Die beliebte Final Fantasy-Reihe geht am 22. Juni 2023 in die sechzehnte Runde. Final Fantasy 16 erscheint zunächst exklusiv für die PlayStation 5. Aufgrund des Erfolgs und der Erfahrungen mit Final Fantasy 15 ist jedoch stark davon auszugehen, dass es in Zukunft auch eine PC-Version geben wird. Im Vergleich mit dem sehr beliebten Final Fantasy VII Remake erreicht der neueste Teil der Reihe mit 87 von 100 Punkten immerhin die gleiche Pressewertung auf Metacritic. Die Nutzerbewertung liegt mit 8,2 von 10 Punkten sogar etwas höher.
Final Fantasy ist seit jeher eine Spielereihe, die sich mit jedem Teil neu erfindet und nur wenige Elemente wie die Chocobos oder einige Esper als Wiedererkennungsmerkmale integriert. Mit Final Fantasy 16 hat der Publisher Square Enix zweifellos ein passendes Setting gewählt. Noch nie war ein Teil der Serie so brutal, so blutig und so düster wie dieser. Vieles erinnert stark an die Erfolgsserie Game of Thrones. Ein Vorbild, das mit seinem Setting offensichtlich den Nerv der Zeit getroffen hat. Nicht alle sind damit zufrieden. Viele vermissen zum Beispiel die tieferen RPG-Elemente und den gewohnt ausgeprägten Fantasy-Aspekt. Wie sich das Spiel im Detail schlägt und ob die düstere Geschichte etwas für euch ist, erfahrt ihr hier im Test.

Im Prolog spielt ihr den 15-jährigen Clive Rosfield, der als Erster Schild Rosarias seinen Bruder Joshua beschützen soll.
Spoilerfreier Test
Final Fantasy 16 setzt auf eine starke und tiefgründige Story. Dementsprechend verzichten wir im Test bewusst darauf, viele Details und Zusammenhänge der Story zu erklären. Im Vordergrund steht daher ein Überblick über die Spielfunktionen und das Setting des Spiels. Dieser Teil der Serie lebt vor allem von seiner detailreich erzählten Geschichte und den überraschenden Wendungen.
Die düstere Story hinter Final Fantasy 16
In Final Fantasy 16 erlebt ihr die Geschichte aus der Sicht des Protagonisten Clive Rosfield. Die Welt Valisthea leidet zunehmend unter der Fäule, die das Land überschattet und die Lebensgrundlage seiner Bewohner zerstört. Über Valisthea sind fünf Mutterkristalle verteilt, die viel Äther ausstrahlen. Um sie herum sind große Städte und Königreiche entstanden, die dank des Äthers florieren. Sie ermöglichen es den Menschen, mit kleinen Kristallen zu zaubern. Es gibt aber auch Menschen, die ohne Kristalle Magie wirken können. Sie werden Träger genannt. Ihre Gabe ist jedoch mehr Fluch als Segen, denn die Bewohner von Valisthea verachten sie. Sie werden versklavt, entmenschlicht und Mütter verstoßen sogar ihre Neugeborenen, wenn sie sich als Träger entpuppen. Außerdem versteinert der Träger bei übermäßigem Gebrauch seiner Fähigkeiten und stirbt.
Um die Träger von „normalen“ Menschen unterscheiden zu können, tragen sie ein Malzeichen im Gesicht, das aus schwarzer Tinte und einem Gift besteht. Der Versuch, es zu entfernen, kann daher tödlich enden. Mit deutlich mehr Respekt und Ehrfurcht begegnen die Königreiche einer zweiten Gruppe von Menschen: Die Domini. Sie können nicht nur zaubern, sondern auch eine Esper beschwören. Dabei trefft ihr natürlich auf alte Bekannte wie Shiva, Bahamut oder Ifrit. Aber auch diese Fähigkeit hat, wenn man sie zu oft anwendet, schwerwiegende Auswirkungen auf die Gesundheit des Dominus. Im Krieg um die Mutterkristalle und die Vorherrschaft in Valisthea spielen diese mächtigen Bestien eine entscheidende Rolle.

