Beitragvon Ingo Althöfer » 26. Dezember 2009, 13:15
Hallo Martin,
> nur weil ein Spiel ein interessantes mathematisches Problem
> zum Thema hat, ist es noch lange kein gutes Spiel in dem
> Sinne, dass es Spass macht, es zu spielen.
Richtig.
Was meinst Du, wieviele (Hobby-)Mathematiker schon
versucht haben, in meinem Kleinverlag kopflastige
Mathe-Spiele unterzubringen.
> Alle Spiele aus der Edition Perlhuhn von Dir oder Reinhold
> Wittig, die ich bisher ausprobiert habe, liessen mich mit
> dem Gefühl zurück, zwar etwas gespielt zu haben, aber trotzdem
> keine Chance gehabt zu haben, eine Strategie zu entwickeln.
Wir kommen zwar vom eigentlichen Thema des Threads ab.
Trotzdem will ich antworten, was einige meiner Spiele in
der Edition Perlhuhn angeht.
Eine Vorabbemerkung: Ich sehe es als Schwäche eines Spieles an,
wenn ein normaler Spieler gleich bei oder nach der ersten Partie
eine richtig gute Strategie erkennt. So ist es völlig normal,
wenn man z.B. bei "EinStein würfelt nicht" erst nach etwa zwanzig
Partien begreift, was wohl gut ist. (Da Ewn bei normaler Spiel-
geschwindigkeit zwischen 3 und 5 Minuten pro Partie dauert,
kosten solche 20 Partien nicht mehr als eine Stunde Spielzeit.)
*** Zu "EinStein würfelt nicht" drei Tipps im Galileo-Format:
(1) Es ist nicht nur erlaubt, sondern oft auch gut,
einige eigene Steine zu schlagen.
(2) Die Steine mit den Randnummern (1 und 6, etwas weniger
ausgeprägt auch 2 und 5) sind besser als die Zentralnummern
3 und 4. (Wer z.B. nur noch Drei und Vier hat, muss bei gewürfelter
1, 2, 3 die Drei setzen und bei gewürfelter 4, 5, 6 die Vier.
Wer dagegen nur noch Eins und Sechs hat, darf bei 2, 3, 4, 5
jeden der beiden Steine ziehen.)
(3) EinStein-Wüstenfelder, im Diagramm
http://www.3-hirn-verlag.de/EinStein-Wueste.jpg
mit "W" markiert, sollte man nur betreten, wenn
man sehr gute Gründe dafür hat. Außen herum ist
meist einfach zu langsam.
Wer diese drei Tipps beherzigt, dürfte gegen einen "normalen"
Anfänger sehr gute Chancen haben. Zum Experten ist es aber
auch dann noch ein weiter Weg...
*** Zu "Jenaer Turm"
Das Spiel ist schlecht, jaowhl. Leider hat Reinhold Wittig es
mir Anfang 2005 zu früh aus den Fingern gerissen. Seit 2007
gibt es bei mir direkt das deutlich bessere "Jenaer Türme"
(für 2 bis 4 Personen), wobei jeder Spieler vier Bauplätze
und 13 Würfel zur Verfügung hat und wahlweise auf eigene
und fremde Bauplätze setzen darf.
*** Rapa Nui
(gemeinsam mit Reinhold Wittig, auch erschienen im Giseh-Verlag)
ist vom Spielmechanismus her nicht ganz verschieden von Isola,
Amazons und Terra Nova. Der Hauptunterschied zu den drei genannten
Spielen besteht darin, dass der Verwitterungs-Mechanismus eine
Zufallskomponente in das Spiel bringt. Bei Rapa Nui hat trotz
des Zufalls jeder gute Chancen, der z.B. mit Isola oder Amazons
gut klar kommt.
*** Omba ist in meinen Augen ein schönes Kneipenspiel,
ohne grossen Tiefgang.
Spielen sollte man es aber nur zu Viert in zwei Zweierteams.
(Reinhold Wittig und Hilko Drude sehen das ein bisschen
anders, das ist ihr gutes Recht.) Ich nehme Omba gerne als
Absacker, vor allem, wenn mindestens einer der Mitspieler
schon etwas alkoholisiert ist. Es amüsiert dann köstlich,
wenn der- oder diejenige wiederholt auszuzählen versucht,
ob die gerade gewürfelte 5 gesetzt werden kann oder nicht.
Inzwischen hat Reinhold Wittig übrigens eine spezielle
Zwei-Spieler-Version von Omba kreiert, namens "Om".
Und ich sitze an einem Solitär-Gegenstück namens O;
das ist aber noch nicht ganz fertig...
> Ich denke, die Faszination für die genannten Spiele mit
> simplen Regeln ist eher Mathematikern vorbehalten;
Du kannst mir nicht erzählen, dass MauMau, Schnick-Schnack-Schnuck
und Schiffe versenken nur Mathematiker anziehen. Fast jedes
(Schul-)Kind spielt mindestens eines der Spiele eine Zeitlang
mit Begeisterung.
> ... geht in die Richtung,
> dass ein Spiel komplexer sein muss als Mau-Mau, um den
> Spielern eine echte geistige Herausforderung zu bieten.
Entschuldigung, aber MauMau ist komplex. Man kann es
natürlich ohne viel Nachdenken spielen - und auch dann
macht es Spass - aber wer dabei nachdenkt, kann auch
Freude daran haben (und erfolgreich spielen).
Ingo.
PS: Eines meiner Probleme ist, dass manche Spieler denken,
ein Mathe-Prof könne nur komplizierte oder "mathematisch
angehauchte" Spiele machen. Das stimmt aber nicht, zumindest
was mich betrifft.
Ein zweites Mißverständnis ist, dass manche Spieler denken,
man müsse in einem von einem Mathe-Prof. erfundenen Spiel
über jeden Zug schrecklich lang grübeln. Ganz falsch. Nach
den Regeln darf man das zwar, den Spielspass erhöht es aber
eher nicht.