Beitragvon Mirko » 23. Februar 2011, 16:55
Hallo Wolfgang,
Im Allgemeinen gebe ich Dir ja recht, Spielbewertungen sind immer subjektiv und niemals allgemeinverbindlich oder universell wahrheitsgemäße Aussagen. Sie tragen aber einen Keim dieser universellen Wahrheit, so wie jedes lebende Geschöpf, jede mentale Idee und jede subtilere Regung des Kosmos. Du bist als bewusstes Sein (= mit bewusstsein begabtes Wesen) ein vollständiger Ausdruck des Universums in diesem Augenblick und sprichst immer einen mit diesem stimmigen durch dich entfaltenden Wahrheitsgehalt aus. So subjektiv deine Rezensionen auch sein mögen, sie sind Ausdruck einer realen Verhältnismäßigkeit und haben somit objektiven Verbindlichkeitscharakter, auch wenn dieser nur für deine Erlebnis- und Erfahrungswelt gilt (was er nicht tut, da wir alle in der selben leben). Sich über objektiven Wahrheitsgehalt noch vertiefender auszutauschen übersteigt aber wohl die dafür vorgesehenen thematischen Grenzen des Forums. Das Wort "objektiv" beschreibt in erster Linie eine soziale Konvention, die als solche immer der Wandlung der Gesellschaft, ihrer Spezies und ihres Bewusstseins unterworfen ist. [...] :-)
Diamant finde ich ein schönes Beispiel, auch Can't Stop passt dazu gut: Das Spiel ist, wie Du schon schriebst, sehr spaßig und spannend zu spielen. Bei beiden hat der Spieler sogar deutlich gewichtigere Entscheidungen zu treffen und auch faktisch mehr Einfluss auf Spielgeschehen und Ausgang der Partie als bei Keltis. Zur Entscheidung zu kommen, wann er seinen Zug beenden möchte, ist für alle Mitspieler gleichermaßen transparent und daher interessant. Welche Karte der Spieler bei Keltis wählt ist dagegen (fast) nur für ihn interessant; außer bei einem Wettbewerb um die selbe Strecke registrieren die Mitspieler den Zug im Regelfall ohne Anteilnahme, echtes Mitfiebern wie bei den o.g. Spielen oder "Tempo, kleine Schnecke" findet nicht statt. Diesen gehörigen Unterschied bezeichne ich durchaus als objektiv gegeben, weil er im Feldversuch empirisch verifizierbar ist. Auf die ca. 15 Personen, mit denen ich Keltis im Laufe der Zeit gespielt habe (zugegeben: eine sehr selektive , nicht repräsentative Testgruppe) trifft die Aussage jedenfalls zu.
Im Übrigen maße ich mir eine "objektive" Bewertung der Qualität in einem gewissen Maße schon an, wenn es um recht große qualitative Unterschiede geht, nicht nur bei der Unterscheidung von Spielen sondern z.B. auch bei Zeitungen (Süddeutsche vs. Bild), Serien (Sopranos vs. Vampire Diaries), Fach- und Unterhanltungs-Literatur (Ken Wilber vs. Richard Dawkins /Henning Mankell vs. Rosamunde Pilcher), Fernsehsendern (arte vs. RTL), etc. etc.
Massentauglichkeit, hohe Verkaufszahlen und Publizität sind selten ein schlüssiges Indiz für hohe Qualität, im Gegenteil. Hohe Qualität bedeutet indes nicht zwingend hohen Anspruch, wie etwa das oben angeführte Can't Stop (und ich möchte es mal bei diesem einen Beispiel belassen) beweist.
Spielerische Grüße
Mirko