Beitragvon Duchamp » 13. Mai 2010, 10:58
"Schach ist eine Schule des Schweigens" hat Marcel Duchamp in einem Interview gesagt - also liebe Spieleautoren, bitte nicht wundern, wenn beim Spielen geschwiegen wird.
Natürlich muss bei der Einordnung der Emotionen bei Testspielen der Charakter des Spieles berücksichtigt werden, ist doch klar. Ein Action-Spiel für Kinder, bei denen alle still und konzentriert bei der Sache sind, aber kein Lachen, kein Aufschrei, nix weiter geschieht, sollte einem schon zu denken geben.
Und ein abstraktes Spiel fürs konzentrierte Grübeln, bei dem die Mitspieler öfter mal kurz rausgehen zum Rauchen oder handyfonieren, um danach wieder hochkonzentriert dabei zu sein, ist irgendwie noch nicht spannend genug.
Ich wurde letztens beim Testspiel eines meiner Prototypen beinahe schon nervös, weil regelmäßig über die schlechten Karten gemurrt wurde, die nachgezogen wurden. Und alle saßen irgendwie so finster um den Tisch ... nach der Partie waren allesamt begeistert. Ich fragte nach wegen des Murrens, und sie meinten einhellig, das MÜSSE bei einem guten Kartenspiel so sein! Erstens, weil genau die Anpassung der eigenen Pläne an die Karten, die natürlich NIE die richtigen seien, der Kern des Spielspaßes sei, zum zweiten zeige es, dass sie voll bei der Sache und gepackt waren. Drittens gehöre das glaubwürdige Murren zum Bluffen. Man zeige im Gegensatz dazu NIEMALS, wenn man sich über gute Karten freue, da das sofort Gegenaktionen provoziere. :-)
Bei einer Partie Tobago im Anschluss mit der gleichen Gruppe im Anschluss war es ähnlich: Ich war der einzige, der sich austauschte, die anderen saßen fluchend und murrend und grübelnd um den Tisch. Dabei kannten sie das Spiel und fanden es total super!
Emotionen lassen sich nicht einfach "beobachten", sondern deren Äußerung hat vielfältige Ursachen und hängt sehr von der einzelnen Gruppe ab.
Am besten also:
1. Testgruppen sollten zur ZIELGRUPPE gehören, wenn das Spiel denn eine besondere hat.
2. Der Gruppe, die den Prototypen spielt, noch bei anderen Spielen zusehen.
3. Viele unterschiedliche Gruppen testen lassen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, aber nicht ganz einfach zu realisieren. Man hat ja nicht ein Dutzend Gruppen unterschiedlichster Art "bei der Hand". Und es sollten auch nicht nur Spieler sein, die schon "erfahrene" Testspieler für die eigenen Spiele sind - sofort mischt sich die Erfahrung der anderen Spiele mit hinein.