In Final Fantasy 16 trefft ihr auf einige Esper aus bereits vergangenen Teilen der Final Fantasy-Reihe.
Die Geschichte steigert stetig ihre Qualität
Als Clive Rosfield seid ihr nicht nur der Protagonist, sondern auch der erstgeborene Sohn des Erzherzogs des Königreichs Rosaria. Ihr tragt die Flamme des Phönix, könnt ihn aber nicht wie ein Dominus beschwören. Eure Mutter, Annabella Rosfield, verachtet die Träger ebenso, weshalb sie ihre ganze Hoffnung in euren jüngeren Bruder Joshua setzt. Dieser ist der Dominus des Phönix. Clives Fähigkeiten sorgen dafür, dass er bereits mit 15 Jahren zum Ersten Schild von Rosaria ernannt und mit dem Schutz seines Bruders betraut wird. Im Prolog spielt ihr zunächst den fünfzehnjährigen Clive, der ein schweres Schicksal erleidet. Wenig später finden ihn Soldaten des Heiligen Kaiserreichs Sanbrèque und zwangsrekrutieren ihn als Trägersoldat. Schnell scheint sich die Geschichte zu einem einfallslosen Racheplot zu entwickeln, doch das ändert sich schnell. Clives Charakterentwicklung vom fünfzehnjährigen Schild zum gestandenen Helden am Ende der Geschichte birgt einige Überraschungen.

In Final Fantasy 16 schlüpft ihr in die Rolle von Clive Rosfield, der auf seiner Reise mit viel pauschaler Ablehnung durch seine Eigenschaft als Träger zu kämpfen hat. Den Respekt werdet ihr euch hart verdienen müssen.
Final Fantasy 16 geht aber nicht nur mit Clive als Protagonist in die Tiefe. Auch die zahlreichen Nebencharaktere haben ihre eigene Geschichten. Die Hauptcharaktere haben alle ihre individuellen Beweggründe für ihren Kampf und entwickeln sich innerhalb der Hauptgeschichte stetig weiter. Zudem glänzt dieser Teil der Final Fantasy-Reihe auch mit prägnanten Antagonisten. Vor allem, weil auch diese Tiefe zeigen und nicht das simplifizierte Böse darstellen. Auch sie handeln aus nachvollziehbaren Motiven. Selbst der Hauptantagonist, auf den diese Beschreibung am ehesten zutrifft, ist nicht einfach nur böse, um böse zu sein. Was sein Ziel ist und wer überhaupt der Hauptantagonist ist, wird in Final Fantasy 16 allerdings erst im letzten Drittel der Geschichte allmählich enthüllt.

Auch wenn manche Antagonisten für ihre Rolle wie geschaffen sind, sind die Beweggründe für ihre Taten keineswegs das Böse schlechthin, sondern aus ihrer Sicht sogar nachvollziehbar.
Quest-System mit leichten Schwächen
Generell flacht die Handlung und auch die Qualität der Haupt- und Nebenquests nach dem Prolog deutlich ab. Die Nebenquests sind meist simpel und wenig lohnend. Dass die Hauptstory einer dramaturgischen Achterbahnfahrt gleicht und nach brachialer Action mit viel Exposition und ruhigen Aufgaben aufwartet, hat zweifellos seinen Reiz. Bei einer Spielzeit von 70 bis 80 Stunden mit allen Nebenquests und Jagdaufträgen wäre es jedoch sinnvoll gewesen, stupide Sammelquests oder Aufgaben farbloser Charaktere zu streichen. Eine noch komprimiertere Story hätte die wirklich spannenden Geschichten sicherlich noch besser transportiert. Die gut erzählten Nebenquests und die Tiefe der Hauptstory verdichten sich insbesondere im zweiten Teil immer mehr. Viele Nebenquests bestehen aus mehreren Teilen und finden auch erst am Ende ihren Höhepunkt.
Final Fantasy 16 erzählt seine Geschichte hauptsächlich in Zwischensequenzen. Allein die Hauptstory bietet euch 11 Stunden Material, in denen ihr euch entspannt zurücklehnen könnt. Auch alle Nebenquests sind komplett vertont und glänzen mit zahlreichen Zwischensequenzen und Dialogen. Gerade am Anfang können die vielen Charaktere, die verschiedenen Königreiche und die komplexen Beziehungen untereinander jedoch verwirrend sein. Damit ihr nicht ganz den Überblick verliert, könnt ihr jederzeit auf ein Kompendium zurückgreifen, in dem die wichtigsten Themen der aktuellen Szene oder des Gebietes näher erläutert werden. Der Historiker Harpokrates stellt euch außerdem ein Glossar zur Verfügung, das ständig erweitert wird. Später steht euch sogar eine politische Beraterin zur Seite, die euch auf einer anschaulich animierten Karte von Valisthea die Bewegungen und Kriegszüge erklärt. Außerdem gibt es eine Grafik, die die Beziehungen aller Charaktere zueinander anschaulich darstellt.

