Beitragvon Bernd Schlüter » 26. Mai 2004, 13:15
So, nachdem ich am WE das erste Mal Fifth Avenue gespielt habe und total begeistert bin, muss ich hier ja mal eine Lanze für das Spiel brechen.
Worum geht es bei dem Spiel? Es geht darum, Siegpunkte zu sammeln, die man durch Wertungen in den einzelnen Bezirken auf dem Spielplan bekommt. Und um bei einer dieser Wertungen dann Punkte zu kassieren, muss man in dem Viertel Hochhäuser gebaut haben, die am besten auch noch neben vielen verschiedenen Geschäften stehen.
Der eigentliche Kern des Spiels ist das Versteigern der Bauplätze, daher werde ich darauf jetzt etwas ausführlicher eingehen. Versteigerungen finden statt, wenn ein Baukommissionsstein sich drei Bezirke und den Central Park angesehen hat, und danach wieder ins Büro zurückgekehrt ist. Macht also 5 Schritte pro Kommissionsstein, von denen es zwei Stück gibt. Da jeder Spieler am Ende seines Zuges einen der Steine bewegen muss und einen Stein während seines Zuges bewegen KANN, wird frühestens im dritten Zug eine Versteigerung ausgelöst, spätestens aber nach dem 9. Zug. Man muss also ganz genau im Auge behalten, wann eine Versteigerung möglich ist bzw. wann ein Spieler Versteigerungen anstrebt. Denn nichts ist unangenehmer, als zu wenig Häuser und Karten zu besitzen.
Da Bauplätze in den drei Bezirken versteigert werden, die sich der gerade ins Büro zurückgekehrte Kommissionsstein angeschaut hat, und auch im Central Park, stehen immer 4 Versteigerungen auf einmal an, die auf dem Plan von links nach rechts abgearbeitet werden. Für die Versteigerung werden Karten benutzt, die es in den Farben der verschiedenen Bauplätze gibt. Will ich also einen roten Bauplatz ersteigern, muss ich also rote Karten ausspielen. Wobei eine rote Karte (die ich in der ersten Versteigerungsrunde ausspiele) reicht, danach kann ich schwarze Jokerkarten einsetzen. Ganz frei bin ich bei der Farbwahl nicht, denn habe ich schon Hochhäuser in dem aktuellen Bezirk, kann ich lediglich auf diese Farbe spielen. Ich kann also in einem Bezirk nur einen Bauplatz besitzen. Man sollte also immer schauen, dass man mindestens eine Karte in der Farbe der eigenen Bauplätze besitzt, denn sonst kann man erst gar nicht Mitbieten. Es wird nun reihum geboten, bis irgendwann ein Spieler übrig ist, der mit seinen Karten die höchste Gesamtsumme geboten hat. Der kann dann Häuser auf den gerade erworbenen Bauplatz setzen. Dabei gilt es zu beachten, dass die Karten die Werte 4, 5, oder 6 besitzen. Im Gebot des siegreichen Spielers wird nun nach der Karte mit dem höchsten Wert geschaut. Ist dies eine 6, darf er ein Haus bauen, ist es eine 5, darf er 2 Häuser bauen, und bei einer 4 gar 3 Häuser. Es ist natürlich klar, dass es äußerst schwierig ist, nur 4er Karten auszuspielen. Leichter wird es, wenn man im Auge behält, wer welche Farben hat bzw. nicht hat… es macht auch ungeheuren Spaß, jemandem, der nur 4er oder 5er ausspielt noch dazu zu bringen eine 6 auszuspielen und dann selber zu passen
Da ja wie gesagt 4 Versteigerungen in Folge abgewickelt werden, muss man mit den Karten sehr haushalten, schließlich können die nächsten Versteigerungen schneller kommen als einem lieb ist.
Das war nun die Versteigerung, was gibt es sonst noch zu tun? Da ist einmal das Ansammeln von Munition für die Versteigerung, also Karten ziehen und Hochhäuser in den eigenen Vorrat holen. Letzteres ist eine von 4 Handlungsalternativen, die man zu Beginn seines Zuges ausführt. Es gibt ja einige Spiele, bei denen man Spielmaterial aus einem allgemeinen Vorrat in den privaten Vorrat holen muss, ich habe es bisher aber nie als Problem empfunden, genügend Material in meinem Vorrat zu haben. Irgendwann ergab sich immer mal Gelegenheit dazu. Bei Fifth Avenue ist das anders, hier kann man sehr schnell in die Situation kommen, nicht genügend Häuser im Vorrat zu haben. Die drei anderen Alternativen sind das Platzieren von Geschäften, eine Wertung durchführen, einen Kommissionsstein zu bewegen und eine schwarze Jokerkarte zu kassieren.
