Zum Spielprinzip:
Khronos ist ja schon vielfach mit Euphrat und Tigris verglichen worden und es hat auch eindeutig Elememente dieses Spiels, insbesondere das Spielen mit drei verschiedenen Plättchentypen und den Fusionsmechanismus. Nach meiner Wahrnehmung kann man Khronos aber vielleicht noch besser beschreiben als "Carcassonne auf drei Brettern gleichzeitig".
Grundsätzlich ist Khronos zunächst ein abstraktes Legespiel bei dem man Städte baut und versucht, in diesen Städten jeweils das größte Gebäude verschiedener Typen zu besetzen. Ähnlich wie bei Carcassonne kann man Mehrheiten in Städten nicht direkt angreifen sondern muss dies indirekt tun, indem man z.B. zwei Städte fusioniert. Originell ist jetzt, dass man auf drei Brettern gleichzeitig spielt, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des gleichen Terrains darstellen. Legt man z.B. ein Plättchen auf das Vergangenheits-Brett so wirkt sich dann indirekt auch auf das Gegenwarts- und Zukunftsbrett aus. Auf diese Art kann man dann durch Züge auf einem Brett Gebäude und Städte auf einem anderen Brett verändern oder zerstören. Das Ganze ist dabei noch eingefasst in einen Satz recht umfangreicher Legeregeln die genau definieren wann man welchen Gebäudetyp legen darf und was dann auf den 3 Brettern passiert.
Von der Idee her ist Khronos ein originelles Spiel. Wo sonst kann man schon durch einen Zug auf Brett 1 automatisch auch einen Zug auf den Brettern 2&3 auslösen? In der Praxis ist es aber leider ziemlich unübersichtlich geworden. Jedes einzelne Brett ist 20x16 Felder groß und kann dementsprechend eine Menge Gebäude und Städte aufnehmen. Wenn man nun ein einzelnes Gebäude legt, kann dies schon auf dem akutuellen Brett recht komplexe Auswirkungen haben. Zusätzlich muss man dann aber noch die Folgen auf bis zu 2 anderen Brettern beachten, d.h. man muss schauen, ob der Zug auf den zukünftigen Brettern überhaupt erlaubt ist und falls ja welche Auswirkungen er hat. Als Resultat hat man im fortgeschrittenen Spiel Dutzende von Gebäuden unterschiedlicher Typen, mit ebensovielen Besitzpöppeln, zusammengefasst zu vielen Städten und verteilt auf drei Bretter. Das ganze ist selbst für geübte Spieler außerordentlich unübersichtlich. Wir haben Khronos in einer Viererrunde wirklich sehr erfahrener Vielspieler gespielt und das Resultat war, dass erhebliche Grübelzeiten endstanden sind. Ein fiktiver Khronos Dialog, angelehnt an unser Testspiel:
Spieler A: "Hmmm ... ich glaub ich leg mal hier eine Burg hin"
Spieler B: "Das geht nicht, in der Stadt steht doch schon eine"
Spieler A: "Achja ..."
Spieler A: "Ok ... dann also *hier* eine Burg"
Spieler B: "Dann wird auf dem Nachbarbrett jetzt dieses Gebäude zerstört"
Spieler A: "Huch, stimmt ja, hab ich nicht gesehen. Dann lieber nicht ..."
Spieler A: "Hmmm ... oder doch besser hier ein Zivilgebäude?"
Spieler C: "Wird das noch mal was?"
Spieler D: "Ich wollte eigentlich um 23:30 im Bett sein"
Die dabei entstehende Downtime ist für mich nicht mehr akzeptabel. Unsere Runde spielt an sich sehr zügig mit nur einem notorischen Grübler aber selbst in diese Besetzung hat das Spiel schon ~2 Stunden gedauert wovon man mehr als 3/4 der Zeit wenig bis nichts zu tun hat. Mit 2 oder 3 Mitspielern die zur Zugoptimierung neigen wäre es der reine Alptraum. Zudem kam es mit den seinen vielen Elementen auf den drei Brettern bei uns als überladen und verwirrend an. Wär Khronos ein Auto würde ich sagen "Eindeutig overengineered".
Alles in allem: Ein abstraktes Lege- und Mehrheitenspiel mit einer orginellen Idee, nämlich dem Spiel auf drei "zeitlich" verknüpften Brettern. In der Praxis aber eindeutig zu konfus und zu sperrig. Von daher für mich: Keine Kaufempfehlung. Und eine zweite Runde würde ich nur mitmachen wenn wirklich alle anderenn 2-Stunden-Spiele gerade verliehen sind.
Gruß & nice dice,
Jerry