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[Angespielt] Village, Kennerspiel des Jahres 2012

Kritiken und Rezensionen: Wie ist Spiel XY?
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[Angespielt] Village, Kennerspiel des Jahres 2012

Beitragvon Gärtner » 22. Februar 2012, 14:38

Hallo zusammen,

bin neu hier und freue mich auf schöne Diskussionen rund ums Spielen.
Wie in den Richtlinien gewünscht habe ich gesucht, ob es bereits einen Thread über "Village" gibt. Hab keinen gefunden. Nun schreibe ich einen :)

Wir haben am Wochenende das Spiel "Village" von Inka und Markus Brand gespielt. Insgesamt 3x. Einmal mit 3 Leuten und 2x mit Vier Mitspielern.

Das Spiel ist super angekommen. Kurz noch zu uns: Wir sind Vielspieler und mögen Spiele wie Magister Navis, Puerto Rico, Stoneage, Säulen der Erde etc. sehr. Mein Favorit ist Kingsburg mit Erweiterung. Bisher das beste Spiel das ich kenne und ich spiele seit 1987 recht viel.

So, nun zu Village: Es kann hinsichtlich der strategischen Anforderung an o. g. Spiele locker mithalten und hat einen sehr hohen Wiederspielreiz.
Hier meine Rezension, die ich bei Amazon eingestellt habe.

Village ist ein Spiel für Vielspieler. Leute, denen Puerto Rico, Säulen der Erde, Agricola oder Fürsten von Florenz gefällt, werden ihren Spaß haben.
Alle Informationen liegen offen. Sogar die nächsten Kunden sind zu sehen. Somit kann ich Güter "vorproduzieren". Ich sehe welche Steine wo liegen und welche Steine und Güter meine Mitspieler haben. Damit ist jederzeit eine Strategie zu verfolgen. Auch die Möglichkeiten meiner Mitspieler kann und muss ich in meine Entscheidungen einfließen lassen. Es gibt keine Ausreden für Misserfolg. Herrlich.

Klasse auch die Möglichkeiten, die dem Spieler geboten werden:

Ich suche das Glück in der weiten Ferne. Bis zu 24 Siegpunkte + 2 Gold + 4 beliebige Steine sind zu holen). Jedoch benötigt man für die "Reisestrategie" sehr viele Steinchen, die einen anderswo fehlen werden.

Ich treibe meine Karriere im Rathaus voran. Sehr stark sind die beiden letzten Stufen, wobei die vorletze Stufe sehr effektiv ist um mit wenig Aufwand an hochwertige Güter (Ochse, Pflugschar) zu kommen. Der Aufwand an Steinchen ist minimal wenn man bis zur vorletzten oder letzten Stufe vorgedrungen ist. Diese Person sollte allerdings vor dem Tod bewahrt werden, da ein Aufstieg im Rathaus kostspielig, aber vor allem Zeitaufwändig ist. 18 Siegpunkte + einige wertvolle Plättchen kann man mit dieser Strategie schaffen. 4x 3 Siegpunkte durch Goldverkauf + 6 Siegpunkte für die letzte Stufe.

Ich bemühe mich um die Mehrheit in der Kirche und fördere meinen Aufstieg mit Getreide. Wer es schafft, häufig die Mehrheit zu erhalten, sammelt sehr viele Punkte (4x Mehrheit = 8 Punkte). Zusätzlich gibte es noch Punkte für jeden eigenen Dorfbewohner der bei Spielende in der Kirche steht, selbst in der 1. Stufe. Das ist nicht zu unterschätzen. Ein Mitspieler schaffte 21 Siegpunkte mit der Kirchenstrategie. 3x Mehrheit plus 15 Punkte für Personen in der Kirche am Spielende.

Ich konzentriere mich auf das Müllerhandwerk. Wer ständig mit Ochsengespann und Pflug das Maximum an Getreide produziert, hat viele Möglichkeiten dieses Getreide strategisch einzusetzen: Ein Ochse/Pferd kostet 3 Getreide. Für 2 Getreide + 2 Zeit erhalte ich 2 Gold. Getreide benötige ich außerdem um in der Kirche aufzusteigen oder es am Markt zu verkaufen.

Ich fokussiere mich auf den Markt: Wer gezielt die Güter produziert, die auf dem Markt nachgefragt werden, wird sich einen Punktevorsprung vor den Mitspielern erkaufen. Ob dieser jedoch reicht um die Punkte der anderen über Reise, Rathaus, Markt und Chronik auszugleichen, wird sich zeigen. In unseren Partien hat sich herausgestellt, dass man nicht gewinnen kann wenn man nicht wenigstens 10 Punkte über den Markt holt. Der Vorsprung der Spieler, die den Markt häufig nutzen, ist dann nicht mehr auszugleichen. Wer versucht häufig am Markt zu verkaufen, schafft dadurch locker 20 Punkte und mehr. Ohne einen einzigen Marktverkauf kann man nicht gewinnen. Unmöglich.

