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[OT] Komplexität versus Kompliziertheit

Sachfremdes
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RedPiranha

Re: War: Komplexität… Quartettregeln

Beitragvon RedPiranha » 18. Dezember 2004, 09:27

VolkiDU schrieb:
..und im
> Flugzeug-Quarett die B 747 und die Concorde......als wenn ich
> beide es noch gestern gespielt hätte. ;-)

Die gabs zu meiner Zeit noch nicht, da war die B707 das größte Verkehrsflugzeug und der Starfighter das schnellste. ;-)

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RoGo

Re: [OT] Komplexe Teestrukturen machen Dikussionen kompliziert

Beitragvon RoGo » 18. Dezember 2004, 09:50

Hallo ihr Beiden,
also wieder weg von der Sprachtheorie zu WeePees harten Aussagen.

Kann man Komplexität an der Höhe der Freiheitsgrade messen?

Nehmen wir als Beispiel Twixt: Die Freiheitsgrade sind die Möglichkeiten wohin ich meinen Turm setze, diese nehmen im Verlauf des Spiels kontinuierlich ab. Heißt das, dass Twixt im Spielverlauf weniger komplex wird?
Ich persönlich kann die ersten Züge sehr intuitiv, stressfrei setzen und muss dann allmählich anfangen schwer zu rechnen. Subjektiv nimmt die Komplexität für mich also zu bis zu einem Punkt an dem der Sieg, die Niederlage feststeht. Die restlichen unkomplexen Züge werden natürlich garnicht gespielt.
Ein Programmierer mag das ganz anders sehen insb. wenn er seinen Rechner einfach alle Möglichkeiten durchrechnen läßt, wodurch die Kompexität zwingend mit den Freiheitsgraden sinkt. Wenn ich mich recht erinnere, ist es bei Schachprogramme daher die hohe Kunst eine schlechte Variante schnell auszuscheiden und nicht durchzurechnen. Wer setzt bei Twixt seinen ersten Turm schon an die Kante?

Und wie sieht es mit dem Zusammenhang von Regelanzahl zu Komplizierheit aus?

Wie definiere ich Regel? Wie gewichte ich Regeln? Beim schachfinde ich beispielsweise jede Grundbewegungen wichtiger als alle Unentschieden Regeln zusammen.

Fröhliche Grüße

Roland

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Hartmut

Twixt = unkompliziert + komplex + dynamisch

Beitragvon Hartmut » 18. Dezember 2004, 10:27

Hallo Roland,

> Nehmen wir als Beispiel Twixt...
> Ich persönlich kann die ersten Züge sehr intuitiv,
> stressfrei setzen und muss dann allmählich anfangen schwer
> zu rechnen.

Stimmt, denn wenn Du die ersten Züge nicht ein wenig aufeinander abstimmst, hast Du das Spiel verloren, bevor Du es selber merkst. Und in Rückstand geraten bedeutet dann eben "Stress" und "schwer rechnen". Sofern man die Partie gewinnen will, ist es besser, man rechnet gleich etwas mehr und spielt dann zumindest stressfrei weiter - ums "rechnen" (also Strategien durchdenken) kommt man bei einem solchen Spiel eh nicht umhin ;-)

Auf der SPIEL '04 in Essen traf ich einen italienischen Spielefreund wieder. Wir kannten uns von der Mind Sports Olympiad in London, an der ich 1998 und 1999 teilgenommen hatte (TwixT und LoA). Dabei erwähnte er ein Erlebnis, das ihm offenbar gut in Erinnerung war. Nach seiner TwixT-Partie mit meinem Freund Klaus (mehrfacher MSO-TwixT-Weltmeister) fragte er ihn, wann er das Spiel denn verloren hätte. Die (absolut ehrlich gemeinte) Antwort war: mit dem zweiten Zug!

Aber zurück zum Thema: TwixT ist sehr unkompliziert und sehr komplex (besonders während der ersten Züge!), und das habe ich ganz ohne zu rechnen herausbekommen. Das hat es mit (dem etwa hundertmal älteren) Go gemeinsam. Unterscheiden tun sich die Spiele aber (Achtung: drittes Kriterium!) erheblich in ihrer Dynamik. Ein Go-Spiel verzeiht eher einen Spielfehler als TwixT; der Spielausgang ist in TwixT sehr viel schneller bestimmt.

