Beitragvon Marten Holst » 13. November 2007, 12:40
Moin Rollum,
> da jetzt schon das dritte hochgelobte spiel von herrn
> gerdts herausgekommen ist und ich mich in allen
> altbekannten spielekritiken-seiten zu allen 3 spielen
> umgetan habe, würde ich mich noch über ein paar direkte
> kaufempfehlungen freuen.
Wenn es weiter nichts ist: Kauf Antike, kauf Imperial, kauf Hamburgum.
Das waren jetzt ein paar direkte Kaufempfehlungen :-)
Und im Ernst:
Antike und Imperial sind zunächst einmal Landnahmespiele (mit dicken "Aaaaabers", zu denen komme ich gleich), Hamburgum ist thematisch ein Wirtschaftsspiel.
Zu den Abers: sowohl bei Antike als auch bei Imperial ist es nicht so "Ich habe ein Land, ich mach das jetzt groß". Bei Antike kann man so spielen, aber dann zieht es sich, wichtiger hier ist es, gezielt das Spielziel anzusteuern, und oftmals lohnt dafür eine Rückeroberung meiner Stammländer gar nicht. Wenn alle in dieser Tendenz erst mal "ihr" Rom wiederhaben und verteidigen wollen, kann es sich etwas festfahren. In dieser Hinsicht erinnert es mich ein wenig an die "Spätphase" von Zeitalter der Renaissance: konzentriere Dich auf die Gebiete, die Du brauchst, Geographie wird zunehmend unwichtiger.
Bei Imperial ist der entscheidende Kniff das Erwerben von "Aktien" (auch wenn sich das hier "Kredite" schimpft) an einem Unternehmen, äh, Land. Wenn Du mal 18xx gespielt hast, oder noch besser Kapitalisten-Diplomacy (Postspiel) weißt Du, was das heißt: der "Chef" eines Landes spielt nicht so, wie es für das Land am besten ist (obwohl das deutsche Unternehmensrecht das eigentlich vorschriebe ;-) ), sondern für ihn. Da kann man ein Land ausrauben, oder es bewusst schwächen, damit ein anderes Land (an dem man zufällig auch Interesse hat, vielleicht sogar ein bisschen mehr, relativ zu den Mitspielern) profitieren kann. Auch kann einem das schöne Russland, das man so mühselig Deutschland und Skandinavien überrennen ließ, einfach schnöde entrissen werden. Zum einen hat man nicht mehr die Kontrolle, zum anderen wird aus obigen Gründen dann der ganze mühselige Aufbau in zwei Runden weggeworfen - manche Spieler kommen mit so etwas nicht wirklich gut klar und mögen das Spiel nicht.
Hamburgum ist ("natürlich") auch kein klassisches Wirtschaftsspiel mit Aufbau eines Unternehmens - die Wirtschaft dient hier einem konkreten Ziel und man versucht, möglichst schnell seine Möglichkeiten zur "Siegpunktegenerierung", so wie sie jetzt sind, durchzupauken. In diesem Aspekt wohl zum Beispiel "Säulen der Erde" nicht unähnlich.
Alle drei Spiele haben, nicht zuletzt wegen der geringen Wartezeiten durch das Miniaktionsrondell, aber eben auch durch die Spielmechanismen, eine ausgeprägte Dynamik, Hamburgum dabei am wenigsten, ständig ändert sich die Situation auch "gesamtstrategisch".
Für mich ist Imperial das schönste der drei Spiele, weil es am verzwirbeltsten ist, man am meisten umdenken muss, aber es ist eben, siehe oben, eine Eigenschaft, die bei weitem nicht jedem, auch nicht jedem "kampferprobten Vielspieler", gefallen muss. Hamburgum ist wohl das bravste der drei, in Thema wie in Umsetzung und die beste Variante, um eher weniger Beim-Spielen-um-die-Ecke-Denker einzufangen. Hamburgum ist auch mit Abstand dasjenige Spiel mit der kürzesten Spieldauer. Antike ist sicherlich ein gelungener Mix, aber eben mit der Gefahr, dass klassische Denkschemata nicht funktionieren, und zwar hier nicht im Sinne von "ich gewinne nicht", sondern im Sinne von "das Spiel zeigt Längen". Es macht dann also keinen Spaß.
Dein Favorit "Antike" ist sicherlich eine gute Wahl, wie auch die anderen zwei, aber je nach Spielrunde würde ich vielleicht zu Hamburgum greifen. Bei "Imperial" habe ich ein wenig den Verdacht, dass es Leute anspricht, die sich es eh einfach kaufen (sorry, ist nicht böse gemeint).
Tschüß
Marten