Kena: Bridge of Spirits - Testbericht

Kena: Bridge of Spirits – ein zauberhaftes Meisterwerk?

Nach der kurzfristigen Verschiebung ist das Action-Adventure „Kena: Bridge of Spirits“ seit dem 21. September 2021 für PC und PlayStation erhältlich. Der Ankündigungstrailer hat spielerisch noch keine hohe Aussagekraft gehabt, jedoch war ziemlich schnell klar: Optisch wird dieses Spiel ein richtiger Hingucker. Bei einem erfahrenen Studio für Animationsfilme wie Ember Lab ist das auch wenig verwunderlich. Ob ihnen ihr erstes Videospiel auch spielerisch genauso gut gelungen ist, erfahrt ihr im Test.

Kena: Bridge of Spirits bietet eine kurze, packende Story

Mit etwa 10 Stunden Spielzeit für die Hauptstory ist Kena: Bridge of Spirits ein eher kurzes Abenteuer, enthält dafür allerdings keine unnötigen Lückenfüller. Mit allen Nebenquests oder einer höheren Schwierigkeitsstufe könnt ihr auch 15 bis 20 Stunden als Geisterführerin verbringen. Aber worum geht es eigentlich in Kena?

Ihr spielt die dem Spiel namensgebende Geisterführerin Kena, welche ruhelosen Seelen den Weg ins Jenseits erleichtern soll. In einem kleinen Bergdorf ist eine mysteriöse Seuche aus giftigen Pflanzen und Ranken ausgebrochen, die die Häuser und die Natur befällt. Um diese Seelen zu befreien, muss sich Kena allerlei Pflanzen-Monstern stellen und viele kleine Rätsel lösen. Dabei erfahrt ihr auch nach und nach etwas mehr über Kena selbst, während anfangs noch viele Fragen unbeantwortet bleiben.

Kena: Bridge of Spirits -Kena

Von Kena selbst erfahrt ihr am Anfang nur relativ wenig und es bleiben viele Fragen offen. Die Antworten findet ihr allerdings nach und nach auf euren Abenteuern.

Am Ende ergibt alles einen Sinn

Auf eurer Reise hilft euch, euer Kristallstab, der später auch praktischerweise als Bogen eingesetzt werden und kleine Bomben herbeizaubern kann. Während ihr in der Welt, mit Ausnahme von Geistern und Monstern, relativ alleine seid, müsst ihr euren Weg jedoch nicht ganz ohne fremde Hilfe meistern. An eurer Seite kämpfen nämlich die kleinen, putzigen Rott, die mit ihren Kulleraugen wesentlich mächtigere Verbündete sind als ihr zunächst glaubt.

Die Geschichte ist vollständig auf Englisch synchronisiert und mit deutschen Untertiteln unterlegt. Die Synchronsprecher leisten hierbei einen exzellenten Job und passen sehr gut zu den vorgestellten Charakteren. Mithilfe von drei unterschiedlichen Masken erforscht ihr die Vergangenheit ihrer Besitzer und helft ihnen anschließend ihren Frieden zu finden. Trotz der Kürze der einzelnen Geschichten sind diese allesamt wunderschön inszeniert und schaffen es auch emotional zu berühren. Gerade am Anfang scheinen die vielen kleinen Puzzleteile der Story nicht recht zusammenzupassen, aber nach und nach beginnt alles Sinn zu ergeben. Kena: Bridge of Spirits versteht es hierbei sehr gut, immer wieder kleine Andeutungen zu hinterlassen, die euch rätseln lassen.

Kena bietet auch Emotionen

Trotz den sehr kurz erzählten Einzelgeschichten der drei Maskenträger erfahrt ihr genug, damit sie auch euch ans Herz gehen.

Was bietet Kena spielerisch?

Bereits die ersten Bilder und Trailer haben wenig Zweifel daran gelassen, wie gut Kena: Bridge of Spirits grafisch umgesetzt wurde. Doch auch spielerisch enttäuscht das Action-Adventure nicht. Natürlich hat Ember Lab hier nicht das Rad neu erfunden, jedoch ein gutes Maß an Komplexität im Kampf- und Talentsystem finden können. Eure Talente könnt ihr mit Karmapunkten freischalten. Diese erhaltet ihr für das Besiegen von Bossen, das Lösen von Rätseln und das Finden von Früchten für eure Rott. Sofern ihr euch ein bisschen Zeit für Nebenmissionen und das Erkunden der Welt nehmt, solltet ihr die meisten Talente bis zum Spielende freischalten können. Ein stärkeres Schild, mehr Pfeile und die mächtigen Rott-Fähigkeiten werden euch eure Kämpfe stark erleichtern.

