Beitragvon Hartmut Th. » 20. Juni 2007, 11:23
Hallo OMI,
> ich weiß zwar nun nicht genau, warum Du meinen Ton bemängelst
Nun, wenn man meine gewiss nicht ansatzweise so gemeinten Worte als "arrogante Ansicht" bewertet, freut mich das eben nicht. Haken wir's ab unter subjektives Empfinden, Dir sei hiermit offiziell verziehen :-)
> ...zentrale Aufgabe eines
> sich als Kulturpreises verstehender Titel "Spiel des
> Jahres"? ... eine mögliche Philosophie....
Find ich gut, so offen sollte man das auch sehen. Als Werbung für's Spiel an sich erfüllt dieser Preis seit jeher seine Aufgabe (die Gefahr eines Geschenke-Fehlkaufs liegt beim unmotivierten Käufer und Beschenkten, nicht aber am Spiel oder der Jury - der bewusste Käufer mit Spielinteresse erfährt die gewünschte Orientierung), und wenn viele (gerne-einfach-)Spieler an mancher ausgezeichneten Regel-Hürde scheitern, so sollte ein Juror eines Kulturpreises (!) dennoch nicht mit dem eigenen Anspruch heruntergehen. Das und nur das wollte ich kurz bekräftigen. Kontinuität in der Sache schafft über die Jahre auch Orientierung, auch wenn das ausgezeichnete Produkt vor allem dank seiner innewohnenden Qualitäten, eines gewissen künstlerischen Niveaus der Spieleschaffenden die Auszeichnung erhält, nicht aber wegen seiner uneingeschränkten Massenkompatibilität.
Vielleicht ist das Bild auch deshalb heute so diffus, eben weil dieser eine bedeutendste Preis nicht immer solchen bzw. überhaupt einheitlichen Kriterien zu folgen scheint und natürlich - es kann nur eines geben - zwangsläufig viele Spieleperlen in seinen Schatten rückt. Verbreitung findet ein (nicht-SDJ-ausgezeichnetes) Spiel aber eh nicht durch einen Aufdruck auf dem Karton sondern immer wiederkehrenden spielerischen Einsatz, und das zeichnet dann seine Klasse aus. Sowas kann keine Auszeichnung bewirken, das kommt von alleine oder auch nicht. Man denke da so an Dauerbrenner wie "Das verrückte Labyrinth" (sicher für alle Arten von Spielern geeignet) oder "Puerto Rico" (für die relativ wenigen Fans des Jenseits-15-Minuten-Regel-Spiels). Und überbewerten darf man die Rolle des Titels auch nicht: Siedler von Catan ist ein großer Erfolg, weil es oft und gerne von sehr vielen Menschen gespielt (!) wird, der Pöppel hat doch nur für eine schnellere Verbreitung gesorgt. Zweifelt hier einer ernsthaft am hypothetischen Erfolg dieses Spiels, hätte es die Auszeichnung nicht erhalten?
>> Es möchte nun mal nicht jeder einen Abend bei Freunden
>> damit gestalten, erstmal ne gute halbe Stunde Regelkunde zu
>> führen, um dann ein Spiel zu spielen, was man dann aber
>> immer noch nicht richtig verstanden hat.
Und deshalb soll ein Spielepreis diese Gruppe ad hoc bedienen? Ausgepackt und losgespielt? Wir diskutieren hier doch immer noch die Statements von Jury, Uli, Dich und mich zur Regel und der damit verbundenen Einfachheit/Komplexität eines SDJ-Preisträgers, nicht über Spiele im allgemeinen. Das kann ich eben immer noch nicht nachvollziehen. Eine Auszeichnung wie SDJ muss m.E. Ausdruck besonderer Qualitäten / besonderer Originalität sein, und die bringt eben fast zwangsläufig einen Lernbedarf auf Spielerseite mit sich. Ansonsten muss jedes Jahr ein Klon von Monopoly, Rummikub, Siedler, ... ausgezeichnet werden. Dass die niedergeschriebene Regel kompakt und verständlich daherkommen sollte, ist hier nicht der Punkt, das setze ich bei einfachen wie komplexeren Spielen als wünschenswert voraus.
> Aber ist es nicht schön, wenn man auch andere
> Bekannte/Freunde für das Brettspiel gewinnen kann - und im
> Laufe der Zeit zu "Profis" macht.:cool: :wink:
Geht aber nur, wenn die das auch wollen, den Spielevirus also schon in sich tragen. Diese Spieler kommen früher (durch Dich und mich) oder später (eigene stärkere Wahrnehmung des Spielemarktes) dahinter und finden Gefallen an tollen neuen Spielen, nur werden es eben anteilig im Volke nicht mehr, nur weil irgendwo die Werbetrommeln geschlagen werden. Ja, vielleicht wird dann mehr "verkauft" - und damit meine ich doppeldeutig sowohl den Absatz des Herstellers als auch die Fehlentscheidung des einen oder anderen Käufers. Einen Bier-und-Brezel-Spieler oder gar Nichtspieler wirst Du aber nicht bekehren, dem ist seine Lebenszeit für "solchen Quatsch" zu schade. Und das ist dann auch okay. Ja, ich habe sogar Freunde, die haben mit Spielen garnichts am Hut. Die Basis der Freundschaft liegt anderswo, mit Spielen würde ich die geradezu quälen, muss doch nicht sein.
Deine Frage "Aber ist es nicht schön, wenn man auch andere ... zu "Profis" macht." kann ich also weder mit "Ja" noch "Nein" beantworten, eher mit einem "es kommt darauf an", nämlich auf den individuellen Menschen und seine Wünsche und Interessen. Nicht ich und meine Leidenschaft "macht" den anderen zum Spieleprofi, er muss es im Prinzip schon sein, ich zeige ihm dann nur noch die Objekte der Begierde ;-)
verspielte Grüße, Hartmut
- Spielekreis Hiespielchen - www.hiespielchen.de -