Beitragvon Franz-Benno Delonge » 16. Februar 2006, 15:47 
			
			
			
			Hallo Maren,
irgendwie kriege ich immer so einen Tastatur-Reflex, wenn ich deine Beiträge lese. Sie sind stets das hundertfünfprozentige Gegenteil von dem, was ich denke...
- Ich finde, du idealisierst die Kreativität sehr stark - und damit, weil du dich ja selbst als kreativ empfindest, letztlich auch dich selbst. 
Tatsache ist wohl, dass jeder Mensch in gewissem Maße kreativ ist. Sicherlich der eine mehr und der andere weniger, aber viele Menschen leben ihr kreatives Potenzial nur deshalb nicht aus, weil sie es sich finanziell und zeitlich nicht leisten können - d.h. weil sie einen stressigen und kreativitätsfreien, aber finanziell lukrativen Beruf haben, der in ihrem Leben die zentrale Stelle einnimmt. 
- Und dagegen kann man nichts sagen, weil es völlig normal ist, dass "Kreativität" normalerweise nicht lukrativ ist. Sie macht dafür viel mehr Spaß als ein rein reproduzierender und fremdabhängiger Erwerbsberuf. Und deshalb herrscht an "Kreativen" normalerweise auch dann kein Mangel, wenn man damit nicht reich wird. Das ist das Gesetz von Angebot und Nachfrage...
- Was nun den Spielegeschmack der "Masse" (bzw. der Verlage) angeht, verstehe ich dein Problem nicht. Jeder hat doch die freie Wahl, ob er sich beim Ausdenken von Spielen daran orientiert, was den potentiellen Käufern gefallen könnte, oder ob er sich völlig repressionsfrei selbst verwirklichen will. Was man aber sicherlich nicht kann, ist, beides zwangszuverbinden: Ich tue stressfrei, was mir gefällt, und dann müssen es die Massen aber auch gefälligst gut finden - oder sie sind blöd.
- Noch viel weniger verstehe ich, wieso du meinst, dass irgendwelche Eliten oder Vorbilder die Allgemeinheit zu einem (irgendwie definierten) guten Geschmack erziehen sollen - und wieso die ausgerechnet in Spieleverlagen sitzen müssen. 
- Und zum Ausgangsthema zurück: Irgendwelche Ideen gibt es tatsächlich immer zuhauf (s.o., Sommerstorff), aber SAUGUTE Ideen (das sind die, die jeden Beobachter sofort auf den ersten Blick faszinieren, und die ganz weit tragen) sind und bleiben Mangelware. Die Leute in den Verlagen sind dazu da, das Glitzern solcher Perlen sofort wahrzunehmen, egal wie groß der Haufen ist, in dem sie sich verbergen. Und ein Kreativling, der einen solchen Schatz gehoben hat, der tut gut daran, ihn sorgfältig zu bewachen, weil er damit im Normalfall auf sehr angenehme Weise viel Geld verdienen kann. 
Noch viel mehr gilt das dann, wenn er auf diese Idee auch schon Ausarbeitungsenergie verwendet hat, denn da stimme ich Gustav zu: Auch die beste Idee ist immer nur ein Bruchteil des fertigen Werkes. 
Ich verstehe nicht, was daran schlecht sein soll - es sei denn, man hängt dem Ideal nach, dass alle Menschen Brüder werden sollen.
Schönen Gruß
Benno