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Frühjahrs-Neuheiten 2017 vom Nürnberger-Spielkarten-Verlag (NSV)

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SpieLama
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Frühjahrs-Neuheiten 2017 vom Nürnberger-Spielkarten-Verlag (NSV)

Beitragvon SpieLama » 20. Januar 2017, 21:16

Ich habe die Frühjahrs-Neuheiten 2017 vom Nürnberger-Spielkarten-Verlag (NSV) in unsere Datenbank eingetragen. Informationen zu Neuheiten von anderen Verlagen findet ihr unter viewtopic.php?f=45&t=389005, unser Nürnberg-Liste könnt ihr unter http://gesellschaftsspiele.spielen.de/m ... nuernberg/ durchsuchen.

Normalerweise folgt jetzt einer Übersicht der Spiele mit einer kurzen Beschreibung. Da Reinhard Staupe aber auch immer interessante Einblicke in die Entstehung der Spiele gibt, wird es nun etwas ausführlicher.

Reinhard Staupe hat geschrieben:Tembo
für 2 bis 4 Personen ab 8 Jahren, 20 bis 25 Minuten, Autor: Andreas Spies Illustrator: Oliver Freudenreich
Spiele sind eine wunderbare Form der Kommunikation. Und so haben die großen Geschichten innerhalb der Spieleszene vordringlich nichts mit Geschäft, Mechaniken oder Erfolg zu tun, sondern mit den persönlichen Begegnungen, am Tisch oder am Rande, eben mit Kommunikation. In diesem Sinne ist die Entstehung von Tembo gleich in doppelter Hinsicht eine ganz besondere Story.

Wenn ein Mitspieler des wöchentlichen Spieletreffs, der bisher einfach nur ein Vielspieler/Gernspieler/Spielefreak war, plötzlich und erstmalig mit einer eigenen Erfindung aufwartet, dann ist man natürlich überaus gespannt. So war es auch bei Andreas Spies, ein langjähriger Istanbul-Brügge-Dominion-Abluxxen-Mitzocker, der an einem eigentlich ganz normalen Spieleabend zur allseits großen Überraschung eine kleine Schachtel mit der Aufschrift „Tembo“ (Suaheli für Elefant) auf den Tisch legte. „Na, dann lass mal sehen, das gute Stück!“ Ausgepackt, gespielt und hey, das war verheißungsvoll. Zwar war die Spielmechanik noch einiges davon entfernt, richtig rund zu laufen, es fehlte noch Entscheidendes, aber von Anfang an war da in Gänze dieses großartige, eindrucksvolle, wunderschöne Thema.

Und an dieser Stelle muss man ehrlich sein: Dass ein kleines Kartenspiel wirklich thematisch entsteht und wächst, dass also ein faszinierendes Geschehnis der realen Welt die treibende und stimmige Kraft darin ist, ist überaus selten, ja fast schon einzigartig. Klar, bei Brettspielen kennt man das – aber bei Kartenspielen? Fällt irgendwem etwas dazu ein? Bei Kartenspielen ist es doch eher so, dass man zumeist eine funktionierende, abstrakte Mechanik vorliegen hat und hinterher dann nach einem passenden Thema sucht, oder wenigstens nach einer halbwegs passenden Assoziation, an der man die Gestaltung aufhängen kann.

Der erste Kommentar der NSV-Redaktion zu Tembo lautete: „Wenn Du das spielmechanisch hinbekommst, dann kannst Du das bestimmt bei einem großen Verlag veröffentlichen.“ Für die NSV war es einfach ein Tick too much, zu viel Spielregel, zu viele Details. In den folgenden Wochen haben wir dann immer wieder mal dran gebastelt, dieses und jenes verändert, weggelassen, hinzugefügt – einfach so, schließlich wohnt man nah beieinander und werkelt gerne kreativ an Spielen rum (und spielt nebenbei noch ne Runde Marco Polo).

