Beitragvon Günter Cornett » 1. Juli 2009, 21:01
Aragon schrieb:
>
> (Fach) Verkäufer sind in erster Linie dafür da, dass die Ware
> eingeräumt wird, ausgezeichnet und präsentiert. Weiterhin
Ach? Die heissen Fachverkäufer, weil sie die Ware ins Fach räumen? Hatte ich irgendwie anders in Erinnerung. Aber ich bin da lernfähig. :wink:
Ich unterscheide [bisher :)] zwischen [b]Spielefachgeschäft[/b] mit (zugegebenermaßen mehr oder weniger guter) fachkundiger Beratung und [b]Spielwarenladen[/b], wo das Spiel eine ganz normale Ware ist wie ein Ball oder eine Tröte.
Und das Spiel des Jahres hat keinesfalls den gleichen Stellenwert wie der Literaturnobelpreis. Da überschätzt jemand das Medium Spiel ganz gewaltig.
Woran liegt es, dass das Spiel nicht ein ähnliches Ansehen hat wie das Buch sondern eben wie ein Spielzeug?
Wohl auch daran, dass die Spielwarenverkäufer es nicht besser wissen.
Wer wäre denn dazu befähigt es ihnen zu erzählen?
Doch als erstes die Verlage:
Frank Jäger beantwortete vor anderthalb Jahren meine Frage 'Autorenspiel: Ware oder Werk?' - wohl stellvertretend für viele Verlage (und Autoren?) mit "Ware!"
http://www.spielbox.de/phorum4/read.php4?f=1&i=185983&t=185793&
Hinter dieser Haltung verbrigt sich eine gewisse (sicher nicht böswillige aber doch naive) Mißachtung der Leistung des Spieleautors - die nur zählt, wenn sein Werk den Segen eines Verlages bekommt, wenn es seine Fähigkeit als Ware unter Beweis stellt.
Welcher Buchverleger würde auf die Frage 'Buch: Ware oder Werk?' so eindeutig mit 'Ware!' antworten?
Und welcher Schriftsteller* oder auch 'nur' Autor** würde das tun? Es gibt da sicher einige, die Massenware schreiben (z.B. Groschenheftchen), aber die Mehrzahl sieht ein Buch doch wohl als Werk.
________________________________________
* Schriftsteller= Berufsbezeichnung
** Autor= Verfasser eines Textes, Inhaber der Urheberrechte
Die SAZ hat sich in den letzten Jahren ziemlich diskussionslos dieser Verlagshaltung angeschlossen. Spieleautor ist man laut neuer SAZ-Satzung nicht mit abgeschlossener Entwicklung des Spiels sondern nur durch den Segen eines Verlages, der das Potential des Spiels als Ware erkennt und es veröffentlicht.
Autoren, die noch keine dauerhafte Verlagsveröffentlichung aufweisen können, wurde - urheberechtswidrig - der Status 'Spieleautor' entzogen und damit auch das Stimmrecht. Das betrifft m.W. knapp die Hälfte der Mitglieder.
Siehe hierzu auch etwas ausführlicher:
http://www.reich-der-spiele.com/specials/Kein-Lobbyismus-in-der-Spielebranche#comment-59
Die SAZ stellt sich damit nicht nur gegen das Urheberrecht von Spielen sondern betont den Warencharakter eines Spiels als notwendige Eigenschaft und entwertet damit den Werkscharakter.
Warum sollten Spielwarenverkäufer das anders sehen, zumal diese oftmals zu geringen Löhnen arbeiten:
> Gerade im Spielwarenbereich werden nicht gerade Top Löhne
> gezahlt, einige gehen unter 1000 Euro Netto heim (je nach
> Region und Laden).
> Wenn vom Laden oder vom Lieferanten nicht die Info ans
> Personal kommen, kann wohl keiner Erwarten, dass sich das
> Personal in seiner Freizeit dies aneignet, wenn dies nicht
> Zufällig gerade ins Interessensgebiet fällt.
Finde ich sehr wichtig. Verlage sind gefordert, das Spiel nicht nur als Ware sondern als kulturelles Werk produzieren anzubieten. Und Autoren können dies von Verlagen einfordern.
Nun denn, viele Verlage geben sich da auch viel Mühe, aber die Diskussion, was ein Spiel ausmacht, über Ware, Werk, Autorenschaft, steht eben auch in direktem Zusammenhang mit dem Ansehen, dass das 'Kulturgut Spiel genießt.
Man vergleiche z.B. die Umsetzung eines Themas bei Schmidt mit der bei Queen. Und Hans im Glück steht bei der Jury nicht zuletzt deshalb so hoch im Kurs, weil dieser Verlag den inneren Werten eines Spiel so viel Aufmerksamkeit schenkt wie kaum ein anderer.
> Im umgekehrten Fall ist ja auch Kunde bereit mehr für ein
> Spiel zu bezahlen, nur weil das Personal Top Informiert ist.
Und hier zeigt sich auch, dass von guter Beratung nicht nur die profitieren, die sich beraten lassen, sondern alle, denen das 'Kulturgut Spiel' am Herzen oder auch nur am Portemonnaie liegt.
Gruß, Günter