Die vielen verschiedenen Reiche, Städte und Herrscher können einen am Anfang schnell überfordern. Um den Überblick nicht zu verlieren, hilft euch die Übersicht mit den aktuellen Charakterbeziehungen.
Ein wechselhaftes Belohnungssystem
Der größte Kritikpunkt am neuen Teil von Final Fantasy dürfte jedoch das Belohnungssystem sein. Dieses scheint keiner klaren Linie zu folgen, die bestimmte Aktivitäten angemessen belohnt. Gerade zu Beginn bieten Nebenquests selten einen Mehrwert für die Story und die Belohnungen sind eher spärlich. Dies gilt auch für die zusätzlichen Erfahrungspunkte und Gil. Bleibt man jedoch konsequent und schließt alle Nebenquests ab, skaliert das Level irgendwann besser mit den erhaltenen Erfahrungspunkten, sodass ihr bei den Hauptmissionen einen deutlichen Levelvorteil habt. Dazu tragen vor allem die Jagdmissionen maßgeblich bei: Hier erhaltet ihr je nach Gegner-Rang von C bis S teilweise sehr viele Gil und Erfahrungspunkte. Hinzu kommen wertvolle Handwerksgegenstände, die euch einen erheblichen Vorteil verschaffen. Die Nebenquests in der zweiten Hälfte des Spiels halten dagegen schon deutlich bessere Belohnungen für euch bereit.
Wenn ihr darauf nicht verzichten wollt, müsst ihr konsequent alle Nebenquests abschließen. Bei der Annahme verrät euch das Spiel leider nur, wie viel Gil und wie viele Reputationspunkte ihr dafür erhaltet. Letztere werden in der zweiten Hälfte des Spiels freigeschaltet und bieten ebenfalls eher bescheidene Belohnungen. Die wirklich nützlichen Gegenstände erhaltet ihr erst ganz zum Schluss, also kurz vor Spielende. Außerdem findet ihr in der Spielwelt weiß oder blau leuchtende Punkte. Die sich dahinter versteckten Gegenstände könnt ihr immer wieder finden. Leider sind viele davon nahezu wertlos. Am Anfang findet ihr gerade mal 2 Gil und auch später kaum mehr. Allein um eines der vielen Musikstücke für euer Versteck zu sammeln, müsst ihr bis zu 40.000 Gil pro Melodie aufbringen. Ein Heiltrank kostet immerhin auch 200 Gil und ein Supertrank 400 Gil.

Jagdaufträge gehören zu den lohnenswertesten Nebenbeschäftigungen im Spiel. Ihr erhaltet nicht nur jede Menge Erfahrungspunkte und Gil, sondern auch einzigartige Handwerksmaterialien für mächtige Ausrüstung.
Brachiale Action mit dynamischen Kampfsystem
Das Kampfsystem in Final Fantasy 16 ist recht einfach gehalten: Ihr habt zwei Angriffe der jeweiligen Esper zur Auswahl. Außerdem gibt es eine Spezialfähigkeit und den Magieangriff. Letzterer ist ein einfacher Fernkampfangriff. Die verschiedenen Magieangriffe wie Feura oder Eisra sowie bestimmte Anfälligkeiten der Gegner gibt es in diesem Teil der Serie nicht. Während sich das Kampfsystem anfangs neben den beiden Esper-Angriffen, auf normale Schwerthiebe und geschicktes Ausweichen beschränkt, könnt ihr am Ende zwischen drei von sieben Esper-Elementen wechseln. Jedes Element kann insgesamt vier Fähigkeiten erlernen, von denen maximal zwei ausgerüstet werden können. Jede Esper hat ihre eigenen Vor- und Nachteile, sodass ihr dutzende verschiedene Kombinationen spielen könnt. Das Spiel lädt auch zum Experimentieren ein. Denn ihr könnt jederzeit einzelne Fertigkeiten vergessen und eure Fertigkeitspunkte neu verteilen.
Die Kämpfe bieten durch die passende musikalische Untermalung eine epische Atmosphäre. Auch die Esper-Attacken sind toll animiert und wirken mächtig. Im Limitrausch regeneriert ihr nicht nur ein paar Lebenspunkte, sondern fühlt euch auch wie eine echte Kampfmaschine. Das Treffer-Feedback der normalen Angriffe ist allerdings etwas dürftig. Es fühlt sich eher so an, als würdet ihr mit einem dünnen Stock auf einen Stein einschlagen. Die Esper-Kämpfe sind im Gegensatz zu den normalen Bossen spielerisch keine große Herausforderung. Dafür brennen sie ein Action-Feuerwerk ab, das sich wirklich sehen lassen kann. Selbst im Performance-Modus können die Frames da schon mal zusammenbrechen. Das eigentliche Gameplay wird immer wieder von imposanten Zwischensequenzen begleitet. Ab und zu müsst ihr mit R1 ausweichen oder Quadrat drücken. „Quicktime-Event“ wäre hier allerdings das falsche Wort, denn ihr habt sehr viel Zeit, die richtige Taste zu suchen.