Vertwixte Grüße

Hartmut
- www.hiespielchen.de -

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Roland G. Hülsmann
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Beiträge: 2598

Re: War: Komplexität… Quartettregeln

Beitragvon Roland G. Hülsmann » 18. Dezember 2004, 10:54

RedPiranha schrieb:

> Die gabs zu meiner Zeit noch nicht, da war die B707 das
> größte Verkehrsflugzeug und der Starfighter das schnellste. ;-)

Wir scheinen Da unsere "Quartett-Phase" (inzwischen heißen die Dinger nicht mehr Quartett, sondern "Super-Trumpf" oder ähnlich mit schriftlich fixierten Regeln ... sehe ich bei meiner Tochter) zum gleichen Zeitraum gehabt zu haben. Deine Superkarten sind auch mir in Erinnerung, besonders der Jaguar E (knallrot, wenn ich mich recht erinnere) hatte es mir angetan.

Gruß
Roland

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Roland G. Hülsmann
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Re: [OT] Komplexe Teestrukturen machen Dikussionen kompliziert

Beitragvon Roland G. Hülsmann » 18. Dezember 2004, 11:19

RoGo schrieb:

> Kann man Komplexität an der Höhe der Freiheitsgrade messen?

Ich denke: Nein, zumindest nicht allein. Dein Beispiel belegt es schon sehr gut. Selbst wenn ich in einere bestimmten Situation nur zwei Möglichkeiten habe, kann es schon sehr komplex sein, dessen Auswirkungen zu ermessen, um festzustellen, welcher letztlich der Bessere ist. Ich denke mal, je mehr Auswirkungen das hat, was ich tue, desto komplexer wird die Entscheidung.

Von daher würde ich auch annehmen, daß ein strategisches Spiel tendenziell komplexer ist, als ein rein taktisches Spiel. Eine strategische Entscheidung kann Auswirkungen auf den ganzen Spielverlauf haben, eine taktische oftmals nur auf die nächsten Züge. (In der Praxis sind Strategie und Taktik allerdings immer sehr verzahnt.)

> Und wie sieht es mit dem Zusammenhang von Regelanzahl zu
> Komplizierheit aus?

Zu Deinem Beispiel. Die Schachregeln sind einfach:
1. Die Grundbewegungen der 6 verschiedenen Figuren (Bauer, Turm, Springer, Läufer, Dame und König)
2. Das Schlagen
3. Schach und Schachmatt setzen
Das komplizierteste sind noch zwei Zusatzregeln:
4. Das Schlagen "en pasant" (o.ä.) beim Bauern.
5. Die Rochaden.
(Und der Anfänger kann zunächst auch noch auf 4 und 5 verzichten.)
Und es reicht der Hinweis, daß ein Spiel als unentschieden zu werten ist, wenn keiner mehr gewinnen kann. Eine Diskussion darüber, wie man eine solche Situation möglichst rasch erkennt, sind höchstens Erläuterungen dazu, aber nicht unbedingt notwenig für die Spielregel. Ein paar wenige häufiger auftretende Beispiele sollten reichen.

Das Gegenbeispiel könnte so maches typisch amerikanische Spiel sein, woch ich nach meinen Würfelwürfen ständig in irgendwelchen Tabellen suchen muß und sich die Regeln abhängig von der Spielphase ständig ändern (fein untergliedert in hierarschische Strukturen, wie etwa: "3.1.5.6: Der Spieler ...", mit ständigen Querverweisen) ... und zum Schluß gewinnt der mit dem größeren Würfelglück. Hier ist nicht nur die Regel, sondern vermutlich auch das Spiel kompliziert und eine arge Fummelei. Aber es muß nicht immer am Spiel liegen. Sehr oft habe ich das Gefühl, daß manche Regel zu einem einfach zu spielenden Spiel (gleich welcher Komplexität) einfach nur kompliziert geschrieben ist. Es hat halt nicht jeder die Gabe, komplexere Zusammenhänge einfach nieder zu schreiben. Und Spielregeln sind halt in der Regel nicht von Profis der schreibenden Zunft (vielleicht mit didaktischer Vorbildung) verfaßt, sondern oft von den Autoren und Redakteuren, die in ihrem Versuch, nichts auszulassen, oft unnötig kompliziert formulieren. Nicht jeder Spieleerfinder ist auch ein guter Autor und Didakt! Und daher sind manche Spielregeln so unglaublich kompliziert und schwer verdaulich wie oftmals die von Programmierern selbst verfaßten Handbücher zu ihrer Software ... :grin:

