Stellt euch vor, es ist Spieletreff, ein Freund kommt mit zwei Spielen vorbei und stellt euch vor die Entscheidung: „Allllso, im einen Spiel hier, da gibt es diese Rohstoffe , blablabla, Mittelalter, blablabla, Handeln, blablabla, Verschiffen, blablabla Arbeiter einsetzen, blablabla Siegpunkte. Und im anderen Spiel könnt ihr eine unfassbar große Zombiemeute mit Panzern überrennen, Nuklearschläge ausführen, Kannibalsimus betreiben und euren Gegnern übel einschenken!!!!!!!!!!!!“
Damit dürfte hoffentlich klar sein wofür ihr (die Spielbox Leser ;-) euch entscheidet: für das Mittelalterspiel ;-). Für die anderen wahrscheinlich ca. 10% (Glückwunsch zur exzellenten Wahl) ist dieses PEEP. Aber Achtung: Auch in diesem Spiel gibt es sie: ROHSTOFFE.
Worum geht’s?
In Zombie State versuchen 2-5 Mitspieler ihren Kontinent (Europa, Asien+Australien, Afrika, Nordamerika und Südamerika) vor einer Zombieinvasion zu schützen. Diese startet ganz harmlos in zwei Ländern, dargestellt durch einen Zombiemarker. Jede Runde allerdings fressen die Zombies weiter die Bevölkerung vor Ort (dargestellt durch einen W6, der mit vorgegebener Zahl startet und bei jedem Angriff eines Zombies auf die nächst niedrige Zahl gedreht wird). Beispiel: 3 Zombiemarker, Bevölkerung auf 5, diese wird auf 2 reduziert, Zombies sind für diese Runde satt. Dummerweise kommen dort aber nun 3 neue Zombies hinzu, d.h. dort sind nun 6, Bevölkerung auf 2. Nächste Runde werden nur 2 satt (und werden zu 4), der Rest bewegt sich (grob gesagt)zum Nachbargebiet mit der höchsten Bevölkerung. Damit dürfte klar sein: Es geht sehr sehr schnell mit der Zombievermehrung.
Was tue ich dagegen?
1.) Ich baue Panzer. Toll: Panzer töten Zombies. Nicht so toll: Zombies zerstören Panzer. Pro Panzer darf ich einen Zombiemarker im Land entfernen, der Zombie entfernt aber auch meinen Panzer (weil 1 Marker steht natürlich für ca. 1000000000000 Zombies. Hier war Quantität immer schon wichtiger als Qualität).
2.) Technologien. Jeder Spieler hat einen Technologieplan mit drei Spalten (Medizin, Militär, Wissenschaft) und drei großen Bereichen (insgesamt 24 verschiedene Technologien). Bevor eine Technologie aus Bereich 2 gebaut erforscht werden kann muss ich z.B. 3 Techs aus Bereich 1 erforschen. Hier fängt das Spiel an abwechslungsreich zu werden, kann ich doch pro Partie nur eine Handvoll Techs erforschen. Diese beziehen sich auf alle Aspekte des Spiels. So kann ich mein Militär stärken, Panzer aufwerten, aber auch die Impfung erforschen, die die Ausbreitung des Virus verlangsamt. Ich kann meine Wirtschaft stärken und mehr Ressourcen erhalten, mit Kannibalismus meine Zombies sich selbst zum Fraß vorwerfen lassen, das rote Kreuz kann einstmals verwüstete Gebiete wieder aufbauen, also Population ansiedeln, Nuklearangriffe schlagen eine Schneise in die Zombiefront, töten aber auch meine Bevölkerung, Brain Food lotst Zombies unabhängig der Bewegungsregeln (auch zum Gegner hin), Mauern verbarrikadieren mich vor Zombies, Quarantäne isoliert ein Gebiet komplett, andere Techs verhindern das erneute zufällige Ausbrechen der Seuche an neuer Stelle undundund. Hier gibt es wirklich eine MENGE zu entdecken und auszuprobieren.
Wie bezahle ich das Ganze?
Meine Länder bieten Ressourcen: Nahrung, Holz, Uran, Öl. Am Anfang des Spielzugs geben Länder mit noch mindestens einer Bevölkerung die entsprechenden Karten. Techs können hier helfen. Um einen Panzer zu bauen bezahle ich Ressourcen. Um eine Technologie zu entwickeln bezahle ich Ressourcen. Hier kommt eine Regel ins Spiel die einigen Spielern missfällt: Ich muss würfeln, ob die Erforschung erfolgreich war. Und zwar ist die Chance zunächst 50/50 (7-12 mit 2 W6), kann aber durch den Einsatz diverser Mittel gesteigert werden. Versage ich, bekomme ich beim nächsten Mal +3. Die Rohstoffe sind trotzdem weg. Hat jemand die Tech schon entwickelt, gibt das +1. Außerdem kann ich mehr als eine Aktion einsetzen um weiteren Bonus zu erhalten.
