Cyberpunk 2077 - Review

Cyberpunk 2077 – So spielt sich der RPG-Shooter

Cyberpunk 2077 ist nach drei Verschiebungen am 10. Dezember 2020 erschienen. Der von vielen lang erwartete Rollenspiel-Shooter von den Witcher-Machern CD Projekt RED sorgt nun jedoch trotz der mehrfachen Aufschübe für viel Frust unter den Spielern. Viele Bugs, diverse Gamebreaker, fehlende Inhalte und vor allem die Performance auf den älteren Konsolen sind wesentliche Gründe für die Enttäuschung. Nur ist Cyberpunk 2077 nach etwa acht Jahren Entwicklungszeit wirklich so schlecht oder gar „unspielbar“? Ihr erfahrt es in diesem Test. (natürlich spoilerfrei!)

Das Problem mit Playstation 4 und Xbox One

Zunächst sei erwähnt, dass die aktuellen Negativmeldungen zu Cyberpunk 2077 sich vor allem auf die Playstation 4- und Xbox One-Version beziehen. Auf Metacritic kommt die PS4-Version bei den Spielern so auf gerade einmal 3,4 von 10 Punkten. Auch die Xbox One-Version schneidet hier mit 4,6 Punkten nicht wesentlich besser ab.

Dagegen liegt die PC-Version bei immerhin 7,1 Punkten bei den Spielern und 86 von 100 Punkten bei der Presse. Hierzu sei erwähnt, dass einige Medienvertreter schon Vorabversionen von Cyberpunk 2077 gespielt haben und sich viele Bugs wohl erst mit dem Day-One-Patch ins Spiel eingeschlichen haben.

Cyberpunk 2077 - Outfit

Auch wenn es in Cyberpunk 2077 schöne Outfits gibt, werdet ihr selten ein passendes tragen, da ihr regelmäßig bessere Gegenstände erhaltet, die ganz und gar nicht zusammenpassen.

Vertrauensverlust für CD Projekt RED

Das polnische Entwicklerstudio genoss bis vor kurzem ein sehr hohes Vertrauen gegenüber seinen Fans, was vor allem der beliebten Witcher-Reihe zu verdanken war. Jetzt fühlen sich viele Spieler jedoch betrogen, da das Spiel offensiv mit Bildern der PC-Version beworben wurde. Von der grandiosen Optik und flüssigem Gameplay fehlt nun jedoch auf den alten Konsolen jede Spur.

Auch die PC-Version wirkt nicht gut optimiert und benötigt für das beworbene 4K-Gaming-Erlebnis und Raytracing mindestens eine Nvidia RTX 3080. Von nativem 4K-Gaming auf hohen Grafikeinstellungen könnt ihr auch hier nur träumen. Ohne DLSS im Performance-Mode sind durchgehende 60 FPS nicht möglich. Im Test mit einer RTX 3080, 4K, DLSS „Automatisch“ und Ultra-Einstellungen ist die 50-FPS-Grenze kaum zu durchbrechen. In einigen Situationen kann es auch mal auf 20 FPS oder weniger absinken.

So schön ist Cyberpunk 2077 auf dem PC

Trotz berechtigter Kritik an der Performance kann der neue Rollenspiel-Shooter mit entsprechender Hardware beeindruckend gut aussehen. Gerade bei Nacht durch die beleuchtete Stadt Night City zu fahren, ist ohne Zweifel ein Erlebnis. So ist es auch schön sich in der Stadt einfach nur umzusehen. Schnellreise-Punkte werdet ihr somit vielleicht weniger nutzen als in anderen Open-World-Spielen. Insbesondere die Hauptcharaktere sind sehr detailliert ausgearbeitet und die Spiegelungen und Lichter machen mit aktiviertem Raytracing einiges her.

Leider wird die sehr gute Optik auch von vielen Texturen und Animationen überschattet, die so gar nicht nach einem „Next-Gen-Erlebnis“ aussehen. Insbesondere die Physics können oftmals mit denen des sieben Jahre alten Titels GTA V nicht mithalten. So zeigt ein Video, wie ihr mit einer Eisenstange in Cyberpunk 2077 Ampeln oder Straßenlaternen mit wenigen Schlägen zerlegen könnt. Auch Betonpfeiler wirken eher wie eine billige Requisite als nach etwas Massivem.

Night City bunt beleuchtet

Mit aktiviertem Raytracing und Ultra-Grafikeinstellungen ist das Schlendern durch Night City ein echtes Erlebnis.

