Diese Rezension wurde initial veröffentlicht auf mittwochsspielen.com
Der Sommer ist da, aber die Spielesommerpause neigt sich bereits dem Ende entgegen. So langsam tröpfeln die erste Essen-Neuheiten ins Haus.

Mit DiceForge liegt ein Titel auf dem Tisch, der eine spontane „haben wollen“ Reaktion auslöst: Würfel, die wir selbst umklicken können! Cooool! Aber schon die Regelerklärung wirft erste Schatten, denn unser Erklärbär ist sichtlich ungehalten über die augenscheinlich verbesserungswürdige Regelqualität und dokumentiert dies durch laustark eingestreute Verwünschungen.

Spielprinzip
DiceForge ist im Prinzip ein Deckbuilding-Spiel ohne Decks. Anstatt uns einen Kartenstapel zusammenzukaufen, modifizieren wir Würfel, um sie von „lahm“ nach „toll“ zu verbessern. Dazu hat jeder Spieler zwei Würfel, deren Seiten wir Lego-mäßig ausgetauschen können. Erwürfelt werden können damit verschiedene Ressourcen (Gold, Edelsteine, Siegpunkte), mit denen wir entweder unsere Würfel aufmotzen können, oder die uns den Kauf von Aktionskarten erlauben.
Der Spielrhytmus ist eingängig und ohne Downtime: Alle würfeln gleichzeitig und schreiben sich die erwürfelten Ressourcen auf einem Tableau gut. Nur der jeweils aktive Spieler kann Ressourcen ausgeben, um damit entweder die eigenen Würfel zu verbessern oder eine Karte zu kaufen. Das spielen wir über ~10 Runden und wer am Ende die meisten Siegpunke gesammelt hat, gewinnt.

Erwürfelte Ressourcen werden auf verschiedenen Leisten vermerkt
Zu Beginn sind unsere Würfel naturgemäß schwach. Maximal 1 Gold, 1 Edelstein oder 2 Siegpunkte werden da ausgeschüttet. Aber das ändern wir schnell durch Umkonfigurieren („Schmieden“) der Würfel: Man kauft neue Würfelaugen aus einer zentralen Auslage, knibbelt eine Seite der Wahl von einem Würfel runter und klickt die neue drauf. Fertig. Und so verbessern sich unsere Würfel nach und nach. 4 Gold statt 1 Gold, 2 Edelsteine statt einem – das sorgt für mehr Einkommen und beschleunigt so das Spiel von Runde zu Runde.

Eine bunte Vielfallt an Würfelseiten
Genau so wichtig wie die Würfel sind die Aktionskarten, denn diese sorgen nicht nur für zusätzliche Möglichkeiten (Extrawürfe, Zusatzeinkommen) sondern sind auch ordentlich viele Siegpunkte wert. Im Spiel gilt es dabei, die übliche Balance zu finden zwischen Ausbau der eigenen Infrastruktur (sprich der Würfel) und dem Erwirtschaften von Siegpunkten über Karten. Wichtig ist zudem, dass unsere Lagerkapazitäten begrenzt sind, was uns dazu anhält, Ressourcen zeitig auszugeben um ein Volllaufen der Lager zu vermeiden.

Aktionskarten: Extrawürfe. Extraressourcen. Extra-Stauraum.
Spielgefühl
Das Spielgefühl ist dabei zunächst positiv, denn in DiceForge geht es zumeist bergauf: unsere Würfel werden besser und besser, unser Einkommen steigt und steigt. Aggressive Aktionen der Mitspieler sind bis auf wenige Ausnahmen sehr selten. Es geht also schwungvoll voran.
Trotzdem will sich nach anfänglicher Freude über die Würfelbastelei dann doch keine rechte Begeisterung einstellen, denn letztendlich sind die Veränderungen an den Würfeln primär nur quantitativer Natur. Will heissen: es gibt zwar mehr Zeugs aber keine neuen Handlungsoptionen. Und während ich bei einem Deckbuildingspiel weiss, dass eine gekaufte Karte früher oder später kommt, muss ich bei DiceForge auf mein Würfelglück hoffen. Würfelmanipulationsaktionen wie bei Alien Frontiers oder Colony gibt es nicht. Es kann also sein, dass eine teuer eingekaufte Seite im ganzen Spiel nicht ein einziges Mal gewürfelt wird.

Würfelspiele sind mein Lieblingsgenre in unserem Hobby. Winziges Weltall, Colony, Alien Frontiers, Kingsburg. Allesamt klasse. Aber bei DiceForge will der Funke nicht überspringen und das liegt unter anderen daran, dass man nicht das Gefühl hat, in diesem Spiel etwas wirklich falsch machen zu können. Das Einkommen kommt automatisch. Viel, wenn man gut würfelt, weniger wenn nicht. Man kauft dann was da ist, hat aber selten das Gefühl, eine wirklich spektakuläre Verbesserung ergattert zu haben. Zudem fehlt dem Spiel ein langfristiger Spannungsbogen. Es kann zwar passieren, dass bestimmte Würfelseiten oder Karten irgendwann ausverkauft sind, aber egal, dann kauft man eben was anderes. Unbefriedigend ist auch das Spielende: Wie oben geschrieben, würfeln immer alle Spieler Einkommen, aber nur der aktive Spieler darf investieren. Das führt am Ende dazu, dass der Startspieler noch 3x würfeln darf, aber mit seinem Einkommen nichts mehr machen kann. Für ihn trudelt das Spiel also aus. Hier hätte man sich eine Abschlussrunde gewünscht, in der alle nochmal kaufen dürfen.
Fazit:
Das Gimmick des Spiels (Würfel umbauen) ist cool, reicht aber nicht für langfristige Motivation. Ich würde DiceForge zwar jederzeit wieder mitspielen, es aber auf keinen Fall selbst kaufen.