Ich sterbe clever. Diese Strategie ist vollkommen neu und innovativ. Großes Lob an die Autoren. Man muss schon genau aufpassen wo man seine ersten 4 Bürger mit der Nummer 1 einsetzt. Diese werden sehr wahrscheinlich im Laufe des Spiels das Zeitliche segnen. Bringt man alle vier 1er Personen und eine 2er Person in der Dorfchronik unter, holt man damit 12 Siegpunkte. Schaffen die Gegner nur 2 oder 3 Personen in der Chronik unterzubringen (was häufig vorkommt), so "erstirbt" man sich einen Vorsprung von 8 - 12 Punkten. Clever zu sterben ist also eine echte Herausforderung :-). Nicht zu unterschätzen ist die Kontrolle über das Spielende wenn man derjenige ist, der seine Leute am häufigsten Sterben lässt. Das Spiel endet nämlich wenn die Dorfchronik voll ist oder die Armengräber keinen Platz mehr bieten. Wer es nicht in die Dorfchronik schafft, dem bleibt nur der kalte Platz im Armengrab. Namenlos und - noch schlimmer - ohne Siegpunkte.

Aus diesen Zeilen ist zu ersehen, dass in Village viel Spass steckt. Wer auf sehr schön gemachte Strategiespiele mit geringem Glücksfaktor steht, muss hier zugreifen. Zufälligkeiten gibt es nur beim Verteilen der farbigen Steinchen. Diese Verteilung ist jedoch nicht sonderlich wichtig, da man mit Gold und guter Planung immer die passenden Steinchen hat. Selbst das zufällige Ziehen der eigenen Kirchgänger aus dem Beutel kann man mit Gold beeinflussen. Die Sieger kamen immer so auf 55 - 60 Punkte. Wobei der Unterschied zwischen den Spielern oft nur 1-2 Punkte betrug.

Nur eine Strategie zu verfolgen kann nicht funktionieren. Man sollte von Beginn an wissen wo man seine 2-3 Schwerpunkte setzen will. Plötzlich auftretende Möglichkeiten, vor allem beim Auslösen des Marktes, gilt es geschickt zu nutzen oder gezielt ziehen zu lassen. Diese Entscheidungen sind oft spielentscheidend. Kleine Fehler und falsche Entscheidungen zu Beginn verzeiht das Spiel.

Bei unserer Vielspielerrunde kam das Spiel hervorragend an. Ich sehe es auf einer Höhe mit Puerto Rico. Und Puerto Rico ist eines der besten Strategiespiele überhaupt.

Zum Abschluss noch ein Kritikpunkt:
Die Anleitung ist in wenigen Punkten nicht deutlich genug. Dass man Güter mit Steinchen produzieren kann ohne Personen in den jeweiligen Handwerksbetrieb senden zu müssen, hat sich uns nicht sofort erschlossen. Wir dachten zunächst, dass man immer eine Person im jeweilgen Betrieb haben muss. Das ist aber nicht so!
Auch wird nicht ausdrücklich erwähnt ob man beim Nutzen des Brunnens (3 gleichfarbige Steine erlauben eine Aktion zu machen, die eigentlich nicht mehr erreichbar ist) Gold einsetzen darf. Wir spielen es ohne die Verwendung von Gold beim Brunnen.

Kennt jemand von Euch das Spiel schon? Und wenn ja, was meint ihr dazu?
Zuletzt geändert von SpieLama am 29. April 2014, 15:53, insgesamt 1-mal geändert.
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RE: Village - Eggert Spiele

Beitragvon Knolzus » 22. Februar 2012, 17:31

Meine Herren! Du fährst ja richtig was auf… ich habe schon ein Auge auf Village seit den ersten Vorankündigungen und Messevideos, aber so `ne richtig gute Kritik hatte ich bisher noch nicht gelesen. Vielen Dank für Deine Mühe.
Sehr interessant ist für mich der Aspekt des Spaßes den Du anführst. Village hat sich mir bisher immer als ein aufgesetztes, so ein "ich weiß nicht genau, wo ich hin will" -Spiel dargestellt (allerdings eben nur, weil ich noch keine "wirkliche" Rezension finden konnte). Durch Deine Meinung ist es in meiner Kaufliste ein ganzes Stück weiter nach oben gerutscht. Allerdings stehen dort noch einige andere Titel davor……

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RE: Village - Eggert Spiele

Beitragvon Gärtner » 22. Februar 2012, 22:24

Ich kann nur wiederholen was ich geschrieben habe. Village ist für mich auf einer Höhe mit Perlen wie Burgen von Burgund und die anderen bereits erwähnten Wonneproppen. Uns hat das Spiel super gefallen. Für das Wochenende haben wir vereinbart, dass wir uns nochmal ins Dorf begeben werden.
Es reizt sehr die verschiedenen Strategien auszuprobieren. Ich möchte mich z. B. mal auf die Kirche + Markt konzentrieren. Das müsste eigentlich auch gut funktionieren...
Noch was zur Strategie:
Man sollte eigentlich immer 2x die Reise wählen. Das sind 9 Siegpunkte. Ich glaube, dass es ohne diese 9 SP schwierig wird den 1. Platz zu belegen. Schon alleine deshalb weil man den/die Spieler, welche sich auf die Reise konzentrieren, in die Suppe spukt.

