten Würfelchen werden zum Teil auf die jeweilige Spielscheibe gelegt, zum Teil kommen sie ganz aus dem Spiel. Die Gesamtenergiemenge nimmt also stetig ab.
Da niemals zwei Spielfiguren auf einem Feld stehen bleiben dürfen, zieht die gerade bewegte Figur nach einem etwaigen Treffen noch mal so viele Schritte weiter, bis sie ein freies Feld erreicht. Das kann, bei vielen Spielern, zu langen, durchaus planbaren Kettenzügen führen, bei denen die Spielfigur bei den Gegnern eine Spur der Verwüstung hinterlässt.
Auf einer freien Scheibe angekommen, nimmt man sich die dort eventuell liegenden Energiesteinchen (egal, welcher Farbe) und dreht anschließend die Scheibe um. Das abgebildete Symbol der Scheibe bestimmt, was nun passiert:
Die Figur kann in eine Explosion geraten (kostet Energie), vom Blitz getroffen werden (blauen Plastikpieker in die Knete bohren), erkranken (Totenkopfflagge reinstecken, Krankheitskarte ziehen), in ein Säurebad fallen (kostet beim Weiterziehen Energie). Nach ein paar Runden sehen die Knetmännchen arg pockennarbig aus. Im Lauf des Spiels lernt man alle Seiten der Scheiben kennen und kann als memorygestählter Spieler die schlimmsten weitestgehend vermeiden (die übelste ist netterweise beidseitig zweifelsfrei markiert). Es gibt nämlich auch ein paar positive oder neutrale Scheibenseiten.
Weniger das Würfelglück als vielmehr die lieben Mistpieler werden allerdings dafür sorgen, dass man doch immer wieder in üble Situationen gerät - insbesondere die Regel, einem Mitspieler die Zugrichtung vorzuschreiben, wenn man 3 Würfelchen in dessen Farbe abgibt, ist eine fiese. Fies für den Mitspieler, der dann prompt in den Moai latscht oder in die "große Explosion", fies aber auch in der Anwendung, denn man vergisst diese Möglichkeit nur allzu leicht und hat nicht allzuviel Zeit, sie (schadensbringend) einzusetzen.
Erwähnenswert neben weiteren Regelfeinheiten: die diversen Krankheiten, die sich alle Laborigines einfangen können, und die Immunitätsflagge, die vor dem Abgeben von Würfelchen schützt, aber leider, leider dauernd den Besitzer wechselt.
Fazit: Als Jugendlicher (lange vor Hase und Igel und den dann folgenden Spielperlen) habe ich gerne Malefiz gespielt (was ich heutzutage nur im Notfall noch tun würde). Laborigines lässt die gleiche Saite in mir erklingen, wie damals: Ein witziges Ärgerspiel mit nicht zu verleugnendem Glücksanteil, aber vielen taktischen Entscheidungen, die weniger offensichtlich sind, als man denkt.
Schade, dass die Krankheitskarten recht schäbig sind und die Totenkopfflaggen nicht den düsteren, in der Spielregel abgebildeten, entsprechen, sonst bekäme das Spiel keinerlei Abzüge in der Ausstattungsnote.