Von euren niedlichen Begleitern könnt ihr insgesamt 100 sammeln. In mehreren Stufen erhöht ihr so eure maximalen Rott-Fähigkeitspunkte auf bis zu fünf. Ihr findet sie in Truhen, unter Steinen, auf Feldern und befreit bei den großen Bosskämpfen ebenfalls ein paar weitere. Auch optisch verändert sich das Spiel hier, denn tatsächlich laufen euch mit jedem weiteren Rott immer mehr pelzige Begleiter hinterher. Als wäre das nicht schon fast zu viel Niedlichkeitsfaktor könnt ihr im Hutladen auch noch jedem einzelnen Rott-Begleiter einen anderen Hut aufsetzen! Das Spiel mag euch nun weismachen, dass die Hüte rein kosmetisch seien. Aber insgeheim erhöht ein süßer Frosch auf dem Kopf, ein Pilzhut oder ein leckerer Pfannkuchen-Hut euren Schaden. Zumindest so sicher wie RGB eure FPS erhöhen. 😉

Kena: Bridge of Spirits -Rott-Hüte

Im Hutladen könnt ihr für jeden einzelnen Rott, der euch hinterherläuft unterschiedliche Hüte und Masken für Kristalle erwerben. Sind sie nicht süß?!

Bosskämpfe mit spürbarer Herausforderung

Das Kampfsystem wählt eine solide Mitte. Ihr seid wesentlich stärker gefordert als stupide nur auf die Gegner einzuprügeln. Dennoch ist die Auswahl der Fähigkeiten und Talente relativ überschaubar. Nur mit Maus und Tastatur dauert es ein wenig bis ihr euch an die sehr eigenwillige Tastenbelegung gewöhnt habt. Mit der Aktionstaste „Q“, dem Schild auf „E“ und Rennen auf dem Mausrad war diese schon etwas eigenwillig. Eine Katastrophe war allerdings die Steuerung der Rott. Ihr könnt sie an manchen Blumen nämlich in eine Geisterform bringen, die viele giftige Pflanzen zerstören und euch so den Weg freimachen. Um die Rott zu steuern, müsst ihr jedoch eure Maus mehrfach über euer gesamtes Mauspad ziehen, damit sie auch in diese Richtung fliegen.

Die Bosskämpfe sind ab dem mittleren Schwierigkeitsgrad „Geisterführer“ wirklich fordernd, aber mit etwas Übung immer schaffbar. An vielen Gegnern findet ihr Schwachstellen oder müsst diese erst mit euren Fähigkeiten freilegen. Bei den großen Bosskämpfen fühlte sich jedoch jeder Boss sehr eigen an und benötigte eine ganz eigene Strategie. Insgesamt werdet ihr auf eurem Abenteuer vom Spiel auch selten an die Hand genommen, sondern müsst eure Kampfstrategien und Rätsellösungen ganz alleine herausfinden. Das macht die eigenen Erfolge wiederum belohnender und wertvoller. Mit dem Erhalt neuer Fähigkeiten und Waffen werden auch die Bosse komplexer und ihr müsst zum Ende hin all eure Waffen kombiniert einsetzen, um siegreich zu sein.

Pflanze für Geister-Rott-Gestalt

Diese Pflanzen verwandeln eure putzigen Rott in eine Geistererscheinung ihrer Ursprungsform, die euch den Weg durch einige giftige Ranken bahnen kann.

Kena: Bridge of Spirits – ein atmosphärisches Meisterwerk

Grafisch ist Kena wirklich sehr gut umgesetzt und scheint einfach alles richtig zu machen. Der etwas farbenfrohere Grafikstil trifft genau die Mitte zwischen einer wunderschönen Fantasywelt und gleichzeitig einer realistisch umgesetzten Szenerie, in der ihr euch zu Hause fühlt. Auch wenn ihr die meiste Zeit durch grüne Wälder streift, werden euch auch immer wieder andere Biome begegnen. Vor allem mit exzellent umgesetzten Lichteffekten schafft es Ember Lab immer die passende Stimmung und Atmosphäre zu schaffen.