Wie wird gespielt?
Mit Aktionen. Jeder hat davon eine bestimmt Anzahl pro Runde, je weniger Länder noch nicht überrannt sind, desto mehr. Schlecht sein wird bestraft. Was mach ich mit einer Aktion: Techs entwickeln, einen Panzer bauen, Panzer bewegen oder Technologien einsetzen (Nuklearschlag, Luftangriff, Rohstoffe ziehen...). Das wars.
Achja, es gibt noch Zufallskarten, die jede Runde mit einer minimalen Spezialregel würzen: Panzer dürfen nicht bewegt werden, Techs sind billiger oder teurer undundund. Und wenn man sich gerade sicher wähnt kann der Virus auch irgendwo wieder ausbrechen (Wenn der Sextourist aus Novosibirsk wieder zurück aus Thailand ist, geht es eben in Novosibirsk wieder los!)
Wie spielt es sich? Sensationell. Hier geht es zunächt (in den ersten Partien) nicht ums punkten (Gewonnen hat der der nach einer bestimmten Rundenanzahl die meisten Überlebenden hat), sondern darum, ÜBERHAUPT zu überleben. Jedenfalls mit mehr als einer Bevölkerung unter Quarantäne. Gegen dieses Spiel ist „Im Jahr des Drachen“ ein Feelgood-Familienspiel mit Rohstoff- und Aktionsüberfluss. Man kämpft quasi die komplette Spielzeit gegen Windmühlen, kann aber mit cleverem Einsatz der Panzer und Technologien durchaus Erfolge erzielen, wenn vllt. auch nicht in der ersten Partie. Es gibt wirklich eine MENGE Möglichkeiten. Die ich auch überhaupt noch nicht ansatzweise ausgelotet habe. Und von denen man in jeder Partie nur eine Handvoll testen kann. Man muss frustresistent sein, definitiv. Man muss damit klarkommen, dass, wenn man bei einer Tech zockt und auf 50/50 würfelt, dabei zu oft versagt, die Sache gegessen ist. Und man muss Trash-Themen mögen. Eurogamer können hier wegen des Mechanismus mit Rohstoffen und Aktionspunkten mit Sicherheit Gefallen finden, lediglich das Würfeln bei der Erforschung ist grenzwertig. Aber bei Kämpfen wird eben gar nicht gewürfelt. Alles ergibt sich aus der Stärke Panzer vs. Zombies. Trotzdem bleibt eines der meiner Meinung nach spannendsten, atmosphärischsten und besten Themenspiele der letzten Zeit. Ob das balanced ist (24 Techs immerhin)? Keine Ahnung! Ist das wichtig? Absolut überhaupt nicht. Ein irres Spiel mit tollen Regeln, guter Ausstattung (wenn auch zu bunt) und rundem Spielgefühl. Ein Spiel mit vielen bekannten Mechanismen aus Eurogames, das sich trotzdem in der Summe komplett neu anfühlt. Nie war ein Spiel so konsequent darauf ausgelegt, den Spieler auszulöschen. Nie hat ein Designer weniger darauf geachtet, den Spielern ein möglichst positives Spielgefühl zu geben. Wer damit klar kommt oder sich zumindest darauf einlässt, wird belohnt. Ein Spiel mit definitivem „Nochmal!“-Effekt. Beim nächsten Mal bin ich besser. Das muss doch gehen! Klar geht das. Wenn da nicht der neue Seuchenausbruch in Australien wäre.... Oder die Panzer nicht so verdammt teuer. Wenn die Technologie nur eine Runde früher erforscht worden wäre. Hier wird das Spiel sogar ein klein wenig zum Knobelspiel. Wo gehen meine Zombies hin? Was machen die Mitspieler? Haben die schon Mauern gesetzt oder kann ich die Meute noch nach Europa zum Mitspieler locken?
Wie gesagt, sensationell. Kaufen! Oder auf deutsch veröffentlichen! Ich kaufs dann auch nochmal. Und verschenke es an die komplette Verwandtschaft. Liegt zwar dann nur rum. Aber das tut Keltis auch. Mein Vorschlag: Alea bringt das Spiel auf Deutsch, es bekommt den SdJ-Preis, Alea somit endlich auch mal. Alle sind glücklich und die 100.000 verkauften Weihnachtsexemplare liegen bei den Familien so rum. Also wie immer. Uns geht es doch eh nur darum dass Verlage durch den Preis genug Geld bekommen, um wieder Spiele für uns zu entwickeln. Und die Jungs die das Spiel von der Tante zu Weihnachten bekommen werden ZombieState Regeln bestimmt eher lesen als die Keltis-Regeln! Weil wir wissen: Jeder mag Döner. Und Zombies:
http://www.spiegel.de/kultur/literatur/0,1518,705388,00.html