Unverhofft kommt oft! Und das vor allem bei den eher spärlich gesäten Detektivspielen am Brettspielsektor (die gefühlten 100 Varianten von CLUEDO nicht mitgezählt!). Umso überraschter war ich über das plötzliche Erscheinen von SAUSTALL, einem Spiel zu den mir noch nicht bekannten Kommissar Kluftinger Romanen. Auch wenn ich die literarische Vorlage nicht kenne, erscheint das Thema als äußerst passend und amüsant.
Aufgabe der Spieler ist es, in der Rolle des Kommissars möglichst erfolgreich darauf zu tippen, wie der Mord oder vielleicht auch Unfall ( Schlagzeile: MANN WURDE VON RIESENKÄSLAIB IM SAUSTALL ERSCHLAGEN), von statten gegangen ist. Jeder Spieler verfügt dafür über Plättchen mit den Abbildungen aller Verdächtigen, 2 mit den beiden Geschlechtern, 1 für den möglichen Unfall und weitere für die Motive. Zu Beginn des Spiels erhält jeder Spieler 3 Karten, die der eigentliche Motor des Spiels sind. Aufgrund der Bedeutung dieser Karten können von allen Spielern schon erste Vermutungen über den Tathergang angestellt werden. Diese Vermutung wird dadurch gemacht, dass genau 3 Plättchen vor der eigenen Plättchenablage verdeckt abgelegt werden müssen. Wäre diese erste Vermutung nun schon korrekt, würde sie bei Spielende Punkte bringen. Jeder versucht nun wenn er an der Reihe ist, die Ermittlungen so zu lenken, dass möglichst die eigene geheime Vermutung stimmt.
Ist man am Zug, so spielt man eine Karte aus. Es gibt die Alibikarten, die auf einen beliebigen Verdächtigen ausgespielt werden können. Dieser behauptet dann zum Beispiel, am Golfplatz gewesen zu sein. Nun gibt es aber auch noch Aussagekarten vom Golfplatzbesitzer selbst, der entweder behauptet, dass am Golfplatz eine Frau oder ein Mann war. Stimmt bei dieser Aussage das Geschlecht nicht mit dem des Verdächtigen am Ort überein, wird er höchst verdächtig.
Wer ist aber der Täter unter den höchst Verdächtigen? Dafür liegen im Labor am Spielbrett Hinweise, die am Tatort gefunden wurden. Von diesen Hinweisen hat aber zu Spielbeginn jeder Spieler verdeckt einen zugeteilt bekommen. Da jeder Verdächtige durch einen bestimmten Hinweis entlarvt werden kann, zum Beispiel der Priester durch einen Rosenkranz, kann jeder Spieler schon zu Beginn mindestens einen Verdächtigen als Täter ausschließen. Die Hinweise dagegen, die im Labor liegen, bestimmen, wer am Schluss des Spiels der Mörder war. Bleiben zum Beispiel am Ende des Spiels genau 3 höchst Verdächtige übrig, so werden die Hinweise vom Stapel im Labor nacheinander aufgedeckt und sobald eine Übereinstimmung mit einem der höchst Verdächtigen vorliegt, ist dieser der Mörder (oder es war ein Unfall, wenn kein Hinweis einen Verdächtigen eindeutig identifiziert!).
Ob nun die Vorhersagen der Spieler gänzlich oder zum Teil stimmen, bestimmt über Sieg und Niederlage. Dabei bringt ein richtiger Tipp auf den Verdächtigen satte 9 Punkte, für das richtige Motiv 5 und für das richtige Geschlecht 3 Punkte. Da die Wahrscheinlichkeit gering ist, dass ein Spieler schon zu Beginn den optimalen Tipp abgibt, hat man im Spiel immer wieder durch Aktionen die Möglichkeit, Plättchen des eigen Tipps und der Plättchenablage auszutauschen. Um mehr Licht ins Dunkel zu bekommen, erlauben andere Aktionen, Hinweise im Labor und bei den Spielern zu betrachten. Außerdem kann man Ermittlungen der Mitspieler verhindern, indem man ihnen Verpflichtungen aufhalst, damit ihr Vorankommen stagniert und man statt dessen selbst die Geschicke der Ermittlungen in gewünschtere Bahnen lenkt. Fraglich ist nur, ob sich die Mitspieler dies gefallen lassen, oder lieber einen Fettnapf in Kauf nehmen, der am Spielende 2 Minuspunkte bringt. Da gibt es aber Gott sei Dank noch die Möglichkeit, in der Dorfkapelle Buße zu tun um die Minuspunkte wieder loszuwerden.
Und nun das wohl wichtigste und schwierigste Element des Spiels zum Schluss: die großer Auswahl an Verdächtigen und Motiven schrumpft für jeden Spieler Runde für Runde. Denn immer wenn alle Spieler an der Reihe waren, muss jeder eine bestimmte Anzahl an Plättchen von seiner Ablage aussortieren, die für den Rest des Spiel verloren gehen und damit auch nicht mehr für Tipps auf den Mörder zur Verfügung stehen. Da fällt die eine oder andere Entscheidung wirklich schwer!
Zugegeben, wir haben SAUSTALL nun wohl erst zweimal gespielt, aber eine so erfrischende Herangehensweise an das alt gediente Krimithema haben wir selten in den letzten Jahren erlebt. Im Spiel greift jeder Mechanismus so wunderbar ineinander, dass es eine wahre Freude ist, auch die lustigen Text auf den Karten zu den Aussagen und Alibis immer wieder im Spiel zu rezitieren. Wenn sich der Pfarrer nur zufälligerweise in der Nähe des Bordells aufgehalten hat, ist das für ein erheitertes Schmunzeln das Sahnehäubchen auf einem äußert gelungenen Spiel. Wir mögen CLUEDO sehr (vor allem CLUEDO DVD und CLUEDO FX), wir sind auch von TATORT: HOTEL begeistert, die letzte Neuheit im Brettspielkrimisektor MYSTERY EXPRESS hat uns aufgrund von auftretender Zähigkeit nicht vom Hocker gehauen, aber bei so einem SAUSTALL wird von nun an wohl sehr häufig im Allgäu nach Mördern gefahndet werden.