Beitragvon Peter » 20. März 2007, 14:24
Hallo,
wir sind von Venedig enttäuscht.
Einserseits möche man das Spiel mögen, weil es wirklich hübsch aufgemacht ist und die unterschiedlichen Gebäudewertungen und der Kartenmechanismus Lust machen, sich ein paar Strategien zu überlegen und umzusetzen.
Leider ist uns das auch nach über 10 Partien nicht zufriedenstellend gelungen, auch wenn man manchmal das Gefühl hat, man sei kurz davor.
Zu viele Parameter beeinflussen die permanente Wertungssituation, welche schlussendlich von reichlich Kartenglück/ -pech und Goldnachziehglück/ -pech und teilweise zwangsläufig willkürlichen Mitspieleraktionen dominiert wird und nicht von eigenen Überlegungen.
Hinzu kommt eine vollkommen verkopfte Baumeister- und Bauregelung, die ein Vorausplanen, welches Gebäude denn nun wann und wo und unter welchen Bedingungen errichtet wird, fast unmöglich macht.
Man kann wirklich viel versuchen und reichlich Entscheidungen treffen, keine Frage! Man kann friedlich alleine seine Bauprojekte durchziehen oder sich irgendwo einklinken. Man kann den Gegnern die Bauplätze zubauen oder wichtige Karten wegnehmen. Man kann sogar Bauprojekte sabotieren, für die es noch nicht genügend Baufelder gibt. All das und noch viel mehr KANN man machen.
Wenn jedoch nicht ein völliges Kopfbrett am Tisch sitzt und alle halbwegs aufmerksam spielen, wird das Spiel so gut wie immer derart knapp verlaufen und ausgehen, dass der allerletzte Spielzug mit dem Gebäude-Tiebreaker über Sieg oder Niederlage entscheidet.
Ein Phänomen: Ich habe in der BSW reichlich Partien absolviert und beobachtet, in denen der Sieger (auch gegen Kenner des Spiels!) letztlich kommentierte: "Hm, das war mein erstes Spiel, ich habe nichts verstanden und überhaupt keine Ahnung, warum ich gewonnen habe... Ich habe einfach nur irgendwelche Karten gespielt und gebaut, was gerade ging".
Besonders nervig fanden wir übrigens besonders am Tisch das Handling mit den Goldschätzen, die zu einem großen Teil aus Nullern bestehen und 5:1 in Siegpunkte umgetauscht werden können. Hier kommen nämlich nochmal weitere taktische (aber letztlich weitestgehend irrelevante) Überlegungen hinzu, die den Spielverlauf zu sehr aufblähen.
Wir finden das Spiel ist nicht ganz zu Ende gedacht. Der Mechanismus wäre auch mit viel weniger Regelballast ausgekommen.
- Auf die Regel mit der permanenten und sehr zufälligen Goldschatz-Vergabe und deren Umtausch hätten wir zu Gunsten eines strafferen Verlaufs gern verzichtet. Genausogut hätte man allen beteiligten Spielern für jede ausliegende Karte einen Bonuspunkt geben können und gut is'. Und das Gold auf den Sumpfplättchen braucht kein Mensch!
- Die Baumeister-Regel ist ebenfalls zu viel, denn sie wird ja zusätzlich durch die Tatsache erweitert, dass der Zugspieler - der ja nicht Baumeister sein muss - über die Baureihenfolge fertiggestellter Gebäude entscheidet. Wozu das ganze Tam-Tam, wenn es gleichzeitig so viele Glücksfaktoren und Unwägbarkeiten im Spiel gibt?
Fazit: Für ein Familienspiel besitzt Venedig ein relativ komplexes, ungewöhnliches Regelwerk, an dem ungeübte Spieler scheitern könnten. Für Taktiker ist es aber hingegen viel zu glückslastig und willkürlich.
Spieler, die so gut wie gar nicht planen, haben fast die gleichen Aussichten auf viele Punkte.
Peter