Das Platzieren von Geschäften ist eine zweischneidige Sache. Einerseits will man es zügig machen, damit sie schön benachbart zu eigenen Hochhäusern liegen. Auf einem Bauplatz können nämlich entweder nur Hochhäuser oder nur Geschäfte liegen. Und da eine Wertung nur Punkte für verschiedene Geschäfte bringt und jedes Hochhaus maximal 4 benachbarte Geschäfte haben kann, ist die Verlockung, möglichst schnell verschiedene Geschäfte zu platzieren schon da. Es ist aber ganz klar ein Fehler, so zu verfahren. Es ist sinnvoller, auf einem Bauplatz erstmal mehrere Häuser zu bauen, und dann die Geschäfte zu platzieren. Sonst liegen die Geschäfte um ein einzelnes Haus herum, während eine ganze Ansammlung von Häusern ohne Geschäfte dasteht… Außerdem gibt es nach jeweils drei platzierten Geschäften Bonuspunkte für Spieler, die Häuser in mehreren Bezirken besitzen. Und diese Punkte will man ja auch mitnehmen…
Eine Wertung findet in einem Bezirk statt, in dem ein Kommissionsstein steht. Jeder Spieler bekommt für jedes Haus Punkte in Abhängigkeit der benachbarten verschiedenartigen Geschäfte. Bezirke, in denen nur ein Spieler gebaut hat, werden von den Kommissionssteinen gerne umgangen, womit wir bei der vierten Alternative sind. Die beiden Steine bewegen sich unabhängig voneinander von links nach rechts über den Spielplan und hinterlassen eine Plättchenspur auf dem Plan. In den Bezirken mit Plättchen erfolgt dann später eine Versteigerung. Warum sollte man nun einen Stein versetzen? Einmal, um dem folgenden Spieler die Möglichkeit der Wertung im aktuellen Bezirk zu nehmen. Zum zweiten, um ihn in einen Bezirk zu setzen, wo man gerne Häuser bauen möchte. Und schließlich möchte man vielleicht schnell zur Versteigerung kommen…
Man sieht, dass die vier Alternativen zu Beginn des Zuges eng miteinander verknüpft sind, wie überhaupt bei diesem Spiel alles mit jedem verknüpft zu sein scheint.
Während des Zuges dürfen die Spieler noch zwei Karten ziehen, welche nach Farben sortiert offen ausliegen. Die beiden Karten müssen aber von verschiedener Farbe sein, die schwarzen Karten liegen verdeckt aus.
Um zu verhindern, dass wenige Spieler durch permanente Wertung besonders (für sie) punkteträchtiger Bezirke einen uneinholbaren Vorsprung rausarbeiten oder in einem solchen immer mehr Häuser bauen, gibt es zwei Möglichkeiten. Man kann dafür sorgen, dass der Kommissionsstein diese Bezirke meidet, wodurch es dort keine Wertungen gibt. Bei Versteigerungen kann man auf einen Bausstopp spielen, wodurch man einiges an Punkten bekommt und der Bezirk dann geleert wird. Es macht schon Spaß, den Großgrundbesitzern die Karten aus dem Kreuz zu leiern….
Das Spiel endet nach dem zweiten Baustopp oder wenn das letzte Geschäft platziert wurde. Dann gibt es noch eine Wertung aller Bezirke und des Central Parks. Gewinner ist derjenige mit den meisten Siegpunkten.
Jetzt habe ich eine ganze Menge geschrieben, habe aber immer noch das Gefühl, etwas vergessen zu haben…
Das Tolle an dem Spiel ist, dass alles unglaublich gut miteinander verzahnt ist und es keine „Alibi-Aktionen“ gibt („Ach, ich mach’ mal das…“). Und trotz bekannter Mechanismen wie Versteigerungen und Wertungen, hat man das Gefühl, etwas völlig Neuartiges und Ungewöhnliches zu spielen. Denn wann gab es eine Gebietswertung, bei der es nicht auf Mehrheiten ankam?
Meiner Meinung nach ist Wilko Manz und Alea mit Fifth Avenue ein ganz tolles Spiel gelungen, dass sich nicht hinter den anderen Aleaspielen verstecken muss – und auch nicht hinter den anderen Spielen dieses außergewöhnlich guten Jahrgangs.
Bernd
(ist gespannt auf die Reaktionen dieses PEEPs)