Gruß
Roland
(Programmierer und Spieleerfinder ... ;-) )


>
> Wie definiere ich Regel? Wie gewichte ich Regeln? Beim
> schachfinde ich beispielsweise jede Grundbewegungen wichtiger
> als alle Unentschieden Regeln zusammen.
>
> Fröhliche Grüße
>
> Roland

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RoGo

Re: Twixt = unkompliziert + komplex + dynamisch

Beitragvon RoGo » 19. Dezember 2004, 10:29

Hallo Hartmut
dass man mit dem zweiten verlieren kann, versteh ich gut, natürlich auch mit dem ersten. Aber nach Pee Wees behauptung müßte der erste (!) Zug immer der schwierigste sein. Und ich dachte eigetlich man setzt den einfach irgendwo in den Ring und gut ist es. Und ich vermute mal dass du normalerweise auch über den zweiten nicht lange nachdenkst. Höchstens im Sinne: Habe ich heute Lust, was Neues auszuprobieren.
An Go hatte ich auch gedacht, aber die Entwicklung der Anzahl der Freiheitsgrade ist bei Go halt nicht so eindeutig.
Fröhliche Grüße
Roland

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RoGo

Re: Twixt = unkompliziert + komplex + dynamisch

Beitragvon RoGo » 19. Dezember 2004, 10:33

Ein überschaubareres Beispiel wäre Tic-Tac-Toe: Das erste Kreuz ist völlig beliebig, danach kann man verlieren.
Roland

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Hartmut

RE: Twixt = unkompliziert + komplex + dynamisch

Beitragvon Hartmut » 19. Dezember 2004, 16:06

Hallo Roland,

> dass man mit dem zweiten verlieren kann, versteh ich gut,
> natürlich auch mit dem ersten. Aber nach Pee Wees
> behauptung müßte der erste (!) Zug immer der schwierigste
> sein. Und ich dachte eigetlich man setzt den einfach
> irgendwo in den Ring und gut ist es. Und ich vermute mal
> dass du normalerweise auch über den zweiten nicht lange
> nachdenkst.

Auf jeden Fall mehr als über den ersten, das ist richtig. Und es kommt auf den Spielpartner an. Gegen meinen Freund habe ich schon immer vor meinem ersten Zug das Gefühl, keine wirkliche Chance mehr zu haben ;-)

> An Go hatte ich auch gedacht, aber die Entwicklung der
> Anzahl der Freiheitsgrade ist bei Go halt nicht so
> eindeutig.

Naja, im Sinn des eigentlichen Themas hier ist die Anzahl der Freiheitsgrade wohl bei beiden Spielen derart astronomisch (auch im Vergleich zu dem hier sehr viel stärker beschränkten Schach), dass diese Zahlen nicht wirklich interessieren...

Immerhin gibt es ja dennoch halbwegs starke (d.h. für mich reicht's) Go-Programme, während das für TwixT noch keiner geschafft hat. Auch werde ich das Gefühl nicht los, dass das zu meinen Lebzeiten keiner mehr programmiert. Ich werde mich daran jedenfalls nicht versuchen - die Idee habe ich nach reiflicher Überlegung schon vor Jahren verworfen.

Verspielte Weihnachten wünscht

Hartmut

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Heinrich Tegethoff

Re: War: Komplexität… Quartettregeln

Beitragvon Heinrich Tegethoff » 20. Dezember 2004, 18:41

Ja, lang lang ist es her.

Aber manches davon doch nicht: letzte Woche sah ich mit meinen Söhnen
eine Doku über den Münchner Flughafen. Probealarm für die Feuerwehr.
Die 1000-PS-Kolosse rücken mit 142 km/h aus.

Die Daten wußte ich auch so noch - es waren einfach die stärksten
und schnellsten Feuerwehrfahrzeuge, auch schon zu meiner Quartettzeit!