Final Fantasy 16 bietet vor allem im Qualitätsmodus eine wirklich tolle Atmosphäre. Besonders im HDR-Modus kann das Spiel mit satten Farben und aufwendigen Lichtreflexionen glänzen.
Final Fantasy 16 ist mehr Story-Spiel als RPG
Auffallend am sechzehnten Teil der Serie sind die wenigen RPG-Elemente. Ihr könnt nur euren Gürtel, eure Armschienen, euer Schwert und drei Accessoires tragen. Gürtel und Armschienen erhöhen die Rüstung und geben ein paar zusätzliche Lebenspunkte. Diese sind aber so verschwindend gering, dass sich der Nutzen der Rüstung eher auf die Verteidigung beschränkt. Optisch verändert sich nur euer Schwert, das in fast allen Zwischensequenzen auch korrekt dargestellt wird. Nur in wenigen Ausnahmen sieht man Clive mit seinem Standardschwert. Auch verzichtet Final Fantasy 16 auf die Möglichkeit, eure Gruppenmitglieder zu steuern oder auszurüsten. Lediglich eurem Wolfsbegleiter Torgal könnt ihr Befehle für zwei Angriffe und einen Heilzauber erteilen. Wann ihr welchen Begleiter an eurer Seite habt, entscheidet ebenfalls nicht ihr, sondern der aktuelle Storyabschnitt. Auch der Schwierigkeitsgrad des Spiels macht deutlich, dass es bei Final Fantasy 16 vor allem um das Erzählen einer Geschichte geht.
Größere Schwierigkeiten solltet ihr selbst bei den herausfordernden Bossen so gut wie nie haben. Zum einen könnt ihr zwischen Story-Modus und Action-Modus wählen, zum anderen erhaltet ihr mehrere Ringe, die euch das Spiel massiv erleichtern. So bewirkt ein Ring, dass ihr bei einem gegnerischen Angriff ein recht langes Zeitfenster mit der Aufforderung zum Ausweichen erhaltet. Ein anderer Ring ermöglicht es, durch wiederholtes Drücken der Quadrat-Taste komplexe Kombos auszuführen und sogar Gegner automatisch auszuwählen. Diese Items solltet ihr jedoch nicht unbedingt brauchen. Immerhin hat das Sterben keine Konsequenzen und alle Heiltränke werden wieder aufgefüllt. Bei Bosskämpfen startet ihr sogar an einem Checkpoint im Kampf, ebenfalls mit aufgefüllten Heiltränken. Kurzum: Es ist schwieriger, einen Boss nicht zu besiegen, als umgekehrt.

Auch wenn die großen Emotionen in der Hauptstory und den Nebenquests relativ lange auf sich warten lassen, wird die Geduld am Ende zweifellos belohnt.
Fazit zu Final Fantasy 16
Final Fantasy 16 punktet trotz einiger kaum essentieller Nebenquests und einem etwas wechselhaften Belohnungssystem, mit einer ausführlich erzählten und sehr emotionalen Geschichte. Die großen Gefühle lassen allerdings auf sich warten, denn die vielen Nebencharaktere, die alle nach und nach an Tiefe gewinnen, brauchen ihre Zeit, um einem als Spieler ans Herz zu wachsen. Auch in Sachen Action lässt der neue Teil der Spielereihe keine Wünsche offen. Vor allem die Esper-Kämpfe stechen hier hervor. Das Kampfsystem ist einfach, aber dennoch herausfordernd. Allerdings nie so herausfordernd, dass die Kämpfe unfair wirken oder selbst für unerfahrene Action-RPG-Spieler nicht zu bewältigen wären.
Grafisch holt Square Enix ebenfalls alles aus der PlayStation 5 heraus und kann vor allem im HDR-Modus mit unglaublich detaillierten Lichteffekten eine grandiose Atmosphäre erzeugen. Besonders hervorzuheben ist auch, dass sich Valisthea im Laufe der Geschichte immer wieder verändert und so die Stimmung perfekt transportiert. RPG-Fanatiker werden hier nicht ganz auf ihre Kosten kommen und auch das sehr düstere, erwachsene Setting dieses Teils dürfte nicht jedem Fantasy-Fan gefallen. Nichtsdestotrotz sind die sehr guten Presse- und Nutzerbewertungen absolut gerechtfertigt. Final Fantasy 16 sollte sich damit in die Liste der besten Spiele des Jahres 2023 einreihen dürfen.
Transparenzhinweis: Das PC-Spiel „Final Fantasy 16“ wurde für diesen Test kostenlos von Square Enix zur Verfügung gestellt.