Natürlich wird es immer schwieriger zu gewinnen je besser die Gegner das Spiel kennen. Aber so soll es ja bei einem anspruchsvollen Spiel auch sein. Natürlich darf ein Anfänger gegen einen erfahrenen Village-Spieler keine Chance haben. Das ist hier auch so. Sonst wäre das ganze ebenfalls nur ein Dusel-Spiel. Und das ist Village garantiert nicht.
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RE: Village - Eggert Spiele

Beitragvon Ben2 » 22. Februar 2012, 23:53

Ich habe ein Auge auf Village seit es angekündigt wurde (ich hab sogar den Eintrag auf BGG geschrieben... ;) ) aber dank Pegasus ungewöhnlicher Stille in den letzen 3 Monaten haben wir keinen! Pressekontakt mehr und auch kein Reziexemplar. Das nervt.

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RE: Village - Eggert Spiele

Beitragvon Zottelmonster » 23. Februar 2012, 08:54

Konnte das Spiel vor drei Wochen auch schon bei nem Bekannten anspielen, der es sich in Essen bestellt hatte. Und auhc ich war schwer angetan:

Positiv:
- Der clevere Mechanismus des umgekehrten Worker-Placement. Die AKtionen sind durch die Anzahl von "Gunststeinchen" im Dorf begrenzt. Führt man eine AKtion aus, nimmt man sich den Stein. Diese Steine werden dann als Ressourcen für Aktionen benötigt. Dies führt dazu, dass man in einer Spielrunde nur am Anfang die "Wunschaktionen" problemlos ausführen kann, sihc dann aber Gedanken darüber macht, welche Aktionen denn noch einen Ressourcentechnischen Mehrwert haben. (Hier steckt dann aber auch allerlei Grübelpotantial drin.

- Der "Sterbemachanismus" Man kann bewusst die Ressource Zeit einsetzen. Wer viel Zeit "verschwendet, lässt seine Spielsteine, die sich in den verschiedenen Bereichen aufhalten früh und schnell sterben, wer spart hat mehr Spieler auf dem Brett. Allerdings geben gestorbene Spielsteine in der Dorfchronik Punkte. (Hab in der gespielten Partie den Fehler gemacht zu viel Zeit zu sparen und hatte dann nur wenige Männchen in der Dorfchronik...)

- Unterschiedliche Mechanismen in den Bereichen. Die AKtionsbereiche sind nicht nur im Namen unterschiedene, mechanisch aber gleiche AKtionen.

Zur Strategie: Bei uns hat ein Spieler gewonnen, der gar nicht auf Reisen gegangen ist, sondern sehr viel gehandelt hat. Ich hatte alle Reisepunkte abgearbeitet und bin mit großem Rückstand 2ter geworden. Würde also auch unterschreiben, Konzentrieren auf einen Bereich ist nicht gut.

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RE: Village - Eggert Spiele

Beitragvon Gärtner » 24. Februar 2012, 11:48

Wichtig ist auch, dass derjenige, der auf frühes Sterben setzt, i. d. R. mehr Steine hat. Aus dem Grund weil er seine Güter ja mit Zeit, statt mit Steinen bezahlt. Dies hat dann wiederum den Vorteil, dass man öfter mal den Brunnen nutzen kann. Dieser erlaubt eine Aktion zu machen, die eigentlich nicht mehr zugänglich ist, weil dort keine Steine mehr liegen.

Legt man jedoch 3 gleiche Steine ab (=Brunnennutzung) darf man eben diese "verbotene" Aktion machen. Sehr wichtig um die Reise häufiger nutzen zu können. Allerdings gehen dabei sehr viele Steine drauf. In den letzten Runden kann dies jedoch über Sieg oder Niederlage entscheiden.

Wir spielen heute oder morgen Abend Village und ich freu mich schon.
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RE: Village - Eggert Spiele

Beitragvon Gärtner » 5. März 2012, 19:55

Village habe ich 2x an einem Spielewochenende gespielt. Wir spielten jeweils zu viert. Es kam sehr gut an. 2 meiner 6 Mitspieler nannten Village sogar als Highlight des Wochenendes. Dabei handelte es sich um Vielspieler.
Mir gefiel v. a. K2 sehr gut. Das kannte ich noch nicht. Mein Highlight war Strasbourg. Davon war ich total begeistert.
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RE: Village - Eggert Spiele

Beitragvon Dicemon » 13. Juni 2012, 15:21

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RE: [Angespielt] Village, Kennerspiel des Jahres 2012

Beitragvon SpieLama » 29. April 2014, 15:54

Ihr findet unsere Rezension von Village, dem Kennerspiel des Jahres 2012, unter https://www.youtube.com/watch?v=o13r3orBHc0 .


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