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Rundfunksendung zu Gesellschaftsspielen bei SWR2

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Roland Arnold
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Rundfunksendung zu Gesellschaftsspielen bei SWR2

Beitragvon Roland Arnold » 31. August 2010, 16:13

In der Reihe SWR2 Wissen kommt am Donnerstag 2. September eine Sendung über die Frage, ob Gesellschaftsspiele Wissen vermitteln. Ich zitiere die Ankündigung des SWR:

Donnerstag, 2. September. 8.30 Uhr
Zug um Zug klüger?
Wie Gesellschaftsspiele Wissen vermitteln
Von Sascha Verlan

Sie tragen große Namen wie ?Troja?, ?Stone Age? oder ?Caesar und Cleopatra?: Gesellschaftsspiele zu historischen Themen haben in den letzten Jahren Konjunktur. Aber kann man bei diesen Spielen auch tatsächlich etwas über die Ausgrabungen von Troja, die Steinzeit oder die Römer lernen?
Vielleicht sogar etwas, was man durch Bücher, Filme oder eigene Anschauung nicht erfahren könnte? Illustrationen und Begleittexte zu den Spielen liefern zwar Informationen, aber die eigentliche Botschaft vermittelt sich durch die Interaktion der Spieler. Es ist vor allem ein ausgeklügeltes
Regelwerk, das bei einigen Spielen dafür sorgt, dass man Zug um Zug auch wirklich historisches Wissen aufnimmt.

Infos unter http://www.swr2.de/wissen

Gruß

Roland

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Tom13
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Re: Rundfunksendung zu Gesellschaftsspielen bei SWR2

Beitragvon Tom13 » 31. August 2010, 17:03

Warum habe ich bei der Beschreibung wieder einmal das Gefühl, dass da Leute recherchieren die meilenweit von Brettspielen entfernt leben? Muss wirklich nach "Lern-Gründen" bei der Freizeitgestaltung mit Brettspielen gesucht werden? Unglaublich...

Also, mal sehen, was ich bei den unzähligen StoneAge-Partien über das Leben in der Steinzeit gelernt habe:

1. Viele verschiedene grüne Karten bedeuten mehr Erfolg
2. Zum Bau von Hütten wird z.T. viel Gold benötigt
3. Händler bringen kostbare Güter und begnügen sich mit Holz als Zahlungsmittel (das waren noch Zeiten...)
4. Das einmalige Bestellen des Gemeinschafts-Ackers garantierte zeitlebens Nahrungseinnahmen
5. Die Fortpflanzung fand ausschließlich in Gemeinschaftshütten statt - Schwangerschaft und Niederkunft verliefen erstaunlich schnell

Ach ja... und zu Zeiten von "Caesar & Cleopatra" hatten die Leute sehr witzige Namen.

Doch... ich habe viel gelernt! ;)

Bin nun wirklich auf den Radio-Beitrag gespannt!

Spielgrüße,
Tom

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Warbear

Re: Rundfunksendung zu Gesellschaftsspielen bei SWR2

Beitragvon Warbear » 31. August 2010, 18:09

Im Spiele-Bereich dürfte die weitaus meiste Wissens-Vermittlung durch Cosims erfolgen, und zwar sowohl historisches als auch geografisches Wissen. Ich würde
wetten, daß die Autoren der Sendung davon noch nie etwas gehört haben.

Im Eurogames-Bereich dürfte da nicht viel rüberkommen, jedenfalls nicht durch die genannten Titel.

Ich denke, ich kann meine Zeit für etwas Sinnvolleres verwenden, als mir so einen Beitrag anzuhören.

.

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peer

Re: Rundfunksendung zu Gesellschaftsspielen bei SWR2

Beitragvon peer » 31. August 2010, 20:36

Hi,
ach ich debke Geographie lernt man schon ne Menge durch Eurogames. Alleine schon durch die Titel ;-)

ciao
peer (hat aber tatsächlich schon so manche WWM-Frage durch sein Brettspielwissen beantworten können)

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kleinerpoet
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Nicht aufgesetzte historische Spiele

Beitragvon kleinerpoet » 31. August 2010, 23:59

Hallo, Freunde!

Das Ziel, durch Spiele ein Gefühl für historische Vorgänge zu vermitteln, ist immer wieder eine Herausforderung für Autoren.

Es ist viel leichter, Leser mitzunehmen, wenn man historische Texte schreibt. Da ich sowohl schreibe als auch Spiele entwickle, habe ich sozusagen diesen doppelten Blick und kann auch die Schwierigkeiten auf beiden Seiten einschätzen.