Nach einer Weile wurde Tembo immer besser, die Ecken glatter, der Ablauf einfacher, packender, spannender. Und letztlich wurde daraus geradezu eine perfekte Simulation der realen Ereignisse. Viele Huftiere erreichen das rettende Ufer, aber (wie das in der Natur so ist) auch die Löwen und Krokodile gehen zufrieden nach Hause, mal einigermaßen gesättigt, mitunter auch pappsatt. Taktik, Strategie, Ärgerfaktor, Glück, Emotionen, flotter Ablauf – alles passte. Kurzum: „Sorry Andreas, aber Tembo darf das NSV-Haus nicht mehr verlassen.“

Was noch fehlte, war die entsprechende atmosphärische Umsetzung. Eigentlich war Tembo für Essen geplant, aber der verbundene Illustrationsaufwand bedingte es, dass das Spiel auf Nürnberg verschoben werden musste (und Andreas' zweites Werk „Take That“ vor seinem Erstlingswerk erscheint). Nun ist Tembo da – und Oliver Freudenreich hat wie immer erstklassige Arbeit geleistet. Großartig sieht es aus! Und nun bleibt nur noch zu sagen: Wohlan, taucht ein in die faszinierende afrikanische Welt! Folgt der Fährte der Elefanten und bringt die Tiere in deren Fußstapfen über den Mara!

Qwinto: Das Kartenspiel
für 1 bis 4 Personen ab 8 Jahren, 20 bis 25 Minuten, Autoren: Reinhard Staupe, Uwe Rapp, Bernhard Lach Illustrator: Oliver Freudenreich
Dass Qwinto ein tolles Würfelspiel ist, auf Augenhöhe mit Qwixx, davon waren wir von Anfang an überzeugt. Dass die Kritiken dann jedoch durchgängig dermaßen positiv ausfallen, Qwinto auf der Empfehlungsliste zum Spiel des Jahres landen und sich nachhaltig so gut verkaufen sollte, davon hatten wir bestenfalls vorsichtig zu hoffen gewagt.

Wie oft Qwinto tagtäglich auf den Spieltischen landet, nämlich sehr oft, belegen die erfreulichen Verkäufe der Zusatzblöcke sehr eindringlich – es hat sich mittlerweile eine große Fangemeinde erspielt. Und genau für diese Leute, für die echten Fans, gibt es nun das Kartenspiel.

Wenn, wie bei Qwinto, die einzutragenden Zahlen letztlich von den Würfeln bestimmt werden, also von der puren Laune des Zufalls, dann wünscht man sich manchmal mehr Taktik, mehr Planung, mehr eigene Entscheidung – damit die verdammten Dinger auch mal punktgenau im gewünschten Moment das geplante Ergebnis bringen. Genau das war der Impuls für die Kartenversion. Mehr Einfluss sollte her!

Das Problem beim Übertragen von Würfelglück auf Kartentaktik besteht stets darin, dass man das, was die stochastische Verteilung auf Dauer bewirkt, eben auch mit Karten hinbekommen muss, um ein ähnliches Spielgefühl zu erzeugen. Beim Original-Qwinto kommen einerseits die hohen Zahlen (17, 18) extrem selten. Andererseits ist von Runde zu Runde ein komplett anderes Ergebnis in unterschiedlichen Farben möglich, mal sehr hoch, mal sehr niedrig. So sollte das auch bei der Kartenversion sein.

Die Umsetzung dieses Wunsches in die Realität war dann alles andere als einfach. An irgendeiner Stelle hakte es immer. Aber dann klappte es doch. Die Lösung lag in der Reduzierung auf einen sehr kleinen Raum: ein 2x2-Raster! Dazu noch eine neutrale Farbe und hin und wieder ein Doppelzug – das waren die nötigen Zutaten. Die hohen Zahlen, 17 und 18, kommen auf diese Weise eher selten zustande und Sprünge von ganz hoch zu ganz niedrig sind machbar. Und das, was als einzutragendes Ergebnis herauskommt, liegt komplett in der Hand der Spieler. 1a! Bingo!

Sehr zu empfehlen ist übrigens auch die Solo-Variante. Das Kartendeck wird hierbei genau ein Mal durchgespielt. Mit diesem einen Durchgang ein lukratives Spielende (zwei Farbreihen voll) herbeizuführen, ist verdammt schwer, aber machbar – eine echte Herausforderung. Die 100-Punkte-Marke wurde bisher knapp verfehlt, aber auch das sollte schaffbar sein.

