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Süddeutsche Zeitung: Der Strategiespieler

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Jens-Peter Schliemann
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Süddeutsche Zeitung: Der Strategiespieler

Beitragvon Jens-Peter Schliemann » 7. August 2005, 11:51

Hallo,

in der jetzigen Wochendausgabe (6.-7.Aug.) der Süddeutschen Zeitung gibt es unter der Rubrik STIL einen Artikel:

Album der Arten Heute: Der Strategiespieler

welcher versucht diese Spezies zu charakterisieren!

Grüße.
Jens-Peter

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DocFriese
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Beiträge: 183

Re: Süddeutsche Zeitung: Der Strategiespieler

Beitragvon DocFriese » 8. August 2005, 07:54

Hallo Jens-Peter!

Gibt es den Artikel auch online bzw. kannst Du den Link posten?

Lars

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Jens-Peter Schliemann
Spielkamerad
Beiträge: 28

Re: Süddeutsche Zeitung: Der Strategiespieler

Beitragvon Jens-Peter Schliemann » 8. August 2005, 21:45

Hallo Lars,

nach einer Anfrage bei der Süddeutschen habe ich den Artikeltext bekommen:

Der Strategiespieler

von Harald Hordych

Die Frage nach dem richtigen Leben wird auch ein begeisterter Strategiespieler nie beantworten wollen. Aber die Frage nach dem richtigen Spiel, das ein bisschen wie das Leben ist, genauso kompliziert und verworren, zugleich aber mit überlegener Geisteskraft beherrschbar, die wird er sehr wohl beantworten: Strategiespiele. Er wird die Antwort nicht enger fassen, der Strategiespieler, denn er wird sich nie festlegen wollen, welches das beste und das einzige ist. Allein: Alle Strategiespiele sind seine Sache. Jenseits des Glücks, das der Dumme braucht, um den Schlauen zu schlagen, diesseits des bisschen Glücks, das der Beste braucht, um die Guten hinter sich zu lassen.

Strategiespiele haben irgendwann die alten Spiele abgelöst. Nicht das simple Glück brachte uns nun wie beim Mensch-ärgere-dich-nicht weiter und auch nicht die reine Gedankenkraft wie bei Dame oder Schach. Der planende und strategisch denkende Feldherr, Bauherr, Geschäftsherr war auf den Plan getreten, und seine Triumphe am Spielbrett mit all den tausend Ereigniskarten, Vorbereitungswinkelzügen, Miniaturverkehrsmittelaufmarschgebieten waren das beredte Zeugnis dafür, dass auch verkannte Genies in dieser Welt eine Bühne verdient haben für ihre geistige Präsenz und ihr allumfassendes beispielloses Vorausblicken.

So anstrengend war Spielen früher nicht, selbst beim Monopoly konnte man sich irgendwann als mäßig erfolgreicher Hotelier dem Suff ergeben. Nicht so beim ¸¸Risiko", wo sich Armeen während eines Toilettengangs auf bis dahin vergessene, vor sich hin dösende Kontinente wälzen konnten. Beste Freunde zweifelten da plötzlich an ihrer Freundschaft.

Der Strategiespieler ist kein Angeber, bewahre, zumindest würde er das nie und nimmer zugeben, er ist ein bedächtiger, bescheiden auftretender Mensch, der einem stets das Gefühl gibt, gerade jetzt das zu tun, was für uns alle das Beste ist. Der Strategiespieler kleidet sich leger, aber niemals schlampig, er achtet auf seine Kleidung, aber sie zeichnet ihn als Menschen aus, der sich nie in den Vordergrund spielt. Er ist dezent, aber er verpasst nie den Moment, wenn es etwas richtig zu stellen gilt. Der Strategiespieler ist ein Musterbeispiel an Verantwortungsbewusstsein. Und darum überlässt er so wenig wie möglich dem Zufall, gerade so viel, um sein Spiel machen zu können. Sein Spiel, Mesdames et Monsieurs. Nicht unseres. Der Strategiespieler spielt nicht um des Spaßes willen (dafür leben wir ja auch nicht), er spielt, um endlich mal seine wahre Überlegenheit demonstrieren zu können. Beim Strategiespiel zeigt sich der wahre Meister. Schluss mit den Faxen. Ehrliche Arbeit.

Darum können Strategiespiele gar nicht kompliziert genug sein. Für eine erste natürliche Auslese, über die der Strategiespieler nur milde lächeln kann, sorgt die Spielanleitung. Diese Hürde nehmen Menschen, die einfach nur spielen wollen, in der Regel nicht. Sie suchen Zerstreuung, und sie finden zwei Stunden Regellehre. Der Strategiespieler beweist, dass er sich in die diffizilsten Spielvorschriften einarbeiten kann. Allein wer das Spiel verstanden hat, ist auf seine Weise schon ein Sieger. Darum mögen sich Strategiespieler untereinander, wie Motorradfahrer oder Fallschirmspringer sich mögen, Fahrensmänner eines Geheimbundes, bereit Dinge zu tun, die andere nicht tun, und dabei können sie mehr oder weniger entspannt an einem Tisch sitzen und ein Glas Zwetschgensaftschorle trinken, die ihnen langsam auf die Birkenstocksandalen tropft, während sie den entscheidenden Schienenstrang Richtung Ostküste verlegen.

