Sex sells: Warum nackte Haut in Videospielen erlaubt sein muss

Wer im Film, auf der Theaterbühne oder in Videospielen Sex darstellt, dem darf häufig zu recht Effekthascherei vorgeworfen werden. Es gibt aber auch Ausnahmen.


„Sex“ ist ein Signalwort. Wenn Werber oder Journalisten es verwenden, ist ihnen die Aufmerksamkeit ihrer Konsumenten und Leser so gut wie sicher. Auch Entwickler können die Diskussionen über ihre Spiele ordentlich anheizen, indem sie Sex-Szenen und pixelige Erotik in ihre Titel einbauen. So erfreuen sich zahlreiche Gamer an den anzüglichen Gags der Leisure-Suit-Larry-Reihe auch nach 20 Jahren noch in diversen Foren. Und die Klickzahlen von Youtube-Videos, in denen der Monsterjäger aus The Witcher Frauen und Elfen abschleppt, steigen fortlaufend an.

Doch Sex-Szenen sind nicht immer alberne Effekthascherei. Wer ein generelles Verbot von Pixelerotik in Spielen fordert, begeht einen Fehler. Denn in einigen Fällen gelingt es Entwicklern mit ein bisschen Sex, die Spielatmosphäre zu verdichten und Charaktere effektiv auszuarbeiten.

Mass Effect: Schäferstündchen im All

Als BioWare im Sci-Fi-Epos Mass Effect die Möglichkeit eröffnete, mit einem Spielcharakter ins Weltraumbett zu hüpfen, entbrannten in Fanforen zwar auch banale Wer-mit-wem-Diskussionen. Doch den Sex zwischen dem wahlweise männlichen oder weiblichen Commander Shepard und einem Crewmitglied recht explizit darzustellen, war durchaus legitim. Immerhin lebt das storylastige Action-Rollenspiel von seinen fein gezeichneten Charakteren und ihren Beziehungen zueinander.

Als Spieler verbringt ihr die Hälfte eurer Mass Effect-Zeit damit, Gespräche zu führen, Freundschaften zu stärken und den Kern von Figuren freizulegen: um ihr Vertrauen in euch zu festigen – und euch schließlich ihre Loyalität für die Mission zu sichern. Die Entscheidung, ob und mit wem ihr ein Techtelmechtel beginnt, ist dementsprechend weniger Fishing for Attention, sondern sogar wichtig für den Ausgang des Spiels.

Heavy Rain: Vom Suchen und Finden der Nähe

Auch dass Quantic Dream im PlayStation-3-Hit Heavy Rain zwei Charaktere hinters Bett sinken ließ, sorgte im Netz für „Hihihi, die ficken ja“-Diskussionen. Aber egal, ob die Aufmerksamkeit erzeugenden Posts nun gewollt waren oder nicht: Auch bei dem Genre-losen Hochglanzwerk ging die Erotik völlig in Ordnung.

Das Erwachsenenspiel wartet mit einem derart realistischen Setting auf, dass man Quantic Dream gar Prüderie hätte vorwerfen müssen, wenn es nicht wenigstens einen Hauch Erotik in ihr Spiel eingebaut hätte. Wie die beiden Hauptfiguren in ihrer Verzweiflung zueinander finden, ist ein für die Handlung wichtiges Element. Quantic Dream hätte es sicher streichen können. Gleiches würde man von Goethe im Bezug auf seinen Faust aber auch nicht verlangen.

So drastisch unverhältnismäßig dieser letzte Vergleich auch war: Sex in Wort und Bild zu verwenden, kann ein Schrei nach Aufmerksamkeit sein – muss es aber nicht. Vor allem in modernen Videospielen dient Sex weniger PR-Zwecken als viel mehr einer guten erwachsenen Story.