Beitragvon Frank Sippel » 12. Februar 2006, 12:28
Um Krone und Kragen
In letzter Zeit kommt bei uns häufig und gerne "Heckmeck am Bratwurmeck" auf den Tisch. Und kürzlich habe ich erstmalig mit großer Begeisterung "Gambler" gespielt. Nun wartet Amigo mit einem Würfelspiel auf - mit einem, das sei gleich zu Beginn gesagt, das selten schön illustriert ist. Neben 12 Würfeln besteht das Spiel aus 60 Charakterkarten, die allesamt im Stile alter Meister gemalt sind. Man könnte tatsächlich meinen, hier sei Rembrandt persönlich am Werk gewesen. Grandios.
Ablauf
Jeder startet mit drei Würfeln. Wenn man an die Reihe kommt, würfelt man, legt mindestens einen Würfel raus, würfelt mit den restlichen (aktiven) Würfeln erneut, legt wieder mindestens einen raus usw. Ziel hierbei ist es, ein bestimmtes Ergebnis zu erreichen, das auf einer Charakterkarte angegeben ist. Erzielt man z.B. zwei gleiche Zahlen, darf man sich den Bauer nehmen und vor sich ablegen (man behält die Karte für den Rest des Spiels).
Kommt man in der nächsten Runde wieder an die Reihe, darf man die gewonnene Karte zu einem beliebigen Zeitpunkt einmalig einsetzen (sie wird dann gedreht). Mit dem Bauer z.B. darf man sich einen weiteren Würfel nehmen und hat somit bereits deren vier zur Verfügung. In der nächsten Runde versucht man wieder, ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen und damit eine weitere Charakterkarte zu ergattern (pro runde nur eine Karte). Habe ich z.B. "Summe aller Würfel größer als 20", bekomme ich den Händler. Mit dem Händler darf ich einen Wurf wiederholen.
Es gibt zwei Typen von Charakterkaten. Solche, mit denen man weitere Würfel nehmen darf. Mit dem Jäger etwa darf ich zu einem beliebigen Zeitpunkt einen Würfel ins Geschehen bringen und ihn sofort auf den Wert 3 drehen. Und solche Karten, die mein Würfelergebnis modifizieren. Mit dem Philosophen etwa darf ich bei einem aktiven Würfel Augen abziehen und bei einem anderen aktiven entsprechend hinzuzählen (ich drehe also eine gerade geworfene 5 auf den Wert 3 und eine gerade geworfene 2 auf den Wert 4). Mit der Hofdame darf ich alle aktiven Würfel um eine Zahl erhöhen.
Ziel:
Nach und nach hat jeder Spieler immer mehr Charakterkarten vor sich liegen, also immer mehr Würfel zur Verfügung, die er auf verschiedene Weise modifizieren kann. Gelingt es einem Spieler, mindestens 7 gleiche Zahlen zu erreichen, kann er sich den König nehmen und die finale Runde einläuten. In der finalen Runde können die Mitspieler noch einmal versuchen, das Ergebnis des Königs zu übertreffen. Hat der König beispielsweise sieben Fünfen vorgelegt, dann sind sieben Sechser besser, oder acht gleiche Zahlen, oder noch mehr. Der König selber kommt ganz zum Schluss an die Reihe und darf dann auch noch einmal. Das höchste Ergebnis an gleichen Zahlen gewinnt.
Wie spielt sich's?
Wir haben zwei Runden gespielt. Der Einstieg in die erste Partie war etwas zäh, bis wir erstmal wussten, was alle Karten so können. Aber schnell hat man dann raus, worauf es ankommt: man braucht vor allem viele zusätzliche Würfel! Außerdem noch eine oder zwei Modifizierungskarten - und der König kann kommen! Man lernt also schnell dazu. Der Spaßfaktor wurde in unserer zweiten Partie allerdings trotz besseren Durchblicks nicht größer, im Gegenteil, der Reiz ließ eher etwas nach (ohne dass das Spiel jedoch langweilig wurde). Was ein wenig fehlt, ist dieses direkt greifbare Glück oder Pech haben. Dieses es-klappt-oder-es-klappt-nicht. Wie bei Gambler oder Heckmeck. Einfach absahnen eben, oder voll daneben hauen. Risiko und Emotionen. Man würfelt halt, holt sich eine neue Karte dazu, würfelt in der nächsten Runde erneut, modifiziert wenn möglich geschickt, holt sich eine weitere Karte dazu, usw. Irgendwas geht immer. Wobei betont werden muss, dass zwei Mitspielerinnen in unserer Runde (eher Gelegenheitsspielerinnen) durchaus Probleme hatten, den optimalen Einsatz der Karten zu erkennen, besonders am Ende, so dass die anderen helfend eingreifen mussten.
Fazit:
Ein wunderschön illustriertes Spiel mit einer interessanten Grundidee. Wahrscheinlich ist das Würfelwurfoptimieren jedoch zu kompliziert für die breite Masse, zu trocken. Auf alle Fälle ist es kein einfach gestricktes Zockerspiel, das die Emotionen Achterbahn fahren lässt. Ob der Spielreiz auf längere Sicht trägt, müssen weitere Partien unter Beweis stellen - er ist da, aber leichte Zweifel sind vorhanden.
Um Krone und Kragen für 2 - 5 Personen ab 10 Jahren. Verlag: Amigo. Autor: Tom Lehmann. Preis: ca. 13 Euro.