Der Strategiespieler meint nie etwas böse, denn er ist überzeugt davon, ein Guter zu sein. Und nie würde er uns demütigen wollen. Er will nur beweisen, wie gut man sein kann, wenn man seine Kraft konzentriert auf ein Ziel lenkt. Er lacht mit uns, wenn wir mit unseren Schiffen Schiffbruch erleiden, wenn unsere Bahnlinien zu Beweisstücken des Scheiterns werden. Er mag uns. Er will uns nur zeigen, dass man ans Ziel kommt, wenn man was drauf hat. Spielend lernen, ist doch ganz einfach.

Und für wen das jetzt zu schwer ist, der kann ja Maumau machen.


Grüße.
Jens-Peter

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Bernd Geiges

Re: Süddeutsche Zeitung: Der Strategiespieler

Beitragvon Bernd Geiges » 9. August 2005, 07:37

Hey,

toll, dass Du Dir soviel Mühe gemacht hast, vielen Dank.

Allerdings trag`ich schon laaaange keine Birkenstock mehr... :-)

Gruss, Bernd

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Immanuel

Vielen Dank, ...

Beitragvon Immanuel » 9. August 2005, 13:34

... lieber Jens-Peter,

für die Nachfrage bei der SZ und das Einstellen des Textes hier ins Forum. Da wird sich wohl schon der ein oder andere teilweise wiedererkennen.

Allerdings: Risiko als Paradebeispiel für ein Strategiespiel "jenseits des Glücks, das der Dumme braucht, um den Schlauen zu schlagen, diesseits des bisschen Glücks, das der Beste braucht, um die Guten hinter sich zu lassen."? Das ist wohl doch ein wenig zu viel der Ehre für diesen Klassiker - der nichtsdestotrotz sicher für nicht wenige Spieler das Tor in die Welt der stärker strategisch ausgerichteten Spiele war.

Grüßle,
Immanuel
(der seit Jahren schon keine Partie Risiko und auch keine Partie Mau-Mau mehr gespielt hat, im Zweifel aber ersteres klar bevorzugen würde)

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Ralf Arnemann
Kennerspieler
Beiträge: 2447

Wer ist Harald Hordych?

Beitragvon Ralf Arnemann » 9. August 2005, 14:10

Sehr schöner Artikel.
Bleibt die Frage: Wer ist der Autor?
Denn da steckt schon eine gehörige Portion Szene-Kenntnis drin ...

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Immanuel

Harald Hordych

Beitragvon Immanuel » 9. August 2005, 17:40

wird hier

http://www.emons-verlag.de/php/ainfo.php?cat=fsp&aid=359&id=346

kurz vorgestellt.

Grüßle,
Immanuel

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Franz-Benno Delonge

Wer auch immer er ist,...

Beitragvon Franz-Benno Delonge » 9. August 2005, 17:41

...er verdient der Edlen Lob.
Gruß
Benno

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Michael Weber

Re: Wer auch immer er ist,...

Beitragvon Michael Weber » 10. August 2005, 08:51

Ja, obwohl, das mit den Birkenstock ...

;-)

Michael
(hat noch nie Birkenstock und nur ganz selten Sandalen getragen)

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ode

Re: Wer auch immer er ist,...

Beitragvon ode » 10. August 2005, 09:19

ich könnt mich bepissen vor lachen!!! herrlich!!!

obwohl natürlich, wie immer bei satire, völlig pauschalisiert und nicht auf alle zu beziehen!!!

also, auf mich trifft das auf keinen fall zu.... ;-)

ausser das mit dem regelstudium... da bin ich schuldig... wenn ich nen neues spiel hab und mir in ruhe die regeln durchlese, und die noch so schön aufgemacht sind... dafür würde ich so manches buch stehen lassen... :-)

ode.

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Heinrich Tegethoff

Regelstudium vs Bücher

Beitragvon Heinrich Tegethoff » 10. August 2005, 21:06

ode schrieb:
> ausser das mit dem regelstudium... da bin ich schuldig...
> wenn ich nen neues spiel hab und mir in ruhe die regeln
> durchlese, und die noch so schön aufgemacht sind... dafür
> [b]würde[/b] ich so manches buch stehen lassen... :-)

Hallo Ode,

wieso "würde"? Ich bin bekennender Regelleser und [b]lies[/b]
dafür auch schon das Buch stehen!

Servus,
Heinz (der mehr Spieleregeln im Jahr liest als Bücher - zum Glück
{oder leider?} kommen aber selbst Schatten-über-Camelot-Gesamtregeln
nicht im Nebel-von-Avalon-Format)


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