Beitragvon Lukas Kautzsch » 28. Oktober 2003, 14:25
Marcel Kaul schrieb:
> Und San Juan war auch irgendwie öde. Der Verzicht auf
> Kolonisten, Gold und Siegpunkte (es bleiben ja nur die fürs
> Bauen) führt irgendwie dazu dass alle Aktionen auf Karten
> hinauslaufen und es letztendlich egal ist was man nimmt
> (natürlich nicht komplett egal). Ich war jedenfalls
> enttäuscht von der dann doch zu simplen Umsetzung.
Hallo Marcel,
genau das Gleiche dachte ich nach der ersten Partie auch. Da hat halt jeder die Gebäude gebaut, die ihm gerade so in die Finger kamen, und nahm dann die Rolle, die ihm in genau diesem Moment am meisten brachte. Ich hatte dann aber im Verlauf der Spieletage das Glück, noch drei weitere Partien spielen zu können, und da hat sich mein Eindruck deutlich verbessert. Wenn nicht jeder "irgendwas" macht, sondern nach Möglichkeit gezielt zusammen passende Gebäude baut, können sich die Auslagen der einzelnen Spieler durchaus stark unterscheiden. Und dann kommt es genau wie bei Puerto Rico entscheidend darauf an, in welcher Reihenfolge die Rollen ausgewählt werden (und welche in einer Runde nicht genommen wird!). Zweimal Aufseher ohne Händler zwischendrin (oder umgekehrt) ist nicht für alle Beteiligten eine gute Nachricht...
Stark vereinfachend (irgendwie passend) könnte man sagen, San Juan hat im Wesentlichen drei Unterschiede zu Puerto Rico:
1) Die Handkarten sind gleichzeitig Gebäude (also Bau-Möglichkeiten) und Geld.
2) Es gibt kein Verschiffen, man kann nur durch Gebäude Siegpunkte machen.
3) Man kann nur bauen, was man "zufälligerweise" auf der Hand hat.
Dadurch ist SJ in der Tat etwas eindimensionaler (was für ein Komparativ, also gut, nennen wir es "geradliniger", wie Alea :-)) als PR, und der Glücksfaktor ist natürlich auch erheblich größer als das Plantagen-Ziehen bei PR. Aber erstens kann man dem Glück durch geeignete Rollenwahl (z.B. Ratsherr zum Aussuchen von einer Karte von 5) bessere Chancen geben, und zweitens gibt es mehr verschiedene Methoden (Gebäude) als bei PR, zu möglichst wertvollen Gebäuden zu kommen (einerseits die Baukosten reduzierende Gebäude und andererseits produktions-/verkaufssteigernde Gebäude). Die Kombinationen von passenden Gebäuden sind bei SJ wichtiger als bei PR. Und die qualvollen Entscheidungen, ob man eine Gebäudekarte, die man eigentlich später noch bauen will, doch schon lieber eine Runde früher zum Bezahlen für ein wichtiges anderes Gebäude verwenden soll, haben durchaus ihren Reiz. Wirklich simpel finde ich SJ also nach vier Partien nicht mehr. Und SJ spielt sich schon merklich flotter als PR. Wir haben in Essen zu viert eine Partie in gut 20 Minuten heruntergerissen - zum baffen Erstaunen der netten Erklärerin. (Allerdings brauchen wir auch für Puerto Rico nicht mehr als eine Viertelstunde pro Spieler.)
Zusammen gefasst (schreibt man das jetzt wirklich so?) ist San Juan also ein flottes "Puerto Rico light", sehr gut geeignet auch für "Normalos", aber durchaus mit einigen Raffinessen, die man beim ersten Versuch nicht gleich erkennt.
Wenn man genug Zeit und Mitspieler für ein Puerto Rico hat, ist das zweifellos das bessere Spiel, aber für die anderen Fälle ist San Juan ein guter Tipp.
Viel Spaß beim nächsten Ausprobieren,
Lukas