Doch zuvor ein kurzes Wort dazu, was unsere Zielgruppe, die Spieler von Spielen, die thematisch in der Vergangenheit angesiedelt sind, häufig dazu sagen. (Achtung, nicht repräsentativ, da es sich lediglich um eine Handvoll Leute handelt): sie wünschen sich in der Regel mehr als nur ein Thema mit dem Aufkleber 'Mittelalter', 'Antike' oder '19. Jahrhundert.'

Und das eben ist das Schwierige:
Wie bekommt man einerseits genug 'Historie' in ein Spiel, damit eben diese Spieler Lust darauf haben und bläht es andererseits nicht zu sehr auf.

Im Prinzip ist es ähnlich wie beim Schreiben: am meisten Erfolg hat man mit Hintergrundinformationen aus einer fernen Zeit, wenn man sie ganz unauffällig in den Text einfügt oder durch den Mund einer Romanfigur sagen lässt.

Im Spiel kann man diesen Mund der Figuren teilweise durch Mechanismen ersetzen, denn die Summe der Mechanismen erzeugen einen grossen Teil des Spielgefühls. -
Ich weiß nicht so genau, wie weit die Nichtspieleautoren unter Euch mir jetzt noch folgen können, aber ich mach einfach mal ein Stück weiter...

Man muss dem (in der Regel unbedarften und mit einer fernen Zeit nicht vertrauten) Spieler also in beiden Fällen etwas geben, woran er sich festhalten kann.

Darum gab es zum Beispiel bei einem meiner etwas älteren großen historischen Spiele in diesem Frühjahr und Sommer 2010 eine Neufassung: ich hatte es bei dem Spiel zwar verstanden, einen Handelsmechanismus einzubauen, der ganz gut funktionierte, die Testspiele waren schön und verliefen zur Zufriedenheit fast aller Spieler... aber etwas fehlte noch.
Für mich waren dies nach längerer Liegezeit zwei Dinge: Atmosphäre und Spieltiefe.

Darum setzte ich mich nach einiger Zeit nochmal von vorne hin, und überlegte mir: was bedeutet mein Spieltitel? Habe ich wirklich alles ausgeschöpft, was Titel und Thema andeuteten? Erzeugen meine Mechanismen genug Spielatmosphäre?
Undsoweiter... dieses Sich-Zeit-Nehmen war eines der spannendsten Erlebnisse, seit ich Spiele mache.
Denn nach einer Zeit des Nachdenkens und Darüber-Überlagens entwickelte ich tatsächlich ein paar Dinge, die das Spiel noch näher ans Thema heranrückten.

Kommen wir wieder zurück von diesem speziellen Beispiel zum allgemeinen: fast immer, wenn ein Spiel ein Thema - zum Beispiel das Thema Urwald, Hitze, Forschung - gut umsetzt, kommt es bei Familien und Vielspielern an. Das beste Beispiel ist Tikal, das überaus erfolgreich wurde.
Übrigens hat Marcel André Casasola-Merkle in einem bemerkenswerten Aufsatz (in der Reihe 'Spiele entwickeln' der Weilburg-Dokumentationen) sehr interessante Dinge zu den Farben und Formen des Spielmaterials von Tikal geschrieben.

Ich selbst greife mich auch immer wieder an die Nase. Obwohl ich - schreibend wie Spiele entwickeln - ein ganz gutes Händchen insbesondere für das hohe Mittelalter habe, achte ich darauf, daß meine geschichtlichen Spiele auch zu anderen Zeiten spielen, z.B. in der Dürerzeit oder im schon angesprochenen 19. Jahrhundert.

Denn wir Autoren - und auch die Verlage - haben ja die ganze Breite einer mehrtausendjährigen Kultur. Niemand zwingt uns, immer noch zwei oder drei bestimmte Epochen herauszugreifen.

So, das war's für heute. Jetzt muss ich wieder zurück zur Hauptarbeit.

Gruss, Ralf

Thygra
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Re: Rundfunksendung zu Gesellschaftsspielen bei SWR2

Beitragvon Thygra » 1. September 2010, 09:35

>>>Warum habe ich bei der Beschreibung wieder einmal das Gefühl, dass da Leute recherchieren die meilenweit von Brettspielen entfernt leben?