Twenty One
für 2 bis 6 Personen ab 8 Jahren, 15 bis 20 Minuten, Autoren: Reinhard Staupe, Steffen Benndorf
In der Spielregel von Kingsburg stand mal geschrieben: „Es ist sehr befriedigend, damit die aufgedruckten Baukosten zu verdecken.“ Was seinerzeit in unserer Spielrunde Schmunzeln bis Grölen auslöste, verhakte sich offenbar tief im Gedächtnis und tauchte nun, Jahre später, während der Arbeit an Twenty One, wieder daraus empor – zum Glück!

Immer wieder gibt es veröffentlichte Spiele, bei denen einen das Gefühl beschleicht „ja, das hat was, das ist interessant, aber irgendwie ist es noch nicht so ganz fertig, da hätte man mehr rausholen können“. So war es auch bei Fiese 15 von Steffen Benndorf, das einen tollen GrundWürfel-Mechanismus hatte. Als Steffen uns das Spiel im letzen Jahr unter dem Arbeitstitel „Fiese 15 Reloaded“ mit mehreren Änderungen vorstellte, waren wir gespannt und machten uns sogleich mit Feuereifer ans Werk. Statt einzelner Würfelaufgaben, die nacheinander von allen erfüllt werden müssen, gab es nun 8 Würfelreihen für jeden, 8 Level sozusagen, die man von unten nach oben abarbeiten muss. Interessanter Ansatz. Nun konnte man entweder auf Tempo spielen oder auf Punkte, oder auf einen Mix aus beidem. Funktionierte gut, aber der richtige Drive fehlte noch. Wir probierten dieses und jenes aus – ohne Erfolg. Nichts zündete durchschlagend.

Was dann, einige Test-Wochen später, innerhalb von 24 Stunden geschah, ist geradezu ein Paradebeispiel für das, wonach man beim Spieleerfinden sucht (und immer suchen sollte!) – den Heureka-Moment. Er ist manchmal näher als man glaubt.

Also, Sonntagabend, mehrere Wochen liegen hinter uns. Die Testrunde ist sich einig: Auch diese Variante (vielleicht die siebte oder achte) ist es nicht. Das Kribbeln fehlt nach wie vor, der Wiederspielimpuls. Es will sich einfach nicht fügen. Vielleicht sollten wir besser aufgeben und den Deckel schließen. Es fühlte sich nach Game Over an.

Am selben Abend, sehr spät bereits, kam dann irgendwann die Kingsburg-Erinnerung hoch: Wäre es nicht sehr „befriedigend“, wenn man immer wieder exakte Treffer innerhalb einer Reihe erzielt und dafür dann Bonuspunkte bekommt? Also permanente Erfolgserlebnisse.

Das klang gut, sehr gut sogar. Es blieb allerdings noch das 1er-Problem, das uns schon eine Weile begleitete. Was konnte dazu führen, dass der aktive Spieler die 1er, die ihm nicht passen, nicht wieder wegwürfelt? Hm, tja... wie wäre es, wenn man alle Würfel erneut werfen darf, nur die 1er nicht? Das könnte klappen. Wird morgen ausprobiert. Gute Nacht und Licht aus.
Montagabend. Die selbe Testrunde findet sich ein. Und plötzlich, hey, das kann doch nicht wahr sein. Alle haben Spaß. Alle notieren mit Freude ihre Treffer und sacken die Boni ein. Und auch die 1er klackern fleißig ins Netz. Die fünf Reihen werden nur so weggeballert. Die einhellige Meinung: Das ist super. Es geht flott. Es macht Spaß. Und alle wollen sofort nochmal. Was gestern noch zum ad-acta-legen schien, ist nun plötzlich klasse geworden. Mehr noch: es ist FERTIG!

Es folgen natürlich noch etliche weitere Testpartien, aber der positive Soforteindruck bleibt genau so – selten ein Spiel auf dem Tisch gehabt, das sich dermaßen flott spielt, bei dem man sofort den Zettel abreißen und die nächste Partie folgen lassen möchte. Es macht einfach
großen Spaß! Nicht mehr und nicht weniger. Es fehlen nur noch ein paar Feinjustierungen bei der Verteilung der Farbfelder, und das Ding ist eingetütet.

Einen derart schnellen und durchschlagenden Salto Mortale erlebt man beim Spieleentwickeln wirklich selten und er wird für immer im Gedächtnis bleiben. Zwischen Ablehnung und Durchbruch liegt manchmal nur ein kleines, entscheidendes Detail. Und manchmal braucht es dazu nur eine Assoziation an einen flapsigen Schenkelklopferspruch.

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