Günter Cornett schrieb:
> Ich glaube, das ist nicht der Punkt. Rolf hat das in seinem
> letzten Beitrag gut gezeigt, wie auch private Firmen Zensur
> üben können. Wenn nur staatliche Eingriffe Zensur sind,
> Eingriffe privater Unternehmen z.B. auf Zeitungsartikel aber
> grundsätzlich ok, dann haben wir bald keine Meinunsfreiheit
> mehr.
Okay, wir kommen da in den Bereich, dass große Unternehmen aufgrund ihrer wirtschaftlichen Macht quasistaatliche Befugnisse in Anspruch nehmen. Diese Eingriffe sind problematisch und hier hast du recht, dass diese Eingriffe in einen weiteren Begriff von Zensur passen. Ich würde sie als Quasi-Zensur oder Zensur ähnlich einstufen.
Es ist insofern imho schon der Punkt, als dass der Zensurbegriff, der hier im in der Diskussion (und auch allgemein gerne in Forendiskussionen) verwendet worden ist, die Löschung von Forenbeiträgen in einem privat(wirtschaftlich)en Forum im Internet als Zensur im Sinne eines Eingriffs in das Grundrecht der Meinungsfreiheit klassifiziert. Mir ging es darum, in welchem Sinne "Zensur" vom Gesetzgeber verwendet wurde. Und da gilt eben der sehr enge juristische. Insofern ist die Aussage:
Jede Löschung eines Beitrages in einem Forum ist ein Eingriff in ein Grundrecht. schlicht falsch.
Meinungsfreiheit impliziert nicht, dass die eigene Meinung auch gehört werden können muss. Dies kann (und soll) der Gesetzgeber nicht garantieren. Dies kann, wie die von Rolf genannten Beispiele zeigen, durchaus zu schwerwiegenden Verschiebungen in den Darstellungsmöglichkeiten führen, die auf unterschiedlichen ökonomischen Möglichkeiten basieren. Da gibt es nichts zu verharmlosen. Wie jemand seine Meinung an den Mann/ die Frau bringt, liegt an jedem einzelnen. Manch einem mag es wie Zensur vorkommen, dass er anscheinend mit dem Veröffentlichungswunsch seiner Meinung immer wieder gegen verschlossene Türen rennt. Aber damit muss es das nicht wirklich sein. Vielleicht teilt einfach niemand, der über die Einzelveröffentlichung in einem der Medien, die die Person angegangen ist, zu entscheiden hat, die Meinung, dass das wirklich veröffentlichungswürdig ist. Der Betroffene wird die Entscheidung nicht nachvollziehen können. Der jeweilige Verlag durchaus.
> Eine wichtige Frage hierbei ist:
> handelt es sich bei Forumsbeiträgen um Leserbriefe oder
> redaktionelle Beiträge (oder etwas ganz anderem, für das es
> neue Regeln geben sollte)?
Nein, die Frage ist: Paßt der Beitrag in dieser Form in dieses Forum nach Meinung des Forumsbetreibers oder nicht. Im Prinzip befinden wir uns als Schreiber hier in einem Vertragsverhältnis mit dem Betreiber des Forums. Der Betreiber stellt allein die Regeln auf, nach denen hier Beiträge veröffentlicht werden dürfen. Wem das nicht paßt, sollte sich ein anderes Forum suchen, wo andere Regeln gelten oder ein eigenes Forum aufmachen, wo er die Regeln anders bestimmen kann.
> Keine Zeitung ist verpflichtet, einen Leserbrief abzudrucken.
> Wenn eine Zeitung Ärger bekommt, weil sie einen Leserbrief
> abdruckt, dann wäre das schon ein Zensur-Eingriff. Das setzt
> allerdings voraus, dass die Zeitung diesen Leserbrief
> abdrucken wollte, also vor der Veröffentlichung kannte.
Na ja, eine Zeitung sollte jeden Beitrag kennen, bevor sie ihn veröffentlicht. ;) Natürlich kann Zensur nachträglich geschehen. Tut es in Deutschland durchaus auch. (Auch wenn hier der juristische Begriff des GG nicht angewandt wird.) Die Bundesprüfstelle ist da ein Beispiel. Auch das gesetzliche Verbot strafrechtlich relevanter Äußerungen ist natürlich eine Form der Zensur. Allerdings eine gesellschaftlich akzeptierte. Aber auch die greift hier allenfalls am Rande.