Das ist prinzipiell nicht schlecht. Ein Journalist, der im Thema nicht so drin steckt wie wir, kann das Thema meist viel besser an Menschen vermitteln, die ebenfalls nicht im Thema sind. Selbst wenn dann mal der eine oder andere inhaltliche Fehler auftaucht ...
André Zottmann (geb. Bronswijk)
Thygra Spiele
(u. a. für Pegasus Spiele tätig)

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Tom13
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Re: Rundfunksendung zu Gesellschaftsspielen bei SWR2

Beitragvon Tom13 » 1. September 2010, 09:51

Interessanterweise laufen die Argumentationen hier in eine fast ähnliche Richtung wie die Sendungsbeschreibung:

Gesellschaftsspiele können (sollten?) demnach lehrreich im Sinne von Wissensvermittlung sein!?

Dem gegenüber war mein erstes Posting gedacht:
Gesellschaftsspiele lehren wohl nicht in erster Linie geographisches oder geschichtliches Wissen (Ausnahme: Quizspiele) sondern sind eine "Kultur" an sich. Das Spielen als Selbstzweck, als soziale und emotionale Arena fern des Alltags, als gemeinschaftliche Denksportleistung.
Ich spiele ein Spiel mit der Familie oder der Clique - egal ob Cosim oder Eurogame - doch nicht, weil ich mich geschichtlich fortbilden will...

Natürlich muss das Rahmenthema eines Spieles möglichst passen und inhaltlich motivierend sein. Die Geschichte sollte durch Spielmaterialien und greifende Mechanismen in sich stimmig sein und einen Spannungsbogen enthalten - dazu eignen sich eben sehr gut geschichtliche Szenarien aber auch ebenso gut Fantasy/Science Fiction/Buchvorlagen oder einfach nur Epochen wie das Mittelalter.

Bei abstrakten Spielen fehlt diese Einbettung bekanntlich völlig und dennoch werden sie sehr gerne gespielt.

Noch ein kleiner Exkurs:
Beispielsweise haben beinahe sämtliche Lernspiele für Schulkinder, die es auf dem Markt gibt (mit nur ganz wenigen Ausnahmen) einen nur sehr geringen Wiederspielreiz für die Zielgruppe - und da spreche ich wirklich aus langjähriger Erfahrung. Warum ist das so?
Meine Beobachtung: Weil Inhalte "vermittelt" werden sollen und darum herum Mechnismen und Geschichten konstruiert werden. Dies gelingt in der Regel kaum motivierend - das Zwangselement "Lernen" verzerrt den eigentlichen Charakter des "Spielens", des gemeinsamen Wetteiferns, des sozialen Siegen-Wollens-und-Verlieren-Müssens.

Spielende Grüße
Tom

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peer

Re: Rundfunksendung zu Gesellschaftsspielen bei SWR2

Beitragvon peer » 1. September 2010, 21:00

Hi,
ich sehe den Unterschied zwischen deinem und unseren Postings nicht so. Spiele können bildend sein, auch wenn sie niemand deswegen spielt.
Um mal ein extremes Beispiel zu verwenden: Ich liebe die 10 days in...-Reihe. Ich spiele sie aus Spaß. Ich lerne autiomatisch was über Geographie. Ist das schlimm? Nein.

ciao
peer

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Roman

Re: Rundfunksendung zu Gesellschaftsspielen bei SWR2

Beitragvon Roman » 2. September 2010, 07:29

Hi Roland,

Roland Arnold schrieb:
>
> In der Reihe SWR2 Wissen kommt am Donnerstag 2. September
> eine Sendung über die Frage, ob Gesellschaftsspiele Wissen
> vermitteln. Ich zitiere die Ankündigung des SWR:
>
> Donnerstag, 2. September. 8.30 Uhr
> Zug um Zug klüger?
> Wie Gesellschaftsspiele Wissen vermitteln
> Von Sascha Verlan

In unserer Gesellschaft herrscht die Meinung vor (oder zumindest verkaufen wir es auch noch so), dass alles an Spielen der Bildung oder Erziehung dienen muss - m. E. Quark.

Spaß - und sei er noch so vermeintlich sinnlos - miteinander zu haben, ist enorm wichtig. Spiele sind m. E. sich selbst genug, um ihrere Berechtigung zu haben. Ob mit oder ohne Thema.

Ciao,
Roman

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Tom13
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Re: Rundfunksendung zu Gesellschaftsspielen bei SWR2

Beitragvon Tom13 » 2. September 2010, 08:41

Genau so sehe ich es auch.

@peer: Klar lernt man immer etwas beim Spielen dazu und das ist ja ein toller Nebeneffekt - aber um zu Lernen, spiele ich nicht... ;)

Grüße
Tom

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Tom13
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Re: Rundfunksendung zu Gesellschaftsspielen bei SWR2

Beitragvon Tom13 » 2. September 2010, 09:28

Na, so schlimm war diese Reportage dann doch nicht - im Gegenteil es wurden sogar sehr interessante Randaspekte (Spielgenre, Mechanismen, Glücks- vs. Brettspiel, etc.) gestreift und es kam doch der eine und andere "Spielmeister" zu Wort.
Nur fast alle genannten Beispiel-Spiele waren mal wieder ziemlich klischeehaft und altbekannt (Siedler, Auf Achse, Schach, Halma, Go,...)