Das Fahren könnte so viel besser sein

Auf der einen Seite macht es wirklich Spaß durch Night City zu fahren, auf der anderen Seite zeigen sich hier viele Probleme. Ein heftiger Zusammenstoß beschädigt euer bzw. das gerammte Fahrzeug häufig wenig bis gar nicht. Schlagt ihr mit Nahkampfwaffen auf ein Auto ein, so zeigen sich lediglich ein paar Kratzer, die nach wenigen Sekunden wieder verschwinden. Insgesamt wirken auch hier die Physics wenig realistischen und reißen euch somit aus der eigentlich so atmosphärischen Spielwert immer wieder heraus.

Vor allem die Navigation bremst die Freude am Fahren deutlich. Die Mini-Map zoomt auch bei hoher Geschwindigkeit nicht weiter heraus. So verpasst ihr sehr schnell die Ausfahrt und müsst umkehren. Auch hier hat bereits GTA V diesen Punkt besser gelöst und zeigt bei schnellerer Geschwindigkeit einen größeren Kartenausschnitt. Eine weitere Option wäre eine Weganzeige direkt auf der Straße, die man in den Optionen aktivieren kann. Aber auch eine gute Bremsfunktion würde zumindest ein wenig helfen. Auch bei geringen Geschwindigkeiten sind die Bremswege teils sehr lang und die Bremse zieht erst nach einigen Sekunden richtig an. Auch das Handling vieler Fahrzeuge lässt zu wünschen übrig. Manche Wagen brechen bei der kleinsten Bewegung aus und andere kommen nur schwerfällig in die Kurve.

Cyberpunk 2077 - Map

Ohne Filtermöglichkeiten ist die Map durch die vielen Markierungen sehr unübersichtlich und überladen.

Die Story als größte Stärke von Cyberpunk 2077

Was sich sowohl durch die bisherigen Medienberichte als auch durch die Spielerbewertungen ziemlich positiv zieht, ist die Story von Cyberpunk 2077. Die verschiedenen Missionen der Hauptstory sind wirklich sehr gut und abwechslungsreich ausgearbeitet. Alle Charaktere passen perfekt in das Setting von Night City und unterscheiden sich deutlich durch ihre einzigartige Persönlichkeit. Die Emotionen und Geschichte der Protagonisten sind allesamt gut nachvollziehbar und nehmen euch mit in die dystopische Welt.

Die Missionen bestehen daher auch zu einem großen Teil aus Dialogen, wenngleich die Action nicht zu kurz kommt. Die Entwickler haben es geschafft, die verschiedenen Geschichten auch immer mit einzigartigen Sequenzen und Aufgaben auszustatten. Mal steuert ihr eine spinnenartige Drohne, mal bringt ihr ein ganzes Flugzeug zum Absturz. Auch der sogenannte „Braindance“ ist eine ganz neue Möglichkeit eine Mission vorzubereiten. Es handelt sich um eine Simulation, bei der euer Protagonist „V“ die Gefühle und Eindrücke einer anderen Person nacherleben kann. Dabei könnt ihr das Geschehen beliebig oft vor- und zurückspulen, verschiedene Gespräche belauschen und so mehr Informationen für eure Mission sammeln.

Hauptstory-Mission mit Drohne

Die Hauptmissionen in Cyberpunk 2077 bleiben mit unterschiedlichsten Spielelementen abwechslungsreich.

Umfangreiches Talentsystem mit Balancing-Schwierigkeiten

Wenn ihr euch zum ersten Mal die fünf Hauptwerte und die dazugehörigen Talente anseht, könnte das zunächst erschlagend wirken. Es gibt je Hauptwert drei Talentbäume – also insgesamt 15 – und auf den ersten Blick wirkt scheinbar alles sehr nützlich. Die wirklich brauchbaren Talente erhaltet ihr aber eher spät, sodass ihr euch am Ende doch für eine Richtung entscheiden müsst. Im Moment ist der Nahkampf laut vieler Spielerberichte dem Fernkampf deutlich überlegen. Wirklich gut ausbalanciert wirkt das Kampfsystem daher noch nicht. Spaß macht es aber dennoch sich einfach mit einem Katana bewaffnet durch die Mengen kämpfen zu können. Gerade die Schleichfaulen unter euch können so die direkteste Form der Konfrontation ausleben. Wer es strategischer mag, kann auch schleichen und Feinde sowie Geräte hacken. Diese Hacks sorgen für Ablenkung oder schalten Gegner und Kameras aus.