> Wenn es sich um einen redaktionellen Beitrag handelt, dann
> gibt es noch soetwas wie journalistische Sorgfaltspflicht.
> Ein Firmentest aus anonymer Quelle, beruhend auf
> selbsterstellten Statistiken, genügend journalistischen
> Ansprüchen für einen redaktionellen Beitrag nicht. Soetwas
> nicht auf den eigenen Seiten haben zu wollen, ist für mich
> ein nachvollziehbarer Grund, um den Beitrag zu entfernen. Muß
> nicht, kann aber, ohne dass es sich um Zensur handelt.
D'accord. ;)
> Zensur wäre es, wenn Redakteur und Journalist vereinbarten,
> einen solchen Spieleversender-Test zu erstellen und dieser
> dann nicht abgedruckt würde, weil z.B. der Hauptinserent
> schlecht wegkommt. Das wäre für mich auch ohne staatliches
> Eingreifen eine Form von Zensur. Sehe ich hier aber nicht als
> gegeben.
Es wäre ein Grenzfall. Es ist schwer, einer Redaktion nachzuweisen, warum sie einen Artikel am Ende doch nicht veröffentlicht. Es können auch andere Gründe maßgeblich sein. Es läge jedoch nahe. In einem Forum dürfte dies aber grundsätzlich nicht der Fall sein.
> Man kann durchaus diskutieren, ob in einem Forum andere
> Bedingungen gelten solte, als bei Leserbriefen. 'Aus
> Platzmangel nicht abgedruckt' gibt es ja nicht. Rein
> Moralisch gesehen gibt es eine Situation, in dem ein
> Seitenbetreiber quasi unter Rechtfertigungszwang steht, wenn
> er Beiträge entfernt. D.h. er wird - wie in diesem Forum -
> nur sehr selten eingreifen, insbesondere dann, wenn es sich
> von selbst versteht, dass ein Beitrag entfernt werden muß.
Platzmangel nicht, aber redaktionelle Eingriffe sollten schon erlaubt sein. In den meisten (besseren) Foren ist es durchaus üblich, Beiträge zu entfernen, die vom Thema des jeweiligen Stranges wegführen und so die Lesbarkeit erschweren. Der gleiche Beitrag an passender Stelle würde nicht gelöscht werden. Das wäre in meinen Augen keine Zensur, sondern typische readktionelle Arbeit. Ein Betrag über das neueste Spiel von Günter Cornett hat einfach wenig in einem Strang über Zensur im Internet zu suchen. ;) (Man kann den Beitrag auch verschieben, allerdings unterstützt das definitiv nicht die Sorgfalt der Beitragsschreiber.)
Aus meiner Erfahrung sind Foren, in denen regelmäßig "ausgemistet" und auf Beitragsdisziplin geachtet wird, deutlich brauchbarer als Foren mit Wildwuchs. Andere mögen das anders sehen.
Generell sollte ein Forenbetreiber natürlich maßvoll vorgehen. Das hat aber imho weniger mit Zensur oder zensurverwandten Maßnahmen zu tun, sondern vielmehr mit der Sorge um die Attraktivität des eigenen Dienstes. Ich möchte als Betreiber ja meine Leser halten. Also neige ich dazu, das Forum in deren Sinne zu verwalten. Wobei mir allein natürlich die Bestimmung obliegt, wen ich als Forumsnutzer (insbesondere -schreiber) akzeptiere.
> Eine kurze Begründung wäre in diesem Fall zwar schön gewesen,
> aber eben diese Begründung wird dann selbst zur Nachricht und
> weitet sich zu einem Thread aus. Von daher halte ich das
> Vorgehen von Matthias für durchaus nachvollziehbar.
Ja, das wünscht man sich manchmal. Andererseits weckt man so auch immer wieder erfolgreich Forumstrolle oder andere schlafende Hunde. Wie mans macht, ist meistens für irgendwen verkehrt. Aber insgesamt ist es eben doch besser, überhaupt was zu machen. ;)