Hier die Adresse, falls es jemand (doch noch) nachhören möchte:

http://mp3-download.swr.de/swr2/wissen/sendungen/zug-um-zug-klueger-wie-gesellschaftsspiele-wissen-vermitteln.12844s.mp3

Grüße
Tom

Thygra
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Re: Rundfunksendung zu Gesellschaftsspielen bei SWR2

Beitragvon Thygra » 2. September 2010, 09:30

Ich bin der Meinung, dass wir bei JEDEM Spiel etwas lernen. Meist nicht vordergründig, sondern hintergründig. Manche Menschen lernen, bessere Verlierer zu werden. Oder dass Gewinnen nicht immer das wichtigste ist. Andere lernen, mehrere Spielzüge im Voraus zu planen, was für viele Menschen nicht einfach ist, wenn sie zum ersten Mal mit Spielen in Berührung kommen. Wieder andere lernen ihre Mitspieler besser kennen, zum Beispiel bei kommunikativen Spielen. Und über Dinge wie soziale Kompetenz und gruppendynamisches Verhalten will ich gar nicht weiter philosophieren. Man könnte noch jede Menge weiterer Sachen aufzählen ...
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Warbear

Re: Rundfunksendung zu Gesellschaftsspielen bei SWR2

Beitragvon Warbear » 2. September 2010, 09:37

Thygra schrieb:
>
> Ich bin der Meinung, dass wir bei JEDEM Spiel etwas lernen.
> Meist nicht vordergründig, sondern hintergründig. Manche
> Menschen lernen, bessere Verlierer zu werden. Oder dass
> Gewinnen nicht immer das wichtigste ist. Andere lernen,
> mehrere Spielzüge im Voraus zu planen, was für viele Menschen
> nicht einfach ist, wenn sie zum ersten Mal mit Spielen in
> Berührung kommen. Wieder andere lernen ihre Mitspieler besser
> kennen, zum Beispiel bei kommunikativen Spielen. Und über
> Dinge wie soziale Kompetenz und gruppendynamisches Verhalten
> will ich gar nicht weiter philosophieren. Man könnte noch
> jede Menge weiterer Sachen aufzählen ...

Alles richtig, ganz klar.

Aber Thema der Sendung war ja offenbar die [b]Wissensvermittlung[/b] durch Gesellschaftsspiele.
Damit hat Deine Aufzählung eigentlich nichts zu tun ...

.

Thygra
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Re: Rundfunksendung zu Gesellschaftsspielen bei SWR2

Beitragvon Thygra » 2. September 2010, 12:35

Richtig, aber in diesem Thread wurde ja auch schon allgemein über "Lernspiele" geschrieben, und darauf bezog ich mich. :-)
André Zottmann (geb. Bronswijk)
Thygra Spiele
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peer

Re: Rundfunksendung zu Gesellschaftsspielen bei SWR2

Beitragvon peer » 2. September 2010, 14:58

Hi,
Tom13 schrieb:
>
> Genau so sehe ich es auch.
>
> @peer: Klar lernt man immer etwas beim Spielen dazu und das
> ist ja ein toller Nebeneffekt - aber um zu Lernen, spiele ich
> nicht... ;)

Nö, das tut kaum jemand - ich glaube wir meinen dasselbe ;-)
ciao
peer

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Guido
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schöner Radiobeitrag

Beitragvon Guido » 2. September 2010, 16:24

Roman schrieb:

> In unserer Gesellschaft herrscht die Meinung vor (oder
> zumindest verkaufen wir es auch noch so), dass alles an
> Spielen der Bildung oder Erziehung dienen muss - m. E. Quark.
>
> Spaß - und sei er noch so vermeintlich sinnlos - miteinander
> zu haben, ist enorm wichtig. Spiele sind m. E. sich selbst
> genug, um ihrere Berechtigung zu haben. Ob mit oder ohne Thema.
>
> Ciao,
> Roman


