Beitragvon Daniel R. » 2. Juli 2007, 12:47
Uli Blennemann schrieb:
> Eine ganz andere, aber ebenfalls sehr interessante
> Frage ist, wo heutzutage gespielt wird.
> Ist dies tatsächlich der "Familienkreis"? Welchen Anteil
> haben junge, meist männliche Erwachsene, die Battlelore,
> Ringkrieg, Tide of Iron oder Descent spielen? Hat sich "der
> Ort des Spielens" verlagert?
Kurz gesagt: nicht verlagert, sondern erweitert.
Sicherlich hat die Jury, bzw. die wiederkehrenden Auszeichnungen "Spiel des Jahres" dazu beigetragen, dass der breiten Masse seit 1979 nicht nur Mädn oder
Monopoly geläufig ist, sondern auch Siedler von Catan, Carcassonne usw., Brettpiele also nicht mehr nur im Kinderzimmer, sondern auch im Wohnzimmer stattfinden.
Die Spielekultur an sich wurde aber in den vergangenen 25 Jahren nicht nur durch Gesellschaftsspiele geprägt, sondern im starken Masse auch durch das aufkommen von Heimcomputern und ersten Spielekonsolen in den 80er Jahren (Commodore C-64, Nintendo etc).
Kinder und Jugendliche, welche dies miterlebt haben und heute in ihren 20ern oder 30ern sind haben sozusagen automatisch eine Spielekultur mitbekommen.
Die Jury gibt in "Sinn und Zweck" auf Ihrer Webseite an, das Ziel zu haben, sich werbend einzusetzen für die Werte des Spiels in der Gesellschaft, im Freundeskreis
und in der Familie.
Preisträger wie das Kinderspiel des Jahres oder Zooloretto als SdJ passen sicher prima zur Zielgruppe Familie, da einfach und zugänglich mit Spassgarantie der Jury.
Aber wie sieht die Zielerreichung aus in der Zielgruppe "Freundeskreis", welche wohl vorwiegend männlich ist und Erfahrung mit Computerspielen hat? Wie spricht man
diese Leute an, die Finger von XBox oder Playstation zu lassen und wieder Gesellschaftsspiele zu spielen?
Diese Zielgruppe hat einen anderen Anspruch als gleichaltrige Erwachsene vor 25 Jahren oder als Familien heute. Dennoch will die SdJ auch diese Leute
erreichen. Diese Art Spieler sind durchaus komplexe Zusammenhänge gewohnt, da PC-Spiele (Simulationen) oft schon einen erschreckend grossen Realitätsgrad aufweisen. Doch beim Brettspiel hilft kein Computer die Regeln
zu erklären oder aufwändige Punktesysteme zu verwalten. Auch hier ist also Zugänglichkeit ein wichtiges Stichwort, doch inhaltlich wie grafisch müssen andere Standards erfüllt werden als in der Familien-Zielgruppe.
Da sich die SdJ-Jury weigert einen dritten, ständigen Preis zu vergeben, muss die Jury zugeben, dass sie eben diese Zielgruppe "Freundeskreis" im Regen stehen lässt.
Nur weil diese Zielgruppe mit dem Computer umgehen kann, heisst das nicht, dass diese Lust und Zeit haben, tagelang zu recherchieren und zu evaluieren, welches Spiel nun zu ihnen passt oder nicht. Eine diesbezügliche Empfehlungsliste der Jury wäre auch dort willkommen.
Grüsse
Daniel R.