Auf dem Weg zu einer Aufgabe lauft ihr meist noch durch einen düsteren, vergifteten Wald voller unheimlicher Kreaturen, die sich euch in den Weg stellen. Habt ihr die Verderbnis in diesem Abschnitt besiegt, wirkt der Rückweg wie ein ganz neuer Bereich: Alles ist hell, grün und freundlich und es werden neue Abschnitte freigelegt, die ihr erkunden könnt. Auch der Soundtrack passt bei Kena: Bridge of Spirits einfach perfekt in die malerische Welt. Im Test kam durchweg das Gefühl auf, ein erwachseneres Disney-Abenteuer zu spielen. Damit vereinen die Entwickler hier kindliche Elemente wie den bunten Farben und den süßen Rott mit ihren Kulleraugen, aber auch traurige Geschichten, Tod und sehr düstere Wälder, in denen Kena nicht willkommen ist.

Kena: Bridge of Spirits - Vorher-Nachher

So deutlich verändert sich die Welt, nachdem ihr sie bzw. einige Bereiche von der Verderbnis gereinigt habt.

Das bietet Kena abseits der Hauptstory

Gerade, weil Kena: Bridge of Spirits ein vergleichsweise kurzes Spiel ist, lohnt es sich, sich Zeit zu lassen und auch abseits der Hauptmissionen immer mal wieder die Welt zu erkunden. Auch wenn ihr in alte Gebiete mit euren neuen Fähigkeiten zurückkehrt, findet ihr plötzlich wieder ganz neue Möglichkeiten, Geheimnisse zu entdecken. Zu finden, gibt es vor allem Rott, Karmapunkte für eure Talente und Kristalle für die Rott-Hüte. Aber auch einige wenige Meditationspunkte sind in der Spielwelt verteilt. Diese erhöhen eure maximalen Lebenspunkte. Da ihr nur sehr begrenzte Heilmöglichkeiten habt und bei einigen Bosskämpfen schon ein etwas längerer Lebensbalken zwischen Sieg und Niederlage entscheiden kann, ist es auch ratsam nicht zu sehr durch die Story zu sprinten.

Rund um das Dorfzentrum findet ihr außerdem noch verschiedene „Briefkästen“, zu denen ihr die passende Geisterpostlieferung bringen müsst. Meistens schaltet ihr dann ein Haus oder einen kleinen Bereich mit einigen Gegnern oder kleinen Rätseln frei. Die Lieferungen sind überall in der Welt versteckt. Habt ihr eine gefunden, erkennt ihr sie durch ein golden leuchtendes Säckchen. Habt ihr einen Bereich gereinigt, verschwindet nicht nur die Verderbnis, sondern ihr seht auch wie die Dorfbewohner in Geistergestalt endlich ihren Weg ins Jenseits finden. Die Geisterposten werden euch auf der Karte angezeigt und erhaltet auch grobe Hinweise, wo die jeweilige Geistererinnerung zu finden ist.

Kena: Bridge of Spirits -Meditationspunkte

Nutzt jeden Meditationspunkt in der Spielwelt, den ihr finden könnt. Sie erhöhen eure maximalen Lebenspunkte, die bei Bossen kampfentscheidend sein können.

Fazit

Mehrere Verschiebungen, die Tatsache, dass es Ember Labs erstes Spiel ist und einige vergangene Release-Desaster innerhalb der letzten eineinhalb Jahre Corona-Pandemie haben einige schon mit Vorsicht auf Kena: Bridge of Spirits blicken lassen. Allen Befürchtungen zum Trotz haben die Entwickler nicht nur ein grafisches und atmosphärisches Meisterwerk geschaffen, was den sehr gut animierten Vorschau-Trailern in nichts nachsteht, sondern auch spielerisch abgeliefert. Das Kampf- und Talentsystem war weder zu langweilig noch zu komplex – es hat genau zur Spiellänge und dem gesamten Setting gepasst.

Auch wenn sich PC-Nutzer mit Maus und Tastatur erst einmal an die sehr eigenwillige Tastenbelegung gewöhnen oder diese weitreichend umstellen müssen, hat Kena auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad eine gute Herausforderung innerhalb der Bosskämpfe geboten und einen manchmal auch ein bisschen länger Rätseln lassen. Die Geschichte wird liebevoll erzählt, auch wenn sie in der Kürze der Zeit nicht in die Tiefe geht. Für eine kleine berührende Geschichte und einige abendfüllende Spielerunden reicht das neue Action-Adventure von Ember Lab jedoch allemal. Für Fans des Genres ist es der Preis von 39,99 € für Kena: Bridge of Spirits in jedem Fall Wert.

Transparenzhinweis: Das Spiel „Kena: Bridge of Spirits“ für den PC wurde für diesen Test von Ember Lab zur Verfügung gestellt.