Hi,

der Radiobeitrag sagt genau das, wenn ich ihn richtig verstanden habe. Irgenwann heisst es, Mühle & Co. könnten logisches Denken schulen...und prompt wird allg. auf Spiele mit Thema verwiesen, Zitat: "...Spiele, deren Mechanismus so gut mit einer Geschichte verknüpt ist, dass sie uns die Stimmung einer Zeit, den Alltag eines Berufstandes oder historische Zusammenhänge erkennen lassen. Erkenntnisse, die es Wert sind, ein Spiel in die Länge zu ziehen, obwohl man längst hätte gewinnen können". Ein wichtiger Satz, finde ich. Es geht nicht um Wissen rein, dann Spiel beendet. Oder Gewinnen und gut. Der Wissenzuwachs fällt meist doch recht sparsam aus. Bsp. Seeland, Zitat: "Was lernen wir daraus. Niederländische Mühlen sind mehr als nur attraktive Postkartenmotive [...] Ein interessantes wirtschafts- und technikgeschichtliches Detail, aber sonst? Kaufen, Sammeln, Reichtum mehren und am Ende enstehen Landschaften, Kathedralen, Metrolinien". Es ist eben doch alles sehr abstrakt und es ist nicht der wie auch immer geartete Lerneffekt der beim Spielen zählt, und es geht auch nicht um's Gewinnen. Mit dem "Aufhänger" ob Spiele Wissen vermitteln könnten, wurde ganz wunderbar und ohne erhobenene Zeigefinger das Spiel als Kulturgut identifiziert, nicht als Mittel zum Zweck (Wissen), sondern als Selbstzweck. Es wurde ja auch erläutert, dass das Thema häufig nur einem Mechanismus übergestülpt wird, womit bestimmte Inhalts- bzw. Wissensvermittlung meistens schon seine Grenzen hat. Lt. Beitrag geht es um das Erleben einer Geschichte, Unterhaltung, Spiel als Selbstzweck. Und wenn man unbedingt einen Zweck attestieren will, dann wohl eher der der Charakterschulung durch das Spiel, wie der Prof. es sinngemäß formulierte, weil man im Spiel "sich selbst einbringt", bzw. "sich selbst auf's Spiel setzt". Und der Zweck der Sozialisation/ Kommunikation (siehe/ höre den Abschnitt zu "Was macht einen exzellenten Spieler aus".)

Stefan Stadler sagt ja auch zum Schluss, dass das Spiel nicht den Zweck habe, Wissen zu vermitteln. Man könne es mitnehmen, muss aber nicht.

Gruß
Guido

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Guido
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Re: Rundfunksendung zu Gesellschaftsspielen bei SWR2

Beitragvon Guido » 2. September 2010, 16:43


> Nur fast alle genannten Beispiel-Spiele waren mal wieder
> ziemlich klischeehaft und altbekannt (Siedler, Auf Achse,
> Schach, Halma, Go,...)
>

Also den Einwand finde ich jetzt nicht ganz berechtigt. Es werden sogar eine Reihe aktueller Spiele genannt, z.B. Säulen der Erde, Die Tore der Welt, Seeland, Stone Age. Halma & Co tauchen nur ganz zum Schluss auf, in einem Nebensatz. Ich finde, dieser Radiobeitrag ist sogar erstaunlich differenziert und sehr gut gemacht. Die Beispiele sind nachvollziehbar und anschaulich gewählt, um die Message (Was ist der Sinn von Brett- /Gesellschaftsspielen) rüber zu bringen. Es wird bewusst und deutlich zwischen den "Klassikern" und modernen Brettspielen mit Thema unterschieden. Der Rückgriff auf z.B. "Auf Achse" ist eher themenbedingt begründet (Beispiel für Wirtschaftsthema/Spedition) und nicht, weil es da evtl. noch Zuhörer gibt, die es in ihrer Kindheit gespielt haben.


Gruß
Guido

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Tom13
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Re: Rundfunksendung zu Gesellschaftsspielen bei SWR2

Beitragvon Tom13 » 3. September 2010, 09:10

Ich war gestern Morgen nur mit halbem Ohr dabei und kam erst abends dazu, die Sendung in Ruhe anzuhören.

Ich muss Dir Recht geben, Guido: Da wurde tatsächlich erstaunlich fein der Bogen von "Wissensvermittlung" zum "Spielerlebnis" geschlagen, inkl. der (ja in sich widersprüchlichen) Erwartungshaltung der großen Käuferschicht an "sinnvolle und lehrreiche" Spiele.

Auch die Auswahl der Beispiele war i.d.Tat recht breit gefächert, auch wenn die Sparte Wargames/Cosims fehlte... (Gruß @ warbear ;) )

Die Sendung war insgesamt wirklich einmal eine gelungene, die mE wohltuend aus dem Sumpf der doch recht oberflächigen SpieldesJahres-Beiträgen und schwachen Talkshowinterviews herausragte.

Grüße
Tom


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