Servus,
Heinz (mit Nostalgie-Träne im Auge)

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VolkiDU

Re: War: Komplexität… Quartettregeln

Beitragvon VolkiDU » 20. Dezember 2004, 19:08

Heinrich Tegethoff schrieb:
> Aber manches davon doch nicht: letzte Woche sah ich mit
> meinen Söhnen
> eine Doku über den Münchner Flughafen. Probealarm für die
> Feuerwehr.
> Die 1000-PS-Kolosse rücken mit 142 km/h aus.
>
> Die Daten wußte ich auch so noch - es waren einfach die
> stärksten
> und schnellsten Feuerwehrfahrzeuge, auch schon zu meiner
> Quartettzeit!

Vielleicht ein roter 8-Achser und 12-Zylinder von Rosenbauer mit drei Mann Besatzung?

Das war jetzt eine sehr grobe Schätzung ;-)

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VolkiDU

Re: War: Komplexität… Quartettregeln

Beitragvon VolkiDU » 20. Dezember 2004, 19:11

Sorry, da hab' ich jetzt was verwechselt. Sollte 4-Achser heißen.

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Heinrich Tegethoff

Re: War: Komplexität… Quartettregeln

Beitragvon Heinrich Tegethoff » 20. Dezember 2004, 21:46

Klar. 8 Räder. Ist ja auch mehr als 4. Wichtig, zumindest beim Quartett
in der Jugend. Ansonsten paßt die Beschreibung, wobei ich Rosenbauer
nicht bestätigen will - Namen kann ich mir nicht so gut merken.

:-) :-)
Heinz

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Heinrich Tegethoff

Re: [OT] Komplexität versus Kompliziertheit

Beitragvon Heinrich Tegethoff » 20. Dezember 2004, 22:01

WeePee - Wolfram Püchert schrieb:
> 4)
> Ein Spiel mit komplizierter Regel, welches aber nicht komplex
> ist, fällt mir gerade nicht ein.

Hallo WeePee,

das Dir gerade keins einfällt dürfte wohl daran liegen, daß eine komplizierte
Regel dann ein vergleichsweise schlechtes Spiel überdeckt - diese landen
dann schnell in der "schwach"-Kiste (oder eBay&Co) und sollten auch besser
vergessen werden.
Nicht immer, aber ich muß schon zum Regal rübergehen und unten suchen
und dann würde ich eins finden.

Ich trenne dabei übrigens "kompliziertes Regelheft" von "komplizierter Regel":
manche Spiele haben ein zu kompliziertes Regelheft aber dann doch ein zur
Komplexität passendes Regelwerk. Spontan fällt mir dazu "Saludos Amigos!"
ein, welches mir viel Spaß macht, aber ein hoch-kommunikatives Spiel ist, ergo
geringe Denk-Komplexität hat.

Servus,
Heinz (der im übrigen gerne solche Beiträge liest)

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Tim-spielbox

RE: Twixt = unkompliziert + komplex + dynamisch

Beitragvon Tim-spielbox » 6. Januar 2005, 21:41

Hallo Hartmut,

es gibt momentan (mindestens) zwei Leute, die an TwixT-Computergegnern arbeiten. Soweit ich weiß, soll die Eröffnungsphase in beiden Ansätzen über eine umfangreiche Bibliothek laufen. Auch die Endphase dürfte vergleichsweise einfach sein, da man hier eventuell einfach mit roher Rechengewalt alle möglichen Kombinationen durchprobieren kann.

Schwierig wird vermutlich das Mittelspiel. Hier kommt der komplexe Charakter von TwixT voll zum Tragen, da es leider viel zu viele Zugmöglichkeiten gibt, um sie durchzurechnen. Man muß dem Computer also irgendwie beibringen, einer groben Strategie zu folgen. Bloß wie? ;)

Auf den TwixT-Plattformen k2z.org und littlegolem.net gibt es übrigens Diskussionsforen, wo derartige Fragen ab und zu erörtert werden.

Würde gern mal eine Partie mit Dir spielen!

Viele Grüße


Tim

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Hartmut

RE: Twixt = unkompliziert + komplex + dynamisch

Beitragvon Hartmut » 7. Januar 2005, 11:08

Hallo Tim,

> Würde gern mal eine Partie mit Dir spielen!

Du hast Mail :-)

Viele Grüße

Hartmut


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