„Schwer“ ist zu schwer in Cyberpunk 2077

Dennoch kann das Spiel auf Normal auch mit Schusswaffen problemlos gespielt werden. Die einzelnen Talentbäume haben größtenteils alle ihre Berechtigung, auch wenn euch nicht alle direkt im Kampf viel nützen werden. Solltet ihr euch beispielsweise auf den Nahkampf spezialisieren, gibt es hier noch die Auswahl zwischen stumpfen oder scharfen Waffen. Ebenso könnt ihr euch aussuchen, ob ihr euch zunächst auf Nahkampfschaden oder kritische Treffer konzentrieren wollt.

Cyberpunk 2077 - Talentbaum

Durch 15 Talentbäumen mit allerlei nützlichen Vorteilen habt ihr die Qual der Wahl.

Insgesamt wirkt Schwierigkeitsgrad „Normal“ nach einigen Spielstunden etwas zu leicht. Der Sprung auf „Schwer“ ist dagegen dann ziemlich groß, wenn eure Gegner euch plötzlich mit zwei bis drei Angriffen ausschalten können. Die Schwierigkeitsgrade benötigen demnach ebenfalls ein Balancing-Update.

Ein Lootsystem für Messies

Eins kann man Cyberpunk 2077 wirklich nicht vorwerfen: Zu wenig Loot. Allerdings ist es auch genau das, was das Lootsystem selbst für kleine RPG-Messies uninteressanter macht. Jeder Gegner verliert seine Waffe. Das ist realistisch, aber führt auch dazu, dass ihr schnell überladen seid und der Loot nicht mehr als etwas Besonderes wahrgenommen wird. In aller Regel ist er das auch nicht. Manchmal vergehen 5-10 Spielstunden und ihr erhaltet einfach kein besseren Gegenstand für einen bestimmten Ausrüstungsslot.

Stattdessen bekommt ihr beim Zerlegen der nicht benötigten Ausrüstung Unmengen an Ressourcen, die ihr für das Herstellen von Waffen verwenden könnt. In aller Regel sind aber auch diese Waffen nicht überragend gut und um überhaupt seltenere oder gar legendäre Waffen herstellen zu können, müsst ihr erst viele eurer Vorteilspunkte dafür investieren. Diese fehlen euch dann wiederum in wichtigen Kampf- und Überlebenstalenten, was das gesamte Crafting-System momentan ziemlich uninteressant macht.

Kampf um Atmosphäre: Bugs vs. Soundtrack

Als Shooter mit vielen Rollenspiel-Elementen ist die Atmosphäre in Night City ein entscheidendes Kriterium. Was neben der Raytracing-Beleuchtung bei Nacht besonders heraussticht, ist der Soundtrack. Dieser ist in jeder Situation einfach passend und trifft die Atmosphäre dieser Stadt genau ins Herz. Das geht von der Kampfmusik, über die Musik in Bars und Clubs bis hin zu den Songs im Autoradio.

Während euch das Spiel musikalisch direkt in das Jahr 2077 zieht, reißen euch die verschiedenen Bugs und Clippingfehler leider häufig aus eurer Illusion. So werdet ihr immer wieder daran erinnert, dass ihr gerade einfach nur ein Spiel spielt. Das macht es schwieriger sich völlig in Night City zu verlieren. Grundsätzlich sind die auftretenden Bugs jedoch eher witzig als störend. Gamebreaking-Bugs traten in 30 Spielstunden zweimal auf und konnten durch Laden des letzten Checkpoints behoben werden. Positiv muss hier auch erwähnt werden, dass die Entwickler durch einige Hotfixes bereits viele größere Fehler behoben haben.

Cyberpunk 2077 - Fotomodus

Im integrierten Fotomodus könnt ihr euren Charakter passend in Szene setzen oder tolle Stadt- oder Landschaftsaufnahmen anfertigen.

Fazit & Kaufempfehlung

Solltet ihr Cyberpunk 2077 zum aktuellen Zeitpunkt kaufen? Das hängt zurzeit vor allem von eurer Plattform ab. Die Versionen für die Playstation 5 und die neue Xbox-Generation warten zwar aktuell noch auf das „Next-Gen-Update“, sind allerdings gut spielbar. Besitzer der Playstation 4 oder Xbox One unter euch sollten lieber auf ein Performance-Update im Frühjahr warten. Wie die Performance dann aussehen wird, ist allerdings noch unklar.

Die PC-Version ist aus gutem Grund auf Metacritic deutlich besser bewertet. Wenn ihr über einige Bugs, Clippingfehler und Unsauberkeiten hinwegsehen oder sogar lachen könnt, erwartet euch hier nämlich eine großartige Story in der atmosphärischen Stadt Night City.

Transparenzhinweis: Das Spiel „Cyberpunk 2077“ für den PC wurde für diesen Test kostenfrei von CD Projekt